Zurück
payoff Focus

Smart Indexing: Neue Erfolgsrezepte für Anleger

28.09.2015 11 Min.

Dank grosser Innovationskraft der Anbieterseite können Anleger heute aus einer grossen Vielfalt bei ETFs und Tracker-Zertifikaten wählen. À la carte statt Einheitsbrei verhilft den passiven Anlageprodukten zu ungebrochener Popularität

Es gab Zeiten, da war das Einkaufen von Dingen des täglichen Bedarfs ziemlich einfach: Im «Tante Emma Laden» gab es ein überschaubares Standardrepertorie, bodenständige Nüchternheit bestimmte das Bild. Gleichsam war die Kulinarik eher puristisch – heimische Speisen und Trank dominierten. Heute verliert sich der Konsument im bunten Dickicht der Supermarktregale, auch in der Gastronomie sind der Fantasie längst keine Grenzen mehr gesetzt. Ähnlich rapide hat sich das Angebot für börsenkotierte Indexfonds, besser als ETFs bekannt, und Tracker-Zertifikate rapide verbreitert. Doch ist die Vielfalt bei den passiven Anlageprodukten auch eine Reaktion auf die enorm starken Mittelzuflüsse.

Grosses Buffet

Allein im Juli 2015 flossen weltweit USD 36.6 Mrd. in ETPs, so viel wie seit fünf Monaten nicht mehr. In Summe sind in Europa derzeit 2‘135 ETFs/ETPs kotiert, in die ein Vermögen von rund CHF 505 Mrd. investiert sind. Am europäischen Markt buhlen inzwischen 50 ETF-Anbieter um die Gunst der Investoren. In der Schweiz sind inzwischen mehr als 1‘200 ETFs an der SIX Swiss Exchange zum Handel zugelassen. In punkto Anbieterlandschaft in Europa ist zwar BlackRock mit seiner ETF-Marke iShares nach wie vor der Primus bei den verwalteten Vermögen/AuM mit rund CHF 210 Mrd., doch bis dato kann die UBS im ETF-Segment das grösste Wachstum (+39%) bei den Mittelzuflüssen verbuchen. Folgt man gemessen an den AuMs, kommen nach BlackRock/iShares die Deutsche Bank (CHF 56 Mrd. AuM) und Lyxor (CHF 49 Mrd.). Platz vier belegt die UBS. Amundi rangiert mit rund CHF 19 Mrd. auf dem fünften Platz in der europäischen ETF-Liga. Das grösste Wachstum verzeichnete der Newcomer WisdomTree Europe. Der Ableger des US-Schwergewichts WisdomTree wird im Jahr 2015 mit geschätzten 1‘600% die Tabelle in Sachen AuM-Zugewinn anführen. Dreistellig (+370%) ist auch die WisdomTree-Schwestergesellschaft BOOST gewachsen. Mit leichten Mittelabflüssen kämpfen auf Jahressicht (2014 vs. 2015) die Zürcher Kantonalbank (-2%), ETF Securities (-4%). und Julius Bär bzw. die Fondsnachfolgerin GAM (-7%).

Gleichgewichtung im Trend

Mit Blick auf die offerierten Index-Strategien gleichen sich in jüngster Zeit auch ETFs und Tracker-Zertifikate auffällig an. So hat vor wenigen Wochen die UBS erstmals einen gleichgewichteten SMI-Basket (Valor 28650006) lanciert. Von der UBS wurde der Solactive Swiss Equal-Weight Index in Auftrag gegeben, mit dessen Hilfe Anleger gleichgewichtet und somit diversifizierter in die 20 grössten Blue Chips der Schweiz investieren können. Sie sind damit weniger stark von einzelnen Aktien abhängig. Gleichzeitig umgeht der neue Index den so genannten «Buy High, Sell Low»-Effekt. Bei einer klassischen Gewichtung nach der Marktkapitalisierung erhöht sich der Anteil einer Aktie, sobald diese steigt – gleiches gilt umgekehrt. Die Folge: Käufer eines solchen Börsengradmessers setzen auf die Sieger der Vergangenheit. Gleichzeitig sind sie in Titeln, die möglicherweise gerade mit einem Abschlag zu ihrem fairen Wert handeln, untergewichtet. Diesen Ansatz fahren bereits seit einiger Zeit viele ETFs, die breite Indizes wie den S&P500 in der Equal Weight Version anbieten. Aber einen gleichgewichteten SMI ETF gibt es bis dato nicht.

