Vertigo bei Aktien und Bitcoin
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Martin Raab
Investment-Stratege
Der Jahresanfang ist die ideale Zeit für Investoren, um sich «Me Time» zu gönnen: Rückblick, Analyse und Vorausschau. Viele Charts geben Rätsel auf. Schwindelerregende Erwartungen treiben Risiken und Volatilitäten ins Jahr 2025.
Die Sektgläser sind wieder sauber in der Vitrine verstaut, die Winterferien haben begonnen oder dauern noch an. Das Börsenjahr 2024 ist erfolgreich abgeschlossen. Perfektes Timing, um den Blick auf die nähere Zukunft an den Finanzmärkten zu schärfen. Offensichtlich befinden sich die meisten Aktien – und damit auch viele Aktienindizes – auf erstaunlich hohen Levels. Die Jahresperformance der durchschnittlichen Schweizer Aktie liegt bei rund +18%, die der US-Aktien im S&P500 bei +22%. Die «Crazy Tech Stocks» im Nasdaq 100 kommen gar auf +352% Year-to-Date. Können diese Verwöhnungsniveaus mittelfristig gehalten werden?
Für Anleger bedeutet das: Sowohl bei Einzelaktien als auch bei breiten Indexinvestments ist genaues Hinsehen gefragt. Was macht z.B. der Free Cashflow, wie sieht es mit dem EBIT aus? Ist ein 30er KGV oder ein 70er KGV auch 2025 noch unumstritten? Die Q1/2025-Zahlen geben erste Hinweise darauf, wie gut die Party weitergeht. Bei ETFs oder Indextrackern ist ein Blick auf massgeschneiderte Indizes oder solche mit weniger konzentrierten Highflyern bis auf Weiteres auf jeden Fall sinnvoll. Befremdlich ist die Euphorie um die Blackbox namens Bitcoin. Für alle, die seit Ende 2022 dabei sind, ein genialer Trade. Gehebelt erst recht. Was Bitcoin eigentlich ist, können nur noch die Wenigsten sagen. Schwindelgefühle stellen sich bei Kursen um 70’000 schnell ein, starke Übelkeit bei Hebeltradern nicht ausgeschlossen.
Auch in der Geopolitik ist 2025 nichts auszuschliessen. Getreu dem Motto «The Sky is the Limit» könnte Präsident Donald Trump weitere wirtschaftliche Kursraketen zünden und dem Weltfrieden auf die Beine helfen. Doch sobald «Helikopter-Money» als falsches Anti-Inflationsmittel und laxe Bundesfinanzen in den USA, gepaart mit entgleister Diplomatie, offenkundig werden, führt das finanzielle Ungleichgewicht zu Schwindelanfällen beim US-Dollar und den Renditen. Das schlägt direkt auf die Aktienmärkte durch. Die Kopfschmerzen der Anleger wären fatal, die Volatilitätsniveaus deutlich über 30. Hoffen wir auf ein solides Gleichgewichtssystem an den Finanzmärkten – sonst helfen nur noch Brauereikonzerne im Portfolio.
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Foto von Stacey Koenitz