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payoff Learning Curve

Smartes ETF-Musterportfolio

17.11.2015 8 Min.
  • Dieter Haas

Vermögensallokation strikt über Einzeltitel ist ein Auslaufmodell. Institutionelle Investoren und anspruchsvolle Privatanleger sollten sich allein schon aus Risiko- und Kostenüberlegungen passive Instrumente zunutze machen. Wir zeigen, wie das «dp ETF Core Portfolio» in der Praxis aussehen könnte.

Neue Alternativen

Wesentlicher Grund hierfür ist der fundamentale Siegeszug der Exchange Traded Funds (ETFs). Mit ETFs lassen sich inzwischen eine Vielzahl an Anlagestrategien, Märkten und Sektoren effizient, kostengünstig und einfach implementierbar im Portfolio aufnehmen. Glaubt man diversen Marktbeobachtern, ist man in den USA gerade dabei, mehr und mehr die klassische Einzeltitelselektion bei Retail-Investoren mit ETFs zu ersetzen. Dortige Initiativen wie «Schwab Intelligent Portfolios», eine Art web-automatisierter Anlageprozess für Privatanleger des grössten US-Brokerage-Hauses Charles Schwab, geben diesem Trend neuen Schub. Auch in Europa beginnen ähnliche Strömungen. Wiederum bieten ETFs auch hierzulande längst nicht nur klassische passive Indexabbildungen. Immer grösser wird die Palette an strategischen Optionen, Themen und risikobasierten Anlagestrategien. Diese sogenannten Smart Beta bzw. Alternative Beta-ETFs erweitern den Spielraum erheblich (siehe Grafik «Auf einen Blick»). Mit ihnen können Investoren ihre individuellen Anlageziele optimal umsetzen. Deren Basiswerte spiegeln nicht einfach den Markt wider, sondern sie bieten dem Anleger regelgebundene aktive Management-Entscheidungen, welche in bestimmten Marktszenarien überdurchschnittlich abschneiden. Nebst der transparenten Strategie sind die zumeist niedrigen Kosten ein weiteres Verkaufsargument. Mit einem Mix aus klassischen ETFs und Smart Beta-ETFs kann mit Leichtigkeit ein qualitativ ausgezeichnetes Portfolio zusammengestellt werden, das sich auch in der Praxis mit Bravour behauptet. Das im Folgenden präsentierte Konzept lässt sich einfach nachbauen. Es würde sich auch für ein dynamisches Tracker-Zertifikat eignen.  

Ausgangspunkt: Zielstruktur des Kunden

Essenziell bei der Konstruktion des Portfolios ist die Massgabe des Kunden: Rendite, Risiko, Exposure und Ausschlusskriterien. Auch regulatorisch wird die «Suitability» mehr und mehr wichtig. Die Zeiten von angestaubten Inhouse-Schablonen oder «einfach anlegen, sämtliche Post einbehalten» sind in Zeiten von AIA und FATCA definitiv vorbei. Heimische institutionelle Kunden wie Pensionskassen definieren üblicherweise Anlagerichtlinien, die ein Berater strikt einhalten muss und die gesetzeskonform sind gemäss den BVV 2-Richtlinien. Abgeleitet von den beispielhaften Rahmenvorgaben einiger anspruchsvoller Privatanleger und professioneller Investoren haben wir die Zielstruktur sowie die möglichen Abweichungen für das «dp ETF Core Portfolio»konzipiert

Auf der Basis der Zielstruktur dieses Kundensegments wurde aus den kotierten ETFs der SIX Swiss Exchange ein Musterportfolio mit Start Anfang 2014 kreiert. Um der Sache das gewisse Extra zu verleihen, umfasst es sowohl klassische als auch semi-aktive ETFs von vier verschiedenen Emittenten. Die Smart Beta-Beimischung ist notwendig, damit ein

überdurchschnittliches Resultat zustande kommt. Alle selektierten Instrumente zeichnen sich durch niedrige Jahresgebühren aus. Abgesehen von CD8 und HFCHAS, deren Gesamtfondsvermögen der gewählten Tranche eher an der unteren Grenze liegt, weisen alle übrigen dreistellige Werte bei den Assets-under-Management auf. Das «dp ETF Core Portfolio» wurde seit Januar 2014 backtested und bis heute ohne die eingeräumte monatliche Rebalancing-Möglichkeit statisch fortgeführt. Mit Blick auf die nächste Stufe, das öffentliche Führen des Core-Portfolios, ist ggf. die monatliche Anpassung eine sinnvolle Option. In jedem Fall werden wir über Anpassungen zeitnah informieren.  