image

Anleger als Jury

Mangelware sind bisher auch Zufriedenheitsumfragen bei Schweizer ETF-Nutzern. Das gilt es zu ändern. Entsprechend haben wir das Publikum über die dargebotene Qualität und Zufriedenheit mit den «Produktköchen» befragt. Wie gut oder schlecht werden das Produktangebot und die ETF-Anbieter eigentlich eingeschätzt? Wo sind die Stärken, wo die Schwächen? Die von Derivative Partners initiierte «ETP & Index Investor Satisfaction Survery» erhob erstmals die Beweggründe und Anbieterzufriedenheit. Die Umfrageresultate von 272 Investorenstimmen geben Aufschluss über die aktuelle Stimmung, Nutzungsgrad und jeweilige Bewertung der ETF-Emittenten sowie die der Indexprovider. Die Mehrheit der Rückmeldungen kam von Privatanlegern (59%), gefolgt von Investment Advisors und Bankberatern (33%). Auch einige Fondsmanager gaben ihre Einschätzung (3%) ab. Die übrigen Umfrageteilnehmer waren im institutionellen Umfeld von Pensionskassen und Vorsorgeeinrichtungen zu finden. Diese Gruppe verwaltet ein Vermögen von mehr als CHF 1 Mrd. Die Umfrageteilnehmerschaft der Privatanleger hat mehrheitlich (54%) bis zu eine Million Schweizer Franken unter Verwaltung. Ein sehr ausgewogenes Bild zeichnet sich bei der bisherigen Nutzungsdauer von ETFs: 27% «kochen» seit ein bis drei Jahren mit den flexiblen Alleskönnern ihre Anlagesuppe, rund 20% zwischen drei und fünf Jahren. Knapp die Mehrheit (53%) investiert und analysiert ETFs und ETPs bereits mehr als fünf Jahre bzw. mehr als zehn Jahre. Das ist ein bemerkenswerter Wissenstand innerhalb der Schweizer Financial Community, der sicherlich in nicht jedem europäischen Land als Standard zählt.

Aktien-ETFs treffen den Geschmack

Klare Aussagen kamen von den befragten Investoren in punkto «ETF-Nutzung je Anlageklasse». So wird in 85,6% der Fälle für die Abbildung der Anlageklasse Aktien beherzt zu ETFs gegriffen. Damit führt diese Anlageklasse mit deutlichem Abstand und bestätigt die Fokussierung der bisherigen verwalteten Vermögen in europäisch-domizilierten ETFs auf Aktien. Für die Abbildung von Rohstoff-Themen nutzen die Umfrageteilnehmer in 40% der Fälle ETPs, konkret Exchange Traded Commodities (ETCs). Die Rohstoffpreis-Entwicklung hat allerdings in den letzten Monaten nicht unbedingt für Nachfrageschübe gesorgt. Einzig bei Energierohstoffen ist die Preisphantasie wieder zurückgekehrt – oder schlicht der Appetit von Contrarians, die den Ölpreis schon bald wieder auf einer Klettertour sehen. Für Investments in Obligationen nutzen gemäss Rückmeldung der befragten Anleger rund 30% entsprechende ETF-Angebote. Geldmarkt-ETFs und reine Währungs-ETFs verkommen jeweils mit kleinen prozentualen Nutzungssummen zu Nischenprodukten (siehe Grafik). Ebenso bis dato eine reine Nische sind Multi-Asset-ETFs. Möglicherweise wird sich hier langsam etwas ändern.

