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payoff Opinion Leaders

Wie globale Diversifikation das Bondportfolio aufwertet

08.04.2022 5 Min.
  • Michael Walsh, Multi-Asset Solutions-Stratege

Der von vielen Investoren gepflegte Home Bias bedeutet, dass grundlegende Chancen auf eine Renditesteigerung bei anziehenden Zinsen verpasst werden.

Während der Einmarsch Russlands in der Ukraine die ohnehin schon volatilen Märkte zusätzlich verunsichert hat, dürfte sich an der Entschlossenheit der Zentralbanken, das steigende Inflationsrisiko zu bekämpfen, wenig ändern. Nach einer langen Periode ausserordentlich niedriger Renditen ist die Zinswende Tatsache geworden, höhere Leitsätze sind programmiert. Das stellt Anleiheninvestorinnen und -investoren vor ein uraltes Problem: Wie kann man einem Portfolio Rendite hinzufügen, ohne sich dabei zu sehr dem Zinsänderungsrisiko auszusetzen?

Unter den verschiedenen Alternativen, die wir in den nächsten Monaten vorstellen werden, widmen wir uns nachfolgend dem Home Bias zu respektive der Tatsache, dass eine zu starke Konzentration auf den Heimmarkt an den etablierten Märkten Renditechancen vergeben werden. Das gilt nicht nur in normalen Zeiten oder wenn, wie seit der Finanzkrise 2008, die Zinsen sinken. Eine gezielte globale Ausrichtung versieht das Bondportfolio auch und gerade jetzt, wo die Zinsen weiter steigen dürften, mit zusätzlicher Rendite.

Die Diversifikation macht’s aus

Für die meisten Portfoliomanager an den führenden Märkten gelten Regierungsanleihen des eigenen Landes als Schlüssel der soliden Geldanlage. Sie sind risikoarm, ja sicher, für Kundinnen und Kunden leicht verständlich und tragen kein Währungsrisiko. Wir jedoch meinen, dass eine global stärker gestreute Anlage auch dieser Papiere einen erheblichen Vorteil bieten – nicht zuletzt, weil sie die Diversifikation erhöht.

Aber es gibt noch andere Gründe. Nehmen wir die Renditen für Staatsanleihen in der Eurozone. Sie gehören über weite Strecken zu den niedrigsten der Welt. Die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank bewegen sich seit 2012 bei oder unter null, mit entsprechend extrem dünnen bis negativen Renditen für langlaufende Staatsanleihen.

Niedrigstrenditen belasten Safe-Haven-Funktion

Während des Pandemieausbruchs im ersten Quartal 2020 fielen die Renditen vieler Benchmark-Staatsanleihen nochmals kräftig. Das Spiegelbild dieser Entwicklung waren Preissteigerungen. Die Kurse bestehender Anleihen legten zu und schützten so den Wert des Portfolios in schwieriger Zeit. Allerdings sanken die Renditen bereits sehr niedrig verzinslicher Anleihen deutlich weniger (und stiegen die Preise geringer) als bei Anleihen mit höherem Coupon aus anderen Ländern (vgl. Abbildung 1).  Anders ausgedrückt: Als sicher geltende Staatsanleihen, so in Frankreich, Japan und Deutschland, haben aufgrund ihres Rendite- und Ertragsmankos an Strahlkraft verloren, in Zeiten von gestressten Märkten als „sichere Häfen“ zu fungieren.

Das veranschaulicht, dass der Home Bias nicht nur Vorteile, sondern in diesem Fall Nachteile hat, die mit wieder steigenden Zinsen nicht verschwinden werden. Die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit illustriert auch, dass Anlegerinnen und Anleger selbst in Krisenzeiten nur ungern grosse Mengen an Staatsanleihen mit niedriger oder negativer Rendite kaufen. Und sie zeigt, in Ergänzung zum Heimmarkt, warum höher rentierende Staatsanleihen mit höherer Rendite in Zeiten von Marktturbulenzen als nützlicher „Schockabsorber“ fungieren können, trotz Währungsrisiken, die höher rentierenden Papieren in der Regel innewohnen.

Ausgehend von der anziehenden Inflation und verstärkt durch den Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine hat sich seit Anfang 2022 die Stimmung an den Anlagemärkten verschlechtert.  Sowohl Aktien als auch Obligationen haben an Wert verloren – genau zum falschen Zeitpunkt für Investoren, die eine Diversifizierung unter den Anlageklassen für ihr Portfolio anstreben.

Inflationsgebundene Staatsanleihen im Fokus

Ausgenommen inflationsgebundene Anleihen. Sie haben sich im volatilen Umfeld nicht erst in den letzten Monaten, sondern schon seit rund einem Jahr sowohl auf absoluter Basis als auch im Vergleich zu festverzinslichen Staatsanleihen positiv entwickelt (vgl. Abbildung 2). Mit Blick darauf, dass der Inflationsdruck zumindest kurzfristig eher noch steigen als nachlassen wird, sind sie für risikoarmen Investments weiterhin erste Wahl. Und weil die Inflation immer mehr zu einem globalen Thema wird, lohnt sich auch in diesem Fall ein Blick über die Landesgrenzen hinweg: Grossbritannien, die USA, Japan, Kanada und Schweden sind alles grössere Emittenten von inflationsgebundenen Staatsanleihen.

Unterschiedliches Tempo in der Geldpolitik

Aus Portfoliosicht besteht allgemein die Möglichkeit, von der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Geldpolitik zu profitieren. Zinsänderungen in Ländern oder Regionen, in denen die geldpolitische Straffung bereits fortgeschritten ist, hinterlassen weniger Schaden als an Märkten, wo die Zinswende erst noch bevorsteht. So sehen wir Chancen in ausgewählten Schwellenländern. Sie sind im monetären Zyklus den USA, der Eurozone oder Grossbritannien deutlich voraus.

Chinas Lokalwährungsschulden sind unter diesem Licht ein Beispiel. Um das wirtschaftliche Wachstum zu unterstützen, sind von der Bank of China eher weitere Lockerungsschritte als restriktive Massnahmen zu erwartet. Das eröffnet diesen Papieren potenzielle Preissteigerungen. Hinzu kommt, dass chinesischen Anleihen von der Aufnahme in wichtige globale Bondindices profitieren.

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