Wie Impact Investing helfen kann, ESG-Skepsis zu überwinden
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Hari Balkrishna
Portfolio Manager
T. Rowe Price
Durch Messung und Engagement lassen sich ESG-Differenzen beseitigen.
Auf den Punkt gebracht
- Greenwashing, Performance-Probleme und die Polarisierung und Politisierung des Bereichs Umwelt, Soziales und Governance (ESG) haben in der Branche zu Differenzen geführt. Wir sind überzeugt, dass Impact Investing dazu beitragen kann, einige dieser Probleme zu lösen.
- Impact Investing stellt naturgemäß hohe Anforderungen an die Qualifikation und verringert dadurch aus unserer Sicht das Risiko von Greenwashing. Wir sind zudem der Ansicht, dass Impact Investments bessere Geschäftsmodelle und damit bessere langfristige Aussichten bieten.
- Das Spektrum der Möglichkeiten für eine Anlage in Unternehmen, die eine positive ökologische oder soziale Wirkung erzielen, ist an den Aktienmärkten größer als je zuvor.
Die Gestaltung und Umsetzung von Richtlinien für den Bereich Umwelt, Soziales und Governance (ESG) ist im letzten Jahrzehnt immer stärker in den Fokus gerückt. Doch seit zwei Jahren sind in der Branche einige Differenzen im Hinblick auf ESG deutlich geworden. Das gemeinsame Ziel, die ESG-Standards in Bezug auf das Unternehmensverhalten, das Research zu Wertpapieren und die Berichterstattung zu verbessern, hat sich als schwierig herausgestellt. Impact Investing ist zwar nicht die einzige Lösung, kann aber aus unserer Sicht dazu beitragen, einige dieser Probleme zu lösen.
Bekämpfung von Greenwashing
Einer der wesentlichen negativen Aspekte, die zu kontroversen Debatten geführt haben, ist das Greenwashing – die falsche oder übertriebene Darstellung von ESG-Prinzipien oder -Ergebnissen. Es steht außer Frage, dass es einige Unternehmen und Vermögensverwalter versäumt haben, ihre Prozesse für ESG-Anlagen mit angemessenen Kontrollen auszustatten. Einige Finanzdienstleister haben ihre Produkte fälschlicherweise als ESG-Produkte gekennzeichnet, ohne den dafür erforderlichen Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht zu werden. Bei dieser Debatte sollten wir jedoch die entscheidenden Ziele eindeutiger und wesentlicher ESG-Richtlinien nicht aus den Augen verlieren. Das Verständnis der ESG-Faktoren innerhalb eines Portfolios ergänzt ein gutes Research und weitet das Risikomanagement auf sehr reale ESG-Risiken aus, die sich auf die künftigen finanziellen Renditen auswirken werden. Dies stellt einen Fortschritt dar und bestätigt die Tatsache, dass die Corporate Governance und die Steuerung der Unternehmensrisiken für die finanziellen Renditen schon immer von Bedeutung waren.
Die weite Verbreitung von ESG-Labels hat zu offensichtlicher Besorgnis über Greenwashing geführt. Daher werden die Bestimmungen für ESG-Produkte derzeit verschärft. Klarere Standards und Nachweise für ihre Anwendung werden künftig erheblichen Einfluss auf die ESG-Prozesse und die Kennzeichnung mit ESG-Labels haben. Wir rechnen mit strengeren Offenlegungsstandards, einer Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen und einer zukunftsgerichteten Perspektive aller Anspruchsgruppen in Bezug auf die Umsetzung von ESG.
Polarisierung, ESG-Differenzen und Performance-Probleme
ESG hat inzwischen Einzug in die politische Debatte gehalten. Dabei ist eine Polarisierung der Perspektiven zu verzeichnen, insbesondere in den USA, wo gerade der nächste Zyklus der Präsidentschaftswahlen beginnt. Dies geht einher mit erheblichen Bedenken hinsichtlich der Folgen von ESG-Anlagen für die finanziellen Renditen in einigen Quartalen. Dabei wird insbesondere debattiert, ob Anlagen mit einem Schwerpunkt auf ESG tatsächlich zu besseren Finanzergebnissen führen können. Dies wurde besonders deutlich, als der Einmarsch Russlands in die Ukraine die Kurse von Energie- und Rohstoffaktien in die Höhe trieb und für viele ESG-orientierte Anlageansätze mit geringer Gewichtung des Rohstoffsektors eine Phase deutlicher Underperformance zur Folge hatte.
Das spezielle Marktumfeld des Jahres 2022 führte für ESG-Strategien in einigen Quartalen zu Rückschlägen, da der bewaffnete Konflikt auf europäischem Boden einige Befürworter der Energiewende veranlasste, einen Schritt zurückzutreten. Der Ausbruch des Krieges hat neue Spannungen auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene ausgelöst – der Fokus vieler Regierungen hat sich dabei vorübergehend von der Energiewende auf die Energiesicherheit verlagert. Das gehäufte Auftreten von Extremereignissen im Jahr 2022 hat zweifellos einige Anleger veranlasst, über die Strategie für ihre Kapitalallokation nachzudenken. Die entscheidende Frage lautet, ob diese Entwicklung vorübergehender oder dauerhafter Natur ist.