image

Weiterhin grosser Appetit

Eine gute Indikation für die künftigen Wachstumszahlen im Schweizer Markt lässt sich von den Aussagen zur geplanten Nutzungsintensivität ableiten. Entgegen den omnipräsenten Beteuerungen der Sell-Side, das Wachstum ginge auch in Zukunft so rasant wie bis anhin weiter, plant nur ein Drittel (33%) der Anlegerschaft tatsächlich die Verwendung von ETFs zu verstärken. Die breite Mehrheit (61%) wird in den nächsten zwölf Monaten eine gleichbleibende Nutzung anstreben. 5% der Investoren werden angabegemäss vom einen oder anderen ETF die Finger lassen und nur noch eine reduzierte Nutzung in Betracht ziehen. Erstaunliche Rückmeldungen kamen auch beim Thema Smart Beta zutage. Was in den Ohren und Augen von ETF-Marktkennern und Szenebeobachtern inzwischen einer nervigen Dauerwerbesendung gleicht, lässt 57% der Anleger bisher völlig kalt. Die Mehrheit gibt an, noch keine Recherche hierzu betrieben zu haben. Rund ein Drittel hat schon etwas zum Thema gestöbert, nur 12% der Schweizer Anleger haben sich bis heute vertieft und akribisch mit Smart Beta und alternativem Indexing beschäftigt. Weiter interessant waren die Rückmeldungen zu den Eigenschaften, welche Anleger mit ETFs verbinden. Dominierende 80% votierten in Verbindung mit ETFs für das Attribut «günstiger», 56% finden, ETFs sind einfacher zu handeln und nicht ganz die Hälfte der Investoren (46%) sieht ETFs als transparenter im Vergleich zu anderen Finanzprodukten. Rund 33% sind der Ansicht, dass ETFs sogar liquider als andere Finanzprodukte sind. Knapp ein Fünftel aller befragten Investoren sind davon überzeugt, ETFs besser als andere Finanzprodukte zu verstehen.

 

Marke und Agio relevanter als Tracking Error

Mit Blick auf die Dinge, die Anleger primär beim ETF-Kauf berücksichtigen, sind immer noch der Markenname des Emittenten bzw. Indexsponsors das entscheidende Kriterium. Wichtig findet die Anlegerschaft auch noch das Thema Agio/Disagio beim Pricing von ETFs, sprich die Berücksichtigung von ETF-Preis basierend auf dem Nettoanlagevermögen (NAV) gegenüber dem Handelspreis. Eher durchschnittlich wichtig sind Presseberichte zum börsenkotierten Indexfonds, der Tracking-Error (durchschnittliche Abweichung der Wertentwicklung des ETF zum Benchmark-Portfolio/Referenzindex). Unerwartete Gewinne oder Verluste vom Tracking-Error ausgehend scheinen damit in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Am wenigsten einen Kopf machen sich Schweizer Anleger über das AuM des jeweiligen ETFs.

Indexprovider im Menütest

Ein Teil der Befragung und Qualitätseinschätzung war auch auf die Indexanbieter bezogen. Hier wurden sechs Qualitätskriterien abgefragt, innerhalb dieser jeweils eine Einteilung in «sehr stark» (6 Punkte) bis «sehr schlecht» (1 Punkt) von den Umfrageteilnehmern vorgenommen wurde. Die Qualitätskriterien umfassten Innovationskraft, Servicezufriedenheit, Know-how der Mitarbeiter, Produktqualität, Attraktivität der Gebührenstruktur und Investor Education. Entsprechend beträgt der theoretische Bestwert 36 Punkte (6 Punkte maximal x 6 Qualitätskriterien). Den ersten Platz erreichte der Indexprovider STOXX. Die Produktqualität ist gemäss Rückmeldung der Teilnehmer gut bis sehr gut und überstrahlt die Mitbewerber. Diese sind dicht auf den Fersen: MSCI und RAFI (Research Affiliates) lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Dank Know-how der Mitarbeiter und Servicezufriedenheit konnte MSCI hauchdünn den zweiten Platz erklimmen – auch ist die ETP-Nutzerschaft von der Innovationskraft bei MSCI überzeugt. Das Mittelfeld beinhaltet alte Bekannte.Den Aufstieg in die Liga der internationalen Indexhäuser scheint Solactive auch aus Schweizer Sicht geschafft zu haben. Inzwischen kennt man vermehrt die Indizes der Frankfurter. Dort führten die befragten Investoren die attraktive Gebührenstruktur als deutlichen Pluspunkt an. In punkto Servicequalität können die Deutschen nach Ansicht der Umfrageteilnehmer mit Titan STOXX mithalten.

