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Potenzielle Gewinner und Verlierer von Bidens geplanter Klimaschutzpolitik

28.08.2020 5 Min.
  • Katie Deal, Washington Analyst US Equity Division

Regulierung würde sich auf den Energiesektor und die Automobilindustrie auswirken

Joe Biden ist zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gekürt worden. Er verfolgt eine ehrgeizige Klimaagenda, auf der zwei Versprechen ganz oben stehen: Bis 2035 sollen die von der US-Stromindustrie verursachten CO2-Emissionen auf null reduziert sein und bis 2050 soll das Land Klimaneutralität erreichen.

Mit Investitionen von 2 Bio. USD aus Bundesmitteln verfolgt Biden drei Ziele: Er will Arbeitsplätze schaffen, kritische Infrastruktur modernisieren und das Wachstum grüner Technologien fördern – um die USA an der Spitze der Energiewende zu positionieren.

Da es aber selbst mit einer Mehrheit im Kongress schwierig werden dürfte, bahnbrechende Gesetze durchzuboxen, würde Bidens idealistisches Wahlprogramm wohl zu einem eher konsensfähigen Gesetzentwurf abgespeckt werden. Dennoch ist davon auszugehen, dass zwei Themen, die als Ankerpunkte für Bidens Klimapläne dienen, auch die Grundlage für seine Agenda als Präsident bilden werden: eine schärfere Regulierung des Bereichs der fossilen Brennstoffe sowie stärkere Anreize, um die Entwicklung kraftstoffeffizienter, umweltfreundlicher Technologien im eigenen Land zu fördern.

Regulierung vs. Gesetzgebung: Fokus auf dem Weg des geringsten Widerstands

Sollte Biden die Wahl gewinnen, würden in den ersten paar Monaten seiner Amtszeit wohl zwei Dinge Priorität haben: die Milderung der kurzfristigen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie und Hilfen für die Wirtschaft, um die Erholung zu unterstützen. Für Biden ist die Umwelt- und Klimapolitik Teil seiner weiter reichenden wirtschaftspolitischen Vorhaben. So regt er an, dass Investitionen des Bundes in eine grüne Infrastruktur ein Grundelement eines Gesetzes über den Wiederaufbau der Wirtschaft sein. Ob diese Punkte wirklich Berücksichtigung finden, wird aber sowohl von den Prioritäten der Regierung, die sich von jetzt bis Januar 2021 verschieben könnten, als auch davon abhängen, ob Biden geplante Gesetze durch den Senat bringen kann.

Einige Punkte in Bidens Programm setzen voraus, dass der Kongress gewisse Steuer- und Ausgabenregelungen verabschiedet und umsetzt. Inwieweit eine Regierung Biden die eigene politische Agenda realisieren kann, wird deshalb davon abhängen, wie viele Sitze im US-Senat die Demokraten nach der Wahl haben werden. Erringen die Demokraten die Senatsmehrheit, könnte Biden mit dem Verfahren der „Budget Reconciliation“ Investitionsprogramme für saubere Energien und grüne Infrastruktur verabschieden. Ohne eine solche Mehrheit würde die Regierung ihre Gesetzgebungsvorhaben „entschärfen“ müssen.

Mit Investitionen von 2 Bio. USD aus Bundesmitteln verfolgt Biden drei Ziele: Er will Arbeitsplätze schaffen, kritische Infrastruktur modernisieren und das Wachstum grüner Technologien fördern …

Regulierung wäre für Biden der Weg des geringsten Widerstands, um den Umweltschutz zu fördern. Dies würde Gelegenheit bieten, Positionen der Regierung Obama in Sachen fossile Brennstoffe wiederzubeleben und zu stärken.

Gewinner und Verlierer der Energiewende

Die Details von Bidens Regulierungsvorschlägen stehen zwar noch nicht endgültig fest, jedoch würden wir davon ausgehen, dass der Bund unter seiner Präsidentschaft die Zügel für die Öl- und Gaskonzerne des Landes anziehen wird. Biden hat versprochen, die Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren, unter anderem Methan, das durch die Öl- und Gasförderung in die Atmosphäre freigesetzt wird. Wir würden außerdem davon ausgehen, dass die regulatorischen Anforderungen für Förderlizenzen verschärft werden. Dies würde die Compliance-Kosten für Öl- und Gasbohranlagen, Pipelines und sonstige Infrastruktur für fossile Brennstoffe erhöhen.

Für Biden ist die Elektrofahrzeug-Industrie ein entscheidendes Element, um sowohl Klimaneutralität zu erreichen als auch der amerikanischen Industrie zu einer Renaissance zu verhelfen.

Biden ist zwar nicht für ein landesweites Fracking-Verbot, allerdings hat er sich im Wahlkampf bislang für ein Moratorium bei neuen Pachtverträgen für die Öl- und Gasförderung auf Grund und Boden des Bundes ausgesprochen. Neue Förderlizenzen für diese Gebiete sollen demnach einstweilen nicht erteilt und die Lizenzgebühren für Bohrfelder neu strukturiert werden.

Biden hat auch vorgeschlagen, auf Bundesebene Steuervergünstigungen zu gewähren und die Regulierung so zu optimieren, dass Anreize für die stärkere Produktion und Nutzung erneuerbarer Energien geboten werden – wie hohe Investitionen des Bundes zur Modernisierung der Netze. Diese und andere Maßnahmen könnten auf lange Sicht weitere positive Impulse für die Stromversorger sein.

Automobilindustrie: Elektrofahrzeuge bevorzugt

Für Biden ist die Elektrofahrzeug-Industrie ein entscheidendes Element, um sowohl Klimaneutralität zu erreichen als auch der amerikanischen Industrie zu einer Renaissance zu verhelfen. Neben steuerlichen Anreizen, mit denen die Produktion von Elektrofahrzeugen in den USA und deren Akzeptanz bei Kunden gefördert werden sollen, hat Biden Bundesmittel für den Bau von 500.000 Ladestationen, strengere Vorgaben für Kraftstoffeinsparungen bei Pkw und die vollständige Modernisierung der Fahrzeugflotte des Bundes zugesagt.

Eine Regierung Biden müsste zwar wohl ihr politisches Programm überarbeiten, um den veränderten legislativen Prioritäten und bürokratischen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Wir erwarten aber, dass der Präsidentschaftskandidat der Demokraten alle Register ziehen wird, um die Agenda seiner Partei im Bereich des Klimaschutzes und der grünen Infrastruktur voranzutreiben.

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