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payoff Learning Curve

Rappenspalter auf dem Trading-Floor

15.08.2018 7 Min.
  • Dieter Haas

Die Schweiz ist nach wie vor globale Hochburg für Wertschriftenvermögen. Luftige Niveaus herrschen allerdings auch bei den Handels- und Depotkosten für Privatanleger. Frappante Preisunterschiede und ein verwirrender Gebührendschungel sind die Realität, wie eine aktuelle Untersuchung von payoff zeigt.

Längst vorbei sind die Zeiten als Kurse für Wertschriften im Wochenrhythmus von Börsenmaklern in holzgetäfelten Räumen aufgerufen wurden. Heute dominiert Highspeed-Trading über Glasfaserkabel. Parallel haben sich die institutionellen Transaktionskosten drastisch verkleinert. Wer an der New Yorker Börse NYSE Aktien im Gegenwert von USD 10’000 verkauft, bezahlt inzwischen nur noch USD 0.00275 Gebühr – als ehrenwertes Börsenmitglied versteht sich. Auf der Kundenabrechnung mancher Bank erscheinen im schlimmsten Fall jedoch auch im Jahr 2018 immer noch umgerechnet 285 Franken für eine solche Auslandsorder. Privatanleger, die gerne und häufig handeln, laufen immer noch Gefahr im dreisten Gebührendschungel um stattliche Beträge erleichtert zu werden.

Gewinnmaschine namens Trading-Fee
Im Durchschnitt fallen für die oben erwähnte Transaktion an der NYSE heute rund CHF 40 bei in der Schweiz aktiven Banken bzw. Brokern – also das 40-fache pro Transaktion der eigenen Kosten – als Gebühren an. Grössere Margen lassen sich nur im Devisenhandel oder bei Exotic Options verdienen. Trading-Fees sind daher nach wie vor ein emsig kultiviertes Profit Center vieler Banken. Wer mit Hilfe von Aktien, ETFs und Strukturierten Produkten seine Vorsorge und sein Vermögen langfristig mehr oder weniger aktiv managt, kann über die Jahre hinweg zehntausend Franken und mehr durch smartes Orderrouting einsparen. So sind auch die Preisunterscheide für den Kauf oder Verkauf von inländischen Titeln wie Nestlé oder Roche immer noch gross. Die attraktivsten Angebote haben bei ausländischen wie auch inländischen Börsenplätzen Degiro (CHF 9), Interactive Brokers (CHF 10), Strateo (CHF 25), TradeDirect (CHF 29.90) und Swissquote (CHF 30). Der niederländische Broker Degiro ist für volumenstarke Heavy Trader quasi ein Must-Have. Wer mehr professionelle Trading-Software schätzt, ist bei Interactive Brokers gut aufgehoben. Beide Broker sind insbesondere im Aktien und Derivathandel mit Futures & Options unschlagbar günstig. Swissquote kann bei den Futures & Options gut mithalten, beim Aktienhandel wird die Luft aber vergleichsweise dünn: Eine 15’000-Franken-Order in Schweizer Aktien kostet beim Billigheimer Degiro schlappe CHF 11, bei Swissquote CHF 50 – und UBS rechnet dem Trader stolze CHF 135 ab.

Heisse Zusatzvariable: Aktionen und Depotgebühren
Bei den zunehmend beliebten Exchange Traded Funds (ETFs) empfiehlt sich auf besondere Trading-Aktionen zu achten oder Flat-Fees, also dauerhaft günstige Pauschalgebühren, zu nutzen. Bei TradeDirect sind ETFs der Commerzbank bereits für CHF 9.90 pro Order zu haben. Durchs gesamte Anbieterband hinweg sollte man die Finger von telefonischer Orderaufgabe lassen, die Kosten sind schlicht exorbitant hoch. Wichtiges Element neben den reinen Transaktionsgebühren sind die laufenden Konto- und Depotkosten. Dort bietet PostFinance beispielsweise für eine formale Jahresgebühr von CHF 90 im Gegenzug sogenannte «Trading Credits» im Wert von CHF 90 an. Defacto ist das Depot damit gratis und die Transaktionsgebühren sind einzig und allein relevant. Der günstigste Trade kostet bei PostFinance CHF 15, wer für CHF 10’000 handelt bezahlt CHF 35 an Schweizer Börsen und CHF 40 im Ausland. Privatanleger sind gut beraten die Fixkosten bei Konto und Depot genau zu vergleichen. Wie oben erwähnt, ist Interactive Brokers sehr günstig in punkto Trading Fees, berechnet aber eine Kontogebühr von USD 10 im Monat falls kein Trade stattfindet und lässt sich vom Benutzer verwendete Marktdaten noch zusätzlich bezahlen.

«Privatanleger, die gerne und häufig handeln, laufen Gefahr im dreisten Gebührendschungel um stattliche Beträge erleichtert zu werden.»

