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payoff Opinion Leaders

Welche Folgen hat eine Rezession für Anleihen?

09.04.2020 4 Min.
  • Ken Orchard, Co-Portfolio Manager, Diversified Income Bond Strategy

Die Renditen für US-Schatzanleihen könnten sehr bald einen Boden bilden – und die Kreditspreads auf einen Höchststand klettern.

Alles deutet darauf hin, dass die Corona-Pandemie schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft haben wird. Dabei ist eine globale Rezession vermutlich schon im Gange.  Allerdings dürfte dieser Abschwung anders sein als sonst, nämlich stärker – aber kürzer.

Die Anleihemärkte bilden die Talsohle einer Rezession normalerweise relativ zuverlässig nach. So erreichten die Renditen für US-Schatzanleihen während der globalen Finanzkrise 2008 im Dezember einen Tiefpunkt (bzw. die Kreditspreads einen Höchstwert) – also im selben Monat, in dem auch die Konjunktur den stärksten monatlichen Rückgang verzeichnete. Ähnlich verhielt es sich während der Rezession 2001. Damals sanken die Renditen für US-Staatspapiere in den ersten Novembertagen auf ein Tief, nachdem die Wirtschaft im Oktober am stärksten zurückgefallen war.

Die aktuelle Rezession verläuft anders als eine «normale» Konjunkturverlangsamung, in der die höchsten Rückgänge typischerweise in der Endphase des Abschwungs auftreten: Heute liegen die grössten Einbussen vermutlich bereits hinter uns. Im Wesentlichen ist die Reihenfolge umgekehrt. Für die Anleihemärkte bedeutet dies, dass die Renditen für Kernanleihen in den nächsten Wochen einen Tiefpunkt (bzw. die Kreditspreads einen Höchststand) erreichen dürften – oder bereits erreicht haben.

Entscheidend dabei ist auch die Tatsache, dass in zahlreichen Ländern massive Fiskalhilfen auf den Weg gebracht werden, deren Ausmass deutlich höher ist als in der globalen Finanzkrise. So haben von den USA bis Australien fast alle Industrie- und einige Schwellenländer in den letzten Wochen staatliche Konjunkturprogramme auf den Weg gebracht. Zwar wird es Zeit brauchen, bis diese umgesetzt sind und in das Wirtschaftssystem fliessen. Dennoch sollten sie dazu beitragen, die wirtschaftlichen Schäden abzufedern. 

Zusätzliche Stützung erhalten die Märkte durch die Zinssenkungen und die neuen quantitativen Lockerungsprogramme der Notenbanken. Die kombinierten Hilfspakete der Regierungen und Zentralbanken werden im Wesentlichen als «Helikoptergeld» ausgereicht, das direkt in die Privatwirtschaft fliesst. Folglich dürfte die Geldmenge in den kommenden Monaten erheblich steigen.

Während einige Branchen zurzeit massiv unter Druck geraten und viele Unternehmen in die Insolvenz rutschen könnten, werden die privaten Haushalte in den nächsten Monaten möglicherweise deutlich mehr Geld in der Tasche haben, das zunächst voraussichtlich vor allem in Bankeinlagen und Geldfonds fliessen wird. Sobald jedoch das Vertrauen der Anleger wieder steigt, dürften diese unter anderem in Kredit- und Schwellenmarktpapiere umgeschichtet werden.

Besonders attraktiv scheinen in diesem Zusammenhang die Märkte für US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen, wo die Spreads zuletzt beträchtlich gestiegen sind und sich die Zinskurve teilweise umgekehrt hat. Dabei ist wichtig, dass die Marktverwerfungen offenbar oft durch Zwangsverkäufe ausgelöst wurden – und nicht durch eine Verschlechterung der Fundamentaldaten. Zusätzlich verstärkt wurde der Liquiditätsrückgang durch die menschenleeren Handelsparkette, da die Trader ins Homeoffice geschickt wurden. Derweil sorgte die US-Notenbank (Fed) für Unterstützung an den Märkten, indem sie den Aufkauf von Investment-Grade-Unternehmensanleihen bekanntgab.

Aufgrund der extrem niedrigen (oder negativen) Zinsen in den meisten grösseren Ländern dürften die Anleger in den kommenden Wochen und Monaten an den Anleihemärkten nach angemessenen Renditen suchen. Vor diesem Hintergrund dürfte die Nachfrage nach risikoreicheren Assets, beispielsweise an den Anleihemärkten, wieder steigen – auch wenn der Erholungspfad angesichts der angespannten Liquidität und anhaltenden Volatilität noch eine Weile holprig bleiben dürfte.

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