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payoff Interviews

«Unternehmensanleihen besitzen ein grösseres Wertschöpfungspotenzial als Staatsanleihen.»

26.03.2015 6 Min.
  • Dieter Haas

Richard Woolnough, Fondsmanager bei M&G, über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, seine Einschätzung zu Bonds und Aktien, die aussichtsreichsten Anleihesektoren, den Unterschied von Bond- zu Aktienfondsmanagern und zur Verantwortung der ihm anvertrauten Gelder.

Herr Woolnough, Sie sind Fondsmanager von drei erfolgreichen Fonds mit 35 Milliarden Pfund Vermögen (M&G Corporate Bond Fund, M&G Strategic Corporate Bond Fund, M&G Optimal Income Fund), die alle einem Top-Down-Approach folgen. Können Sie uns einen kurzen Überblick über Ihr Hauptszenario geben?

Meine zentrale Einschätzung ist, dass die Renditen von Staatsanleihen leicht ansteigen und dass sich die Kreditspreads schrittweise weiter verengen werden. Trotz vieler Herausforderungen ist die weltweite Konjunkturerholung 2015 auf einem guten Weg. Insbesondere die US-Wirtschaft und Grossbritannien scheinen sehr gut dazustehen, obwohl Letztere zuletzt leicht schwächere Zahlen gemeldet hat. Ich gehe davon aus, dass es somit im Laufe dieses Jahres zu Zinserhöhungen in beiden Ländern kommt. In der Eurozone bleiben die Herausforderungen bestehen, da die Wachstums- und Beschäftigungsaussichten der einzelnen Länder weiterhin voneinander abweichen und die Europäische Zentralbank sich auf eine Bilanzverlängerung vorbereitet. Trotzdem ist die Lage der europäischen Wirtschaft besser als der Markt meint. Es braucht eben Zeit, bis geldpolitische Massnahmen in der Realwirtschaft ankommen.

Die meisten Experten bevorzugen Aktien gegenüber Obligationen. Obwohl Sie bis zu 20% Aktien für den M&G Optimal Income Fund kaufen könnten, haben Sie per Ende Januar nur eine Quote von 0,5%. Wieso gewichten Sie Anleihen so stark?

Aktien gehören bei diesem Fonds nicht zur Benchmark. In einer perfekt bewerteten Welt hätten wir gar keine Aktien im Bestand. Ansonsten sind wir in diesem Bereich quasi nur «auf der Durchreise»: Wir halten Aktien dann, wenn sie ungewöhnlich günstig sind und versuchen, Marktextreme auszunutzen. Die wesentlichste Änderung am Portfolio seit Anfang 2014 ist die Reduzierung des Aktienengagements von über 12% zu Beginn 2014 auf 0,5% Ende Januar 2015. Dies, weil Aktien nach einem deutlichen Kursaufschwung vielfach nicht mehr so günstig erscheinen im Vergleich zu den Anleihen der entsprechenden Unternehmen.

Sie haben einmal gesagt «Als Fondsmanager eines Anleihenfonds geht es mehr darum, Verlierer zu vermeiden als Gewinner zu finden». Wo finden Sie für Ihre drei Fonds momentan gute Werte?

Momentan sehe ich bei Unternehmensanleihen ein grösseres Wertschöpfungspotenzial als bei Staatsanleihen. Während sich die Renditen von Staatsanleihen 2014 erholten, haben sich die Spreads ausgeweitet. In allen meinen Fonds sind Investment-Grade-Anleihen übergewichtet, mit einer Ausrichtung auf die schlechter bewerteten – und daher höher verzinslichen – Segmente dieser Anlageklasse. Im Augenblick sehe ich ein deutliches Wertschöpfungspotenzial bei Unternehmensanleihen mit BBB-Rating, die auf US-Dollar oder Pfund Sterling lauten. Sie erscheinen attraktiver als auf Euro lautende Unternehmensanleihen, da die Renditen bei Staatsanleihen höher und die Spreads weiter sind. Zudem sehe ich Potenzial in einigen Teilbereichen des Marktes für Hochzinsanleihen und bleibe dabei auf selektiver Basis positiv gestimmt in Bezug auf diese Anlageklasse.