Begründung der Selektion

Der Geldmarkt konnte nicht mit einem ETF abgedeckt werden. Daher wurden die in der Zielstruktur fixierten 8% als Cash-Position gehalten. Im Bereich Obligationen Schweiz fiel die Wahl auf CSBGC0, dessen Duration über derjenigen des Swiss Bond Index liegt. Der ETF ermöglicht ein breit diversifiziertes Engagement in langfristige schweizerische Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen sieben und 15 Jahren. Damit lässt sich im nach wie vor bestehenden deflationären Umfeld der grösste Ertrag erwirtschaften. Inzwischen ist die Zitrone nahezu ausgepresst. CSBGC0 muss mittelfristig daher als Verkaufskandidat eingestuft werden, auch wenn unmittelbar noch keine Trendwende bei den Zinsen ansteht. Für den Sektor Fremdwährungsobligationen wurde der inflations- und CHF-währungsgesicherte XG7G von db x-trackers in die Auswahl aufgenommen. Sein Universum beinhaltet ausschliesslich Obligationen mit Ratings zwischen AAA und BBB. Der Index bildet die Wertentwicklung von bestimmten inflationsgebundenen handelbaren Schuldtiteln ab, die von Regierungen oder quasi-staatlichen Emittenten begeben oder garantiert werden. Um die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen zwischen Euro und US-Dollar zu verringern, werden Devisenkontrakte eingesetzt. Ob die Teuerung mittelfristig wieder ein Thema wird, dürfte sich in Bälde zeigen.  

Smarter Kern

Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Rohstoffe. Noch ist das Bild uneinheitlich. Es zeigen sich in vielen Fällen (Erdöl, Gold, Silber, Weizen, Mais u.a.) Anzeichen eines Bodenbildungsprozesses. Seit Ende September hat zudem das Verhältnis der inflationsgeschützten zu den normalen US-Anleihen eine steigende Tendenz.

Für den Bereich Aktien Schweiz wählten wir den klassischen passiven, alle Schweizer Titel umfassenden SPICHA auf den Gesamtmarktindex SPI als Kernanlage. Ihm wurde im Umfang von 20% SMMCHA beigemischt auf den SMIM Mid Index. Damit setzten wir bewusst ein leichtes Übergewicht auf dieses Marktsegment. Studien zeigen, dass kleinere und mittlere Titel auf lange Sicht den Markt outperformen. Dabei tritt der Effekt vor allem in Haussen verstärkt zutage. Den Auslandaktien-Anteil decken zwei eher defensive Konzepte ab, und zwar zu einem Drittel mit CD8 eine auf Europa fokussierte Dividendenstrategie sowie zu zwei Dritteln MVOL. Letzterer ist die Kernanlage. Der schwankungsarme Weltaktienindex hält in Haussen im Allgemeinen Schritt mit der Marktentwicklung und glänzt in Baissen mit einer überdurchschnittlichen Resistenz. Dividendenstarke Titel zählen in diesem Jahrtausend konstant zu den Outperformern. Der Anteil der Dividende am Gesamtertrag der Aktien hat an Bedeutung gewonnen. Eine Entwicklung, die andauern dürfte. Im Immobilienbereich wünschte der Kunde XY lediglich einheimische Investitionen. Umgesetzt wurde dies ausschliesslich mit dem ETF SRECHA der UBS. Er investiert in Immobilienfonds, die im SXI Real Estate Funds Total Return Index vertreten sind. Der ETF HFCHAS bildet auf passive Art und Weise die 2%-Quote alternative Anlagen ab. Sein Basiswert widerspiegelt die Zusammensetzung des gesamten Hedge-Fund-Universums. Dessen Performancebeitrag war seit 2014 negativ. Allerdings scheint sich allmählich eine Trendwende anzubahnen (siehe Leitartikel im payoff magazine Oktober 2015). 

