Stimulus-Bazooka als Wendepunkt in China?
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Luca Castoldi
Senior Portfolio Manager
REYL Intesa Sanpaolo Singapore
Pekings Ankündigung fiskalpolitischer Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft führten zu einer anfänglichen Euphorie. Doch der Gesamtumfang des Konjunkturpakets ist weiterhin unklar. Damit wächst die Unsicherheit unter den Anlegern wieder.
In den letzten Monaten wurden eine Reihe von schwachen Wirtschaftsindikatoren inmitten eines anhaltenden Immobilienabschwungs veröffentlicht, die ein zunehmend düsteres Bild für Chinas Aussichten zeichneten. Auch die internationalen Banken zeigten sich zunehmend zynisch gegenüber den Wirtschafts- und Investitionsaussichten Chinas, wie die zahlreichen Herabstufungen der Wachstumsziele zeigen. Als Folge verkauften die Anleger ihre Bestände weiter. Zum Vergleich: Chinesische Inlandsaktien (CSI 300) und der Hongkong-Index (Hang Seng China Enterprise HSCEI) haben seit ihrem Höchststand 2021 (Peak-to-Through) aufgrund zusätzlicher Regulierung, Covid-19 und Handelsspannungen zwischen den USA und China erstaunliche 48 bzw. 60 Prozent an Wert verloren.
Weitreichendes Unterstützungspaket
Ende September griff die chinesische Regierung ein, um die Wirtschaft durch eine Fülle von Stützungsmassnahmen zu stützen. Das von den Anlegern als «Stimulus-Bazooka» bezeichnete weitreichende Paket umfasste eine Vielzahl von Massnahmen. Dazu gehören geldpolitische Massnahmen und Unterstützung für den Immobilien- und Aktienmarkt. Darüber hinaus haben die chinesischen Entscheidungsträger weitere fiskalische Erleichterungen in Aussicht gestellt, die im Laufe der Woche bekannt gegeben werden dürften.
Beginnend mit den geldpolitischen Handlungen führte die People’s Bank of China eine Reihe von Zinssenkungen ein, das betrifft 7D-Reverse-Repo, mittelfristiger Kreditzinssatz und Leitzins. Den Mindestreservesatz für Banken senkte sie um 50 Basispunkte und stellte für den Rest des Jahres eine weitere Senkung von 25 bis 50 Basispunkten in Aussicht. Obwohl der Umfang der Senkung des Leitzinses und des Mindestreservesatzes im Vergleich zu den letzten Jahren grösser ist als üblich, sind ihre unmittelbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft unklar. So dürfte die Senkung des Leitzinses die Kreditvergabe nicht nennenswert ankurbeln, da das derzeitige gedämpfte Kreditumfeld weniger auf ein mangelndes Kreditangebot als vielmehr auf eine unzureichende Nachfrage zurückzuführen ist. Dies wird durch eine gedrückte Stimmung untermauert.
Skepsis zur Nachhaltigkeit der Rallye
Der Gouverneur Pan stellte auch mehrere innovative und interessante neue Massnahmen zur Unterstützung der Finanzmärkte vor:
1) Einrichtung einer Swap-Fazilität in Höhe von 500 Mrd. RMB zur Erleichterung der Finanzierung für Makler, Versicherungen oder Fonds für Aktienkäufe, die um das drei- bis vierfache erhöht werden kann
2) eine Wiederverleihungsfazilität in Höhe von 300 Mrd. RMB für Unternehmen und Grossaktionäre zum Rückkauf von Aktien und zur Erhöhung des Aktienbesitzes
3) Einführung eines möglichen Stabilisierungsfonds
Diese Massnahmen zur Stimulierung des Aktienmarktes erzielten fast sofort die beabsichtigte Wirkung: Die chinesischen Aktien legten in den folgenden Wochen um mehr als 30 Prozent zu – die grösste Rallye seit 2008, die den chinesischen Aktienmarkt zu einem der Märkte mit der besten Performance seit Jahresbeginn machte. Zugegeben, Skeptiker haben zu Recht auf die Nachhaltigkeit der Rallye hingewiesen. Sie sind sogar so weit gegangen, die Idee einer möglichen Börsenblase zu thematisieren. Fast sicher ist jedoch, dass eine nachhaltige Erholung der chinesischen Aktien untrennbar mit der Unterstützung des Immobilienmarktes und der Wiederbelebung der Wirtschaft verbunden sein wird.
Zusätzlicher steuerlicher Stimulus
In den Medien wurden verschiedene steuerliche Handlungen diskutiert. Die chinesische Führung hatte nämlich deutliche Signale für eine stärkere fiskalische Unterstützung gegeben, die höchstwahrscheinlich bald bekannt gegeben werden. Zu den bemerkenswerteren Massnahmen gehören die Kapitalspritze für Banken in Höhe von 1 Mrd. RMB (142 Mrd. USD) und ein Steuerpaket in Höhe von mindestens 2 Mrd. RMB, mit dem sowohl die Verschuldung der lokalen Gebietskörperschaften als auch der Konsum angegangen werden sollen. Da es keine offiziellen Details gibt, bleibt abzuwarten, wie sich diese Massnahmen auf die Ersparnisse der Verbraucher auswirken werden.
In nächster Zeit werden die Anleger die näheren Einzelheiten eines offiziellen steuerlichen Stimulus genau beobachten, zumal das Finanzministerium noch keine Ankündigung gemacht hat. Sowohl die Struktur als auch der Umfang der fiskalischen Massnahmen werden für die Anleger von grösster Bedeutung sein. Nur so lässt sich beurteilen, ob dies wirklich ein möglicher Wendepunkt für China sein kann. Darüber hinaus sollten auch die bevorstehenden Sitzungen des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses bzw. des Politbüros auf zusätzliche Hinweise auf die Genehmigung politischer Massnahmen oder den richtungsweisenden politischen Tenor hin untersucht werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die «Stimulus-Bazooka» ein positiver erster Schritt in die richtige Richtung ist. Langfristig sind jedoch verbesserte strukturelle Trends wie die Stabilisierung des Immobilienmarktes, steigende Löhne und Beschäftigungszuwächse und vor allem eine konsequente Politik am wichtigsten.