Um als Fondsmanager erfolgreich zu sein, müssen Sie gegenüber der Masse einen Vorsprung haben. Was sind momentan die grössten Unterschiede gegenüber Ihren Konkurrenten?

Der Riesenvorteil beim Management von drei Anleihenfonds besteht darin, dass ich meine Ansichten auf vielerlei Art zum Ausdruck bringen und bei den einzelnen Fonds gezielt Positionen eingehen kann, von denen ich besonders überzeugt bin. Der M&G Corporate Bond Fund und der M&G Strategic Corporate Bond Fund sind beides Fonds für Unternehmensanleihen im klassischen Investment-Grade-Bereich. Der M&G Optimal Income Fund hat im Vergleich zu diesen Fonds für Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die auf Pfund Sterling lauten, einen ganz anderen Ansatz: Als flexibler strategischer Anleihenfonds kann er nämlich frei in alle Anlageklassen im festverzinslichen Bereich anlegen. Somit habe ich die Möglichkeit, meine Einschätzungen in Bezug auf Duration und Kreditrisiko ohne Einschränkungen umzusetzen.

Sie nutzen Derivative, um speziell den M&G Optimal Income Fund zu hedgen. Können Sie uns ein Beispiel geben, wie Sie Risiken im High-Yield-Segment des Fonds reduzieren?

Wir können Derivate sowohl zur Absicherung einsetzen als auch um klare Long- oder Short-Positionen einzugehen. Futures auf Anleihen nutzen wir aktuell zur Reduzierung des Zinsrisikos im Portfolio, indem wir unsere Duration auf ein recht niedriges Niveau senken. Im High-Yield-Bereich des Fonds können wir zur Absicherung des hochverzinslichen Engagements und zur Risikoreduzierung auf einzelne Adressen bezogene CDS und CDS auf Indizes einsetzen, sofern wir das für sinnvoll halten. Doch momentan nutzen wir Derivate, um unser Engagement in der Anlageklasse zu erhöhen. Wir verwenden CDS-Indizes, was den Effekt hat, dass sich die Liquidität unserer hochverzinslichen Position im Vergleich zum gleichen Engagement in reinen Kassa-Anleihen erhöht.

Eines Ihrer Statements war: «Krisen helfen dir, den nächsten Crash besser zu bewältigen. Du weisst, wie du reagieren musst.» Wenn wir jetzt in einigen europäischen Ländern die Situation mit negativen Zinsen haben, was ist dann Ihre Reaktion als Fondsmanager?

Bei negativen Zinssätzen gibt es irgendwo eine Untergrenze. Sobald die Zinsen unter null fallen, ist es für Anleger nicht mehr sinnvoll, ihr Geld auf einem Bankkonto mit negativer Rendite anzulegen, da es bei der Auszahlung weniger wert sein wird. Wenn man bedenkt, dass es für Negativzinsen eine Grenze nach unten gibt – in Europa nähern wir uns möglicherweise bereits diesem Niveau –, ist meine Hauptsorge als Investor der Schutz meiner Portfolios vor möglichen höheren Renditen, die naturgemäss folgen werden, sobald sich die Situation umkehrt. In Bezug auf die Aussichten für Europa bin ich etwas optimistischer (wenngleich immer noch vorsichtig) als viele Marktteilnehmer. Daher ist meine bevorzugte Position eine kurze Duration.

Was sind die grössten Unterschiede zwischen einem Anleihen- und einem Aktienmanager?

Obligationenfondsmanager sind eher darauf ausgerichtet, die Verlierer zu vermeiden und somit das Verlustrisiko zu minimieren, das sich aufgrund der bei Anleihen typischen Asymmetrie von Risiko und Rendite ergibt – das heisst Ausgabe zu 100, Rücknahme zu 100. Aktien haben natürlich ein wesentlich grösseres Aufwärtspotenzial, daher liegt der Schwerpunkt bei Aktienfondsmanagern stärker auf dem Versuch, diesen Aspekt auszunutzen.

Können Sie den folgenden Satz zu Ende führen? Die Verantwortung für die Verwaltung von Ersparnissen anderer Menschen in Milliardenhöhe ….

ist sicherlich eine grosse Verantwortung, doch das beunruhigt mich nicht. Selbstverständlich nehme ich die Aufgabe sehr ernst.

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