Impact Investing—Messung und Rechenschaftspflicht
Bei der Überlegung, ob Impact Investing wirksam zur Bewältigung der genannten Spannungen beitragen kann, ist es wichtig, zwischen den Funktionen von ESG-Integration und Impact Investing zu unterscheiden. Bei T. Rowe Price umfasst die ESG-Integration die Berücksichtigung von ESG-Faktoren bei unserer umfassenden Anlageanalyse , bei der Ermittlung von Anlagechancen und der Steuerung von Anlagerisiken. Dabei verfolgen wir keinen ausschließenden, sondern einen einschließenden Ansatz , dessen Umsetzung qualitative und quantitative Erkenntnisse erfordert.
Entsprechend eindeutig ist auch unsere Definition von Impact Investing. Impact Investing zielt darauf ab, neben einer finanziellen Rendite auch positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft zu erreichen. Im Zentrum steht dabei die Ermittlung von Unternehmen, die unseres Erachtens in der Lage sind, künftig sowohl eine positive Wirkung als auch finanzielle Erträge zu erzielen. Ausgeschlossen werden hingegen Unternehmen, die Schaden anrichten oder keine wesentliche positive Wirkung auf die Umwelt oder die Gesellschaft haben. Von Natur aus stellt Impact Investing hohe Anforderungen an die Qualifikation und die Offenlegung von Anlagekandidaten, wodurch sich das Greenwashing-Risiko unserer Meinung nach verringert. Impact Investing bietet auch eine direkte Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und die mit der Ergebnismessung verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, da sich Impact-Anleger in der Regel verstärkt um Messbarkeit und Engagement bemühen.
Impact Investing und ESG-Differenzen
Neben der Beurteilung finanzieller Ziele messen Impact-Anleger die erzielten Ergebnisse und Fortschritte auch anhand von wirkungsorientierten Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs). Diese KPIs werden aufgezeichnet, dokumentiert und im Hinblick auf den im Zeitablauf erzielten Fortschritt gemessen. Auf diese Weise bieten sie eine klare These zu den positiven Auswirkungen und den finanziellen Renditen mit dem Ziel, die Transparenz der Berichterstattung über die Anlageargumente innerhalb des Doppelmandats zu verbessern. Im Gegensatz dazu ist die ESG-Integration Bestandteil der Wertpapieranalyse und trägt dazu bei, die Risiken der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Governance zu bewerten. Einfach ausgedrückt: Impact Investing konzentriert sich auf die externen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf gesellschaftliche und ökologische Aspekte. ESG richtet den Fokus vor allem auf die internen Abläufe des Unternehmens.
Da die Anleger ihre ESG-Strategien und deren Umsetzung vor dem Hintergrund der Spannungen innerhalb des Sektors bewerten, sind wir überzeugt, dass Impact Investing die Analyse- und Berichtsstandards der Branche erheblich voranbringen wird. Dies dürfte letztlich dazu beitragen, dass die Anleger stärker auf eine bestimmungsgemäße Allokation ihres Kapitals vertrauen.
Auch mit Blick auf die finanzielle Rendite sind wir von den Geschäftsmodellen und den langfristigen Wachstumsaussichten der von uns gehaltenen Aktien überzeugt. Angesichts der Bedeutung, die der Nachweis von Wirkungsprozessen hat, stellt sich möglicherweise die Frage, ob Impact Investing mit einem Verzicht auf potenzielle Renditen verbunden ist. Daher streben wir Investments in Unternehmen an, die unserer Einschätzung nach neben einer positiven Wirkung langfristig steigende finanzielle Renditen erzielen. Oft resultieren die Renditen sogar aus dieser positiven Wirkung und der damit verbundenen Nachfrage nach den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens. Nachhaltigkeit und Wachstum der finanziellen Renditen, Qualitätsunternehmen und Branchenwachstum bilden eine solide Grundlage, um Impact Investing als Anlagestil mit dem Ziel wettbewerbsfähiger Renditen zu fördern.
Das Chancenspektrum für Impact- Anleger begeistert uns nach wie vor
Die Spannungen und Differenzen, die sich innerhalb der Branche entwickelt haben, stellen die Entschlossenheit der Anleger und der ESG-Community gleichermaßen auf die Probe. Doch die nachweisliche Leistungsfähigkeit von Impact Investing in Bezug auf Ausrichtung, Messung und Engagement trägt dazu bei, einige dieser Bedenken auszuräumen. Impact Investing ist dazu in der Lage, Investments auf soziale und ökologische Ziele auszurichten und an diesen Zielen zu messen. Dieser greifbare Vorteil ist ein klares Unterscheidungsmerkmal.
Unseres Erachtens ist das Spektrum der Möglichkeiten für eine Anlage in Unternehmen, die eine positive ökologische oder soziale Wirkung erzielen, an den Aktienmärkten größer als je zuvor. Wir beobachten, dass Unternehmen ihre Investitionen zunehmend auf die Bewältigung ökologischer und sozialer Herausforderungen ausrichten. Sich auf der richtigen Seite dieses gesellschaftlichen und ökologischen Wandels zu positionieren schafft für Anleger eine echte Chance, Aktien mit einem positiven Wirkungsprofil auszuwählen – und damit auch zusätzliche Renditepotenziale zu nutzen. Dabei wird es darauf ankommen, die Gewinner zu finden, die eine Vorreiterrolle einnehmen, und das Kapital in Unternehmen zu investieren, die Lösungen für die gewaltigen Herausforderungen unserer Zeit beschleunigen.