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payoff Learning Curve

Was beudeutet ein Staatsbankrott für den Anleger?

06.05.2010 5 Min.
  • Martin Diethelm

Das Beispiel von Griechenland und den anderen sogenannten «PIIGS»-Staaten zeigt, dass Staatsbankrotte alles andere als abstrakt sind. Während im privatwirtschaftlichen Konkurs das Unternehmen schlicht untergeht, ist die Lage bei Staaten deutlich komplizierter und vielseitiger. Die umfassende Absicherung gegen einen Staatsbankrott ist für den Anleger ein aufwendiges, aber nicht unmögliches Projekt.

Intelligente Verschuldung oder Madoff als Regierungschef?

Die Gewohnheit, dass die meisten Staaten über ihren Verhältnissen leben, wird oft mit dem Argument verteidigt, dass das Wirtschaftswachstum eine gewisse Neuverschuldung zulasse. Erstens sollen durch das Wachstum zukünftige Steuereinnahmen steigen und zweitens sei die Rendite, welche ein Staat mit geliehenen Mitteln für die Allgemeinheit erzielen kann, höher als die entsprechenden Zinszahlungen bei den momentan tiefen Raten. Skeptiker sehen Parallelen zu einem Ponzi-Spiel, welches deshalb funktioniere, weil sich die negativen Auswirkungen erst langfristig zeigen und die verantwortlichen Politiker längst aus den Ämtern verschwunden sind, wenn das System explodiert. Zu den expliziten Schulden kommen zusätzlich Zahlungsversprechen für zukünftige Leistungen wie z. B. Pensionen hinzu, welche im Umlageverfahren finanziert werden, sowie beschlossene Grossinvestitionen, welche meist mehr kosten als budgetiert wurde.

Eine längere Geschichte

Wenn ein Bankrott nicht durch ein plötzliches Ereignis wie Krieg ausgelöst wird, ist es ein weiter Weg von der ökonomischen Einsicht, dass ein Land seine Kredite langfristig nicht mehr bedienen kann, bis zum Bankrott. Solange der Staat seine Kreditwürdigkeit glaubhaft machen kann, wird er seine Zinsen durch die Ausgabe von weiteren Anleihen begleichen können. Und den Letzten beissen dann die Hunde. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit wird oft durch Inflation herausgezögert. Wenn die Schuldscheine in der eigenen Währung emittiert wurden, können die Probleme kurzfristig durch das Anwerfen der Notenpresse in den Griff bekommen oder zumindest auf die nächste Politikergeneration verschoben werden. Dass die Inflation nichts anderes als eine elegante Form der Besteuerung ist – welche durch die kalte Progression noch verstärkt wird, – wird bei dieser Denkweise gerne vernachlässigt oder verschwiegen. Weil die Währung relativ an Wert verliert, werden Investoren höhere Nominalzinsen fordern, wodurch die Neuschulden zu schlechteren Konditionen ausgegeben werden müssen und durch eine weitere Ausweitung der Geldmenge finanziert werden. Ein Teufelskreis entsteht, der in einer Hyperinflation und schliesslich im Bankrott enden wird. Wurden Kredite in einer Fremdwährung aufgenommen, werden diese bei einer Abwertung teurer und der sog. «Default» tritt schneller ein.

Was Investoren beachten sollten

Da es keine dem Staat übergeordnete Instanz gibt, existiert auch keine allgemeine Regel, wie mit einem Land umgegangen wird, wenn es seine Kredite nicht bezahlt. Offizielle Instrumente für Sanktionen gibt es nicht. Früher wurde von Gläubigerstaaten gerne die Armee eingesetzt, um die fehlenden Zahlungen in Sachwerten einzutreiben. Heute wird die Diplomatie bemüht. Die Palette der Möglichkeiten ist breit: Streckung der bestehenden Kredite, Aufhebung oder Herabsetzung der Zinsen oder eine Senkung des Nominals. In der Regel vergibt der Internationale Währungsfonds (IWF) Notkredite, wobei er starken Einfluss auf die Finanzen des Staates nimmt. Prominente Beispiele hierfür sind die Ukraine und Russland (1998) oder Argentinien (2001). Die Investorenschar kann beim «Default» von Staatsanleihen nur bedingte Hoffnung für eine rasche Begleichung der Schulden hegen. Betreibungen durch Investoren gegenüber einem bankrotten Staat sind praktisch unmöglich. Im schlimmsten Falle steht man mit leeren Händen da.

Es geht noch weiter

Bei einem Staatsbankrott treten die Probleme an verschiedenen Stellen auf. Nebst der Sicherung des Nominals muss auch die Währung beachtet werden: Geht es darum, einen inländischen Staatsbankrott abzusichern? Oder einen in Fremdwährung? Im zweiten Fall muss zusätzlich die Währung gehedgt werden, da eine Abwertung in einem solchen Fall als sicher gilt. Einfache und günstige Mittel sind Put-Optionen und Short-Futures. Falls ein Bankrott in der einheimischen Währung in Frage kommt, muss die Inflation beachtet werden, welche als Pendant zur Abwertung einer fremden Währung interpretiert werden kann. Diese kann mit dem Kauf von Futures oder Optionen auf eine «sicherere» Fremdwährung umgemünzt werden. Dass dies momentan rege getan wird, beweisen die Kapitalflüsse in den Schweizer Franken. Einige Banken bieten inflationsgeschützte Derivate an. Alternativ dazu kann in Sachwerte investiert werden. Hier bieten sich vor allem Immobilien und Edelmetalle an, wobei auch diese im Fall einer Rezession an Wert verlieren können. Weniger empfehlenswert sind klassische Commodities, da deren Preise stark mit der Konjunktur korreliert sind.

Aktien und Strukturierte Produkte

Im Zuge eines Staatsbankrotts sind auch die im jeweiligen Staat ansässigen Unternehmen hart getroffen. Fehlende Nachfrage und Devisenrisiken, gepaart mit politischer Instabilität des Landes münden häufig im Chaos. Aktienverkäufe in diesen Ländern oder ein Shorten von Index-Futures drängen sich auf. Alternativ kann auch hier der Kauf von Put-Optionen eine Lösung sein. Im Bereich der Strukturierten Produkte sind vor allem zwei Merkmale interessant und wichtig: Einerseits existieren seit der Finanzkrise entsprechende Wertpapiere mit einer Pfandbesicherung («Collaterized Secured Instruments»), welche den Investor in der Praxis vor einem Ausfall des Emittenten schützt, andererseits garantieren Quanto-Produkte einen wirksamen Schutz vor Währungsrisiken. Damit sind derivative Investmentlösungen so mancher unbesicherten Direktanlage klar überlegen. Strukturierte Produkte können hier ihre Vorzüge als sinnvolle Alternative zur Absicherung von Überraschungen aller Art unter Beweis stellen.

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