Harte Konkurrenz für aktive Manager

Es gibt wohl nur wenige Anlageverwalter oder Pensionskassenberater, welche auf die übliche Art und Weise eine bessere Leistung erwirtschaftet hätten. Mit wenigen Überlegungen und einem relativ geringen Aufwand lässt sich somit ein sehr respektables Resultat erzielen. Der gewählte Mix liesse sich nach Belieben abändern, was auf den Gesamtertrag positive wie negative Auswirkungen haben kann. Sofern gewisse Grundregeln angewandt werden, dürfte fast immer ein solides Resultat herausspringen. Hinzu kommt der geringe Aufwand für die Überwachung. Im vorliegenden Fall wären bislang keine Anpassungen notwendig gewesen.

«Die Performance des Musterportfolios liegt seit Anfang 2014 klar über dem Pictet-40-plus Index.»

Die tolerierbaren Bandbreiten wurden nie verletzt. Obligationen und Immobilien vermochten, relativ betrachtet, etwas zuzulegen, während Geldmarkt und alternative Anlagen an Boden verloren und die Aktienquote mehr oder weniger stabil geblieben ist. Die gewählte Zusammensetzung ist natürlich nicht sakrosankt. Im praktischen Einsatz sollte sie kontinuierlich hinterfragt und im Bedarfsfall an neue Entwicklungen angepasst werden. Allzu häufige taktische Anpassungen bringen jedoch in der Regel selten einen spürbaren Zusatznutzen, getreu dem Motto «Hin und her macht Taschen leer». Ein langfristig angelegtes, sorgfältig durchdachtes Konzept verspricht den grösseren Erfolg.  

Risikomanagement gewinnt an Bedeutung

Mit dem vorgestellten Musterdepot «dp ETF Core Portfolio», basierend auf an der SIX Swiss Exchange kotierte ETFs, lassen sich in breiten, standardisierten Märkten die meisten aktiven Manager schlagen. Ihnen wird es inskünftig immer schwerer fallen, Mehrwerte aus den höheren Kosten für zusätzliches Research, Analyse u.a. zu erzielen. Hinzu kommt im institutionellen Bereich eine stetig steigende Überwachung vonseiten der Aufsichtsbehörden. Sie führt dazu, dass der Spielraum für den Vermögensberater von Pensionskassen der alten Schule immer mehr eingeengt wird. Für Privatanleger, die ihr Vermögen extern bewirtschaften lassen, gilt in abgeschwächter Form dasselbe. Deren Investment Advisors unterliegen einer stetig steigenden internen und externen Kontrolle. Einzig die «unabhängigen» Privatinvestoren können weiterhin nach Lust und Laune über ihr Vermögen disponieren. Diesen dürfte es risikobereinigt allerdings nur in wenigen Fällen gelingen, ein breit über alle Anlageklassen hinweg diversifiziertes Musterportfolio mit ETFs zu schlagen – Portfolio-Konstruktion ist für Retailanleger immer noch viel zu exotisch und fremd. ETF dagegen ist mehr und mehr ein Begriff, den man schon gehört hat. 















  Anlagestrategie Kunde XY
Anlagekategorie Zielstruktur untere obere
  Kunde Bandbreite Bandbreite
Liquide Mittel 8.0 5.0 15.0
Obligationen Schweiz 15.0 10.0 25.0
Obligationen Fremdwährungen 10.0 5.0 15.0
Total Nominalwerte 33.0 20.0 60.0
Aktien Schweiz 25.0 15.0 30.0
Aktien Ausland 12.0 8.0 15.0
Alternative Anlagen 2.0 0.0 5.0
Immobilien 28.0 25.0 50.0
Total Sachwerte 67.0 48.0 80.0

 

 

Quelle: Bloomberg

 

Quelle: Bloomberg

Quelle: Bloomberg

 

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