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Value-Aktien auf der richtigen Seite des Wandels

15.07.2021 4 Min.
  • Mark S. Finn, Portfolio Manager

Value-Aktien erzielten in den letzten sechs Monaten auf breiter Front Kursgewinne, da die Aussicht auf eine solide Konjunkturerholung viele Anleger veranlasste, in Unternehmen aus zyklischen Branchen umzuschichten, deren Geschäftsentwicklung in der Regel sensibler auf Änderungen der allgemeinen Wirtschaftslage reagiert.

Unserer Einschätzung nach könnte die Rally zyklischer Aktien anhalten. Angesichts der aktuellen Bewertungen und der Entwicklung bei früheren Konjunkturerholungen gehen wir jedoch davon aus, dass Unternehmen mit hochwertigeren Geschäftsmodellen in der nächsten Phase des Aufschwungs besonders gut abschneiden könnten.

Value-Anleger sollten in der aktuellen Marktphase nicht die Erfahrungen aus den letzten 15 Jahren vergessen, in denen eine Welle technologischer Innovationen viele traditionelle Branchen in ihren Grundfesten erschüttert hat – ein Trend, der sich in einigen Fällen durch die Veränderung der Verhaltensweisen und Prioritäten infolge der Coronavirus-Pandemie noch zu beschleunigen scheint.

Die langfristigen Risiken zu verstehen, ist für Value-Anleger nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Dieses Wissen erleichtert es, scheinbar günstig bewertete Titel zu vermeiden, die langfristig der Gefahr einer Disruption ausgesetzt sind. Zudem kann es zur Identifizierung von Chancen beitragen, bei denen der Markt unterschätzt, in welchem Ausmass ein Unternehmen von langfristigen Faktoren profitieren könnte, wenn es auf der richtigen Seite des Wandels steht.

Die markante Erholungsrally von Value-Aktien kam in ihrer Anfangsphase allen Marktsegmenten zugute – auch Branchen wie dem Energiesektor, die unserer Meinung nach erheblich durch Disruption bedroht sind. Neben anderen Faktoren dürften die anhaltenden Produktivitätssteigerungen durch Automatisierung und verbesserte Techniken des Lagerstättenmanagements in der US-Schieferöl- und -gasproduktion dafür sorgen, dass sich Kohlenwasserstoffe immer einfacher und kostengünstiger fördern lassen. Dadurch entsteht für die Unternehmen des Sektors ein schwieriges Umfeld. Langfristig sind wir vorsichtig, da die wachsende Besorgnis über die Wertentwicklung von Vermögenswerten im Öl- und Gasbereich die Bewertungskennzahlen im Sektor belasten könnte, wenn die Umstellung auf saubere Energien voranschreitet.

Ein Sektor, der sicherlich weiter im Fokus stehen wird, ist das E-Commerce-Geschäft. Wir erwarten beispielsweise, dass das Nachfragewachstum im Onlinehandel die Hersteller von Wellpappe, die für die Verpackung von Produkten für den Versand verwendet wird, in den nächsten drei bis fünf Jahren erheblich begünstigen könnte. Und im Gegensatz zum Energiesektor denken wir, dass die Faktorkosten für Wellpappe und die Kosten für zusätzliche Kapazitäten in den kommenden Jahren steigen könnten, denn die Zahl der bestehenden Papierfabriken, die sich kostengünstig auf die Produktion von Karton umstellen lassen, ist gesunken. Dieses Szenario einer wachsenden Nachfrage und steigender Kostenkurven auf der Angebotsseite dürfte zu höheren Preisen für Wellpappe beitragen – und unserer Ansicht nach auch zu potenziell höheren Gewinnmargen für die führenden Unternehmen der Branche.

Das Nachfragewachstum aufgrund der Digitalisierung und das sinkende Tempo der Produktivitätssteigerung in der Branche dürften für die Hersteller von Anlagen zur Produktion moderner Chips ebenfalls ein günstiges Umfeld schaffen. Laut dem mooreschen Gesetz verdoppelt sich die Zahl der Transistoren auf einem Chip etwa alle zwei Jahre, wobei auch die Kosten um rund die Hälfte sinken. Aufgrund technologischer Grenzen und der wachsenden Komplexität des Fertigungsprozesses sind jedoch beide Aspekte dieser Faustregel auf Widerstand gestoßen. Wir erwarten, dass die Steigerung der Leistungsfähigkeit von Chips auch künftig zu höheren Kosten führt. Diese Dynamik sollte sowohl das Absatzvolumen als auch die Preise von Produktionsanlagen steigen lassen – insbesondere im Fall der besonders innovativen Unternehmen des Linchpin-Segments.

Insgesamt gilt also die Suche nach Value-Aktien auf der richtigen Seite des Wandels.

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