Im Mittelfeld der Gebührenlandschaft bewegen sich u.a. Bank2Plus/Cash (CHF 29 Flatrate), BaslerKB Easytrade (CHF 30 Flatrate) und die Migros Bank: Deren Flatrate in Höhe von CHF 40 pro Trade (auch an europäischen und US-Börsen gültig) rechnet sich primär für volumenstarke Orders von CHF 20’000 und mehr. Die Kehrseite sind jährliche Gebühren von beispielsweise CHF 460 für ein Depotvolumen von CHF 200’000. Zweischneidig ist das Pauschal-Tarif Angebot der Bank Cler (ex Bank Coop): Dort sind 12 Trades pro Jahr schönerweise kostenfrei, die Mindestgebühr für das Depot beträgt jedoch CHF 300 jährlich oder 0.60% vom Depotwert. Für ein illustratives Depotvolumen von CHF 200’000 wären somit 12 Trades pro Jahr kostenfrei, aber CHF 1’200 Depotgebühr (200k x 0.60%) fällig. Das übersetzt sich in eine Trading-Fee von CHF 100 pro Order – was überdurchschnittlich hoch ist.

Das Prestige der Grossbanken
Antiquiert aus Zeiten wo noch eine «Schweizerische Kreditanstalt» geschäftete, muten die Gebühren für ein Depotkonto bei der Credit Suisse an: Pro Valor werden jährlich CHF 50 fällig, bei 12 unterschiedlichen Wertpapieren sind das rasch CHF 600 nur für die Kontoführung. Für eine Börsenorder im Inland (Paket «Invest Compact») von z.B. CHF 10’000 werden CHF 54 Trading-Fees fällig. Bei zehn Transaktionen pro Jahr und 12 verschiedenen Aktien beträgt der totale Gebührensaldo CHF 1’040 jährlich. Auch Wertschriftenkunde der UBS zu sein, ist mit viel Prestige verbunden. Regelmässige Trader würden bei UBS für CHF 10’000 inländische Aktien CHF 90 Trading-Fees für den Kauf und wiederum CHF 90 fürs Closing bezahlen. Das sind CHF 900 Franken Trading-Fees bei einem illustrativen 10-Trades-pro-Jahr-Privatkunden. Ein gewichtiges Trostpflaster: Es gibt bei UBS keine Mindest-Depotgebühr.

Alternativ den Börsenplatz wechseln
Ein alternativer Weg in Sachen smartes Orderrouting ist den Börsenplatz so günstig wie möglich zu wählen und insbesondere dort zu einem engen Spread zu handeln. Erste Adresse ist hier die BX Swiss, ehemals als Berner Börse firmierend. Die BX Swiss bietet internationale Aktien mit sehr guter Preisstellung (dank dem Makler Lang & Schwarz) zum Inlandstarif des Brokers bzw. der Bank an. Abgerechnet wird in Schweizer Franken. Ähnlich macht es Swissquote beim Handel von Strukturierten Produkten: Die hausinterne OTC-Platform SwissDOTS ermöglicht es Kunden für CHF 9 von ausgewählten Emittenten (Goldman Sachs, UBS, Commerzbank, Deutsche Bank und Vontobel) entsprechende Hebelprodukte zu traden. Ohne weitere Gebühren und Kommissionen.

«Bei ETFs empfiehlt sich auf besondere Trading-Aktionen zu achten oder Flat-Fees zu nutzen.»

Neue Angreifer ante portas?
Ohne einen Rappen zu berechnen plant unterdessen der FinTech-Player Revolut bis Anfang nächsten Jahres auch in der Schweiz den Wertschriftenhandel in Aktien und ETFs anzubieten. Das verkündete Nikolay Storonsky, Revolut Mitgründer und CEO, unlängst im CNBC-Interview. Man wolle über das reine Kreditkartenangebot hinaus expandieren. Wie das Angebot konkret aussieht, wird sich zeigen. Als «No-Fee-Trader» hat sich der Broker Robinhood in den USA bereits in der Finanzgemeinde einen Namen gemacht. Doch gilt das kostenlose Angebot nur für Trades, die über das Smartphone platziert werden und nur für US-kotierte Wertpapiere. Die Applikation ist im Test erschreckend nüchtern, doch können Puristen ihr US-Portfolio unschlagbar günstig bewirtschaften. Bisher finanziert Robinhood den «No-Fee-Spass» über Venture-Capital. Mittelfristig wird sich der Anbieter Wege und Services überlegen, um echte Erträge zu generieren. Denn lukrativ ist Brokerage entweder als tiefpreisiges Massengeschäft oder wenn opulente Gebührensätze den verbleibenden Wertschriftenkunden aufgebrummt werden können. Einmal mehr gilt: Vergleichen lohnt sich!

 Die Übersichtstabelle des Depot/Brokerage Kostenvergleiches 2018 finden Sie hier auf S. 20

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