Bewertung der ETF-Köche vielsagend

Zentrales Element der «ETP Investor Satisfaction Survey» ist das Ranking von an der SIX Swiss Exchange tätigen ETF-Anbietern. Konkret wurden auch hier wieder die sechs Qualitätskriterien abgefragt, innerhalb dieser jeweils eine Einteilung in «sehr stark» (6 Punkte) bis «sehr schlecht» (1 Punkt) von den Umfrageteilnehmern vorgenommen wurde. Den ersten Platz im Bereich ETF-Emittenten erreichte bei der «ETP Investor Satisfaction Survey» das Branchenschwergewicht BlackRock/iShares mit 27.7 Punkten. Die Käuferschaft votierte insbesondere beim Kriterium Produktqualität auffallend stark für BlackRock. Die Mühen des stark gewachsenen Teams um Christian Gast (Head iShares Schweiz) und seinen Stellvertreter Sven Württemberger haben sich ganz offenbar ausgezahlt. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Bei der Produktqualität führt zwar BlackRock/iShares ebenfalls, doch SPDR/State Street Global Advisors (4.9) folgt dem Platzhirsch dicht auf den Fersen. Ebenso die UBS (4.8), welche in Sachen Know-how der Mitarbeiter gar die Tabelle mit einem Wert von 4.8 klar anführt. Das Team von Raimund Müller (Head UBS ETFs Switzerland) wird bei den Käufern als die Indexing-Kenner der Schweiz anerkannt. In der Gesamtwertung der «ETP Investor Satisfaction Survey» erreicht die UBS den zweiten Platz. Den dritten Platz gewinnt ETF Securities (25.6). Insbesondere Innovationskraft und die hohe Servicezufriedenheit stechen hier positiv ins Auge. Der Schweizer Markt von ETF Securities wurde sehr engagiert von der Britin Rima Haddad aufgebaut. Inzwischen führen Bernhard Wenger und André Voinea das Geschäft hierzulande weiter in breitere Bahnen. Auf Platz vier kommt Amundi ETF (25.8) mit einer starken Produktqualität und attraktiven Gebührenstruktur. Im Schweizer Markt leitet Benôit Garcia den Bereich ETFs vom Standort Genf aus.

Geschmäcker sind verschieden

Der Überraschungssieger innerhalb der Top-5 ist die Commerzbank mit ihrer ETF-Marke comstage. Deren Innovationskraft und Produktqualität wurden von den befragten Anlegern als stark bewertet. Nicht mehr zu den Top-5, aber mit dem besten Angebot im Bereich Investor Education wurde WisdomTree Europe gewählt. So scheint das in der Schweiz hochdosierte Marketing des Newcomers gut angekommen zu sein. Bei BlackRock/iShares sind die Schweizer Kunden mit dem Service ganz offenbar am zufriedensten. Im unteren Mittelfeld werden Vanguard, ZKB, Ossiam und Source nahezu gleich bewertet. Source kann insbesondere im Bereich Investor Education punkten. Vanguard, als Tiefpreisanbieter bei breiten Aktienmärkten, hat starken Zuspruch für seine ETFs beim Kriterium Gebührenstruktur. In Summe reflektiert die auf den Schweizer Markt fokussierte «ETP Investor Satisfaction Survey» eine kritische aber faire Bewertung durch die Anleger. Wir sind schon jetzt auf die Entwicklung und Ergebnisse des nächsten Jahres 2016/2017 gespannt.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken