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payoff Learning Curve

Unscheinbarer Stolperstein

08.01.2014 4 Min.
  • Dieter Haas

Wann immer ein Anleger Wertschriften als Rückzahlung für ein Produkt erhält, gilt es genau hinzusehen. Die Berechnung des Einstandspreises hat unterschiedliche steuerliche Konsequenzen, die im Zweifelsfall Geld kosten. Die Emittenten rechnen bis dato uneinheitlich – trotz Mustervorschlag des SVSP.

Zu hoch, zu tief, zu ungenau?

Genau zu diesem Stichwort veröffentlichte der Schweizerische Verband für Strukturierte Produkte (SVSP) für seine Mitglieder Ende März 2013 eine Handlungsempfehlung. Sie befasst sich mit der Behandlung des Einstandspreises im Falle einer Aktienlieferung. Gemäss dem Ratschlag des SVSP sollten die Banken für die Berechnung des Einstandspreises den Strike verwenden, damit der Einstandspreis nicht zu hoch ausgewiesen wird und vergleichbar ist. Auf die Verrechnung der Fraktionen via Barabgeltung sollte künftig verzichtet werden. Im Zweifel sorgt das für eine nachteilige Besteuerungsgrundlage.

Korrekte versus inkorrekte Berechnung

Am Beispiel eines Barrier Reverse Convertible (BRC) «worst of» Nestlé / Syngenta / Zurich Insurance, bei dem die Barriere verletzt wurde und am Ende der Laufzeit eine physische Lieferung des schwächsten Titels Zurich Insurance Namen erfolgte, lassen sich die unterschiedlichen Ergebnisse der Methode sehr schön aufzeigen.

Unterschiedliche Handhabung

Ein Praxistest zeigt, dass die Empfehlung des SVSP zur einheitlichen Handhabe bis heute nicht wirklich von den Emittenten angewendet wird. Einige Banken berücksichtigen bei der Berechnung des Einstandspreises die Barabgeltung aus den Fraktionen mit, wodurch ein erhöhter Einstandspreis ausgewiesen wird. Die andere gebräuchliche Methodik unterlässt diese Adjustierung und weist den Strike als Einstandspreis aus. Laut Aussage des Verbandes ist der Einstandspreis für natürliche Personen mit Steuerdomizil Schweiz aus Einkommenssteuersicht unerheblich, da ein erzielter Gewinn bei einem Verkauf steuerfrei ist. Eine Aussage, die es leider zu relativieren gilt. Die Steuerpraxis auf kantonaler Ebene behandelt Privatanleger oftmals anders als das Gesetz formal vermuten lässt.

Mär vom steuerfreien Kapitaleinkommen

Der Grundsatz, wonach gemäss Artikel 16, Absatz 3 des Bundesgesetzes Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen steuerfrei sind, wurde in den vergangenen Jahren sukzessive aufgeweicht. Bundesgerichtsentscheide sowie klamme Kassen bei Bund und Kantonen nagen an der Steuerfreiheit der Kapitalgewinne auf Privatvermögen natürlicher Personen. Im Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27.07.2012 werden die sehr dehnbaren Kriterien aufgeführt, welche einen gewerbsmässigen Wertschriftenhandel identifizieren sollen. Sie lassen einen grossen Interpretationsspielraum zu und werden immer häufiger vom Fiskus in ihrem Sinne ausgelegt. So zeigen Praxiserfahrungen, dass vielerorts 20 Wertschriftentransaktionen pro Jahr genügen, um steuerlich (nicht aufsichtsrechtlich) einem steuerrelevanten «gewerblichen» Charakter unterworfen zu sein.

Vorteile der Einstandspreisberechnung

Für natürliche Personen mit Wohnsitz Schweiz, deren Wertschriftenhandel als gewerbsmässig taxiert wird und für juristische Personen oder natürliche Personen mit Steuerdomizil Ausland kann ein erhöhter Einstandspreis vorteilig sein. Werden auf der bestehenden Position Gewinne erzielt, dann fallen diese dank des überhöhten Einstandspreises etwas geringer aus als bei einer Anwendung der korrekten Methodik.

Informationen aus der Praxis

Der erwähnte Praxistest bei den Emittenten hinsichtlich der benutzten Methodik erfreute sich nur spärlicher Antworten. Offensichtlich scheuen einige Institute den Blick hinter die Kulissen oder haben die steuerlichen Folgen bis dato unterschätzt. Von den depotführenden Banken, die uns eine Antwort zukommen liessen, gab die UBS an, bei Nominalprodukten wie den Barrier Reverse Convertibles den Strike als Einstandspreis zu verwenden. Die separat ausgeschütteten Fraktionen (Barabgeltung) werden nicht verrechnet. Bei Unit-basierten Produkten wie den Discount-Zertifikaten gelte grundsätzlich: Einstandspreis = Erwerbspreis des Zertifikates, das heisst der Einstandspreis wird «vererbt». Die ZKB verwendet bei allen Produkttypen derzeit die Aktienlieferung zum Strike sowie eine separate Ausschüttung der Fraktion. Einen anderen Weg wendet die Bank Vontobel an. Sie berücksichtigt für alle Produkte, bei denen mit Nachkommastellen resp. Fraktionen gerechnet wird, die Barabgeltung für die Einstandspreisberechnung mit. Der Anleger scheint auch weiterhin der Uneinheitlichkeit bei der Handhabung ausgesetzt zu bleiben. Wer auf eine Maximierung seiner Steuern aus ist, dem bietet die letztgenannte Lösung das Optimum.

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