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payoff Opinion Leaders

Wie innovative Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung erzielen können

26.07.2019 6 Min.
  • David Eiswert, Portfolio Manager Global Focused Growth Equity Strategy

Wir leben in einer Welt des schnellen Wandels. Disruption ist allgegenwärtig, beschleunigt durch niedrige Zinssätze und lockere Kreditbedingungen. Häufig entfaltet sich eine «Winner Takes It All»-Dynamik, bei der die «Early Mover» den Löwenanteil des Gewinns vereinnahmen. Dies kann explosionsartig passieren, insbesondere wenn Innovation mit überschwänglicher Verbrauchernachfrage kombiniert wird, um den Weg für Blockbuster-Produkte zu ebnen, die bestehende Märkte transformieren.

Inzwischen hat sich die benötigte Zeit für die Entwicklung neuer Ideen bis zu einem etablierten Geschäftsmodell stark verringert, was es den bereits bestehenden Unternehmen erschwert, zu reagieren. Für Anleger ist es daher unerlässlich, die ökonomischen Auswirkungen dieser Veränderungen zu verstehen.

Innovation und natürliche Monopole bewirken unterschiedliche Ergebnisse

Die Dynamik der Disruption führt zu unterschiedlichen Ergebnissen in einer Vielzahl von Branchen und geht auf Kosten vieler etablierter Wettbewerber. Dazu gehören der schleppende stationäre Einzelhandel, traditionelle Medienunternehmen, die auf sinkende Nutzer und rückläufige Werbeeinnahmen angewiesen sind, sowie Konsumgüterunternehmen, deren Produkte langjährige Markenmonopolvorteile verlieren.

Selbst einfache Produkte wie Zahnpasta haben Anpassungsprobleme. Die traditionellen Anbieter dieser Waren haben gelitten, da sich ihr Vermarktungsmodell grundlegend gewandelt hat. Während der E-Commerce über unendliche Regalflächen verfügt, haben traditionelle Vertriebsmethoden einen geringeren Spielraum in den Verkaufsregalen der Supermärkte. Auch die Werbe- und Kundenbindungsmuster haben sich verändert: Etablierte Fernseh- und Printwerbetechniken verlieren durch moderne Werbeaktivitäten auf Instagram oder YouTube an Bedeutung.

Zwischenzeitlich macht es die Innovation in den Bereichen Streaming und Home Entertainment für On-Demand-Dienste möglich, traditionelle Kabel-TV-Unternehmen sowohl bei der Bereitstellung als auch bei der Produktion von Unterhaltungsinhalten herauszufordern. Webbasierte Sendeanstalten haben eine globale Dimension erreicht und einen beispiellosen Zugang zu den Analysen des Zuschauerverhaltens erhalten, um die Bedürfnisse ihres Publikums zu identifizieren. Hingegen haben traditionelle Kabelanbieter und Content-Produzenten gelitten, die für einen Grossteil ihrer Einnahmen auf gebündelte Kanäle angewiesen sind.

All dies wurde noch verschärft durch die zur Verfügung stehende Liquidität und übermässigen Krediten in dieser von niedrigem Wachstum und niedrigen Zinssätzen geprägten Welt. Investoren haben sich diese Kredite beschafft und so auf der Suche nach Rendite noch mehr Geld in diese disruptiven und innovativen Unternehmen gesteckt. 

Erhebliche regionale Unterschiede

Auch regionale Faktoren spielen eine Rolle. Politische Aspekte, monetäre Bedingungen und Branchendynamik haben dazu beigetragen, viele Gewinner der technologischen Revolution in den Vereinigten Staaten und China zu konzentrieren – auf Kosten der „Langsamen“ in Regionen wie Europa. Warum ist diese Diskrepanz entstanden? Weil viele Innovationen dazu führten, First Mover zu bevorzugen, die Wettbewerbsvorteile schaffen, Monopole bilden, sowie eine globale Reichweite und eine bedeutende wirtschaftliche Macht erreichen. 

Viele zukunftsweisende Innovationen sind in bestimmten Gebieten der USA und Chinas angesiedelt. Silicon Valley (und Seattle) trugen dazu bei, über USD 4.000 Mrd. Marktkapitalisierung in nur fünf Technologie-/Plattformunternehmen – Microsoft, Amazon, Apple, Alphabet und Facebook – zu konzentrieren. Dieses unglaubliche Wachstum wurde durch die globale Reichweite der Unternehmen und deren Investition in Innovation erreicht. 

Auch China hat von diesem Phänomen enorm profitiert, angeführt von einheimischen Champion-Disruptoren. Die Entscheidung des Reichs der Mitte, ausländische Webplattformen auszuschliessen(Google wurde 2010 in China blockiert), hat das Wachstum der lokalen Disruptoren gefördert.

Aber diese Internet-Champions haben auch die Gelegenheit ergriffen, den evolutionären Weg einiger ihrer amerikanischen Pendants zu verlassen, indem sie die besten Errungenschaften der technologischen Revolution übernommen und auf neue Ebenen gebracht haben. Alibaba, der erfolgreichste Anbieter in China, ist zu einem Zusammenschluss vieler wichtiger webbasierter Innovationen geworden. Es ist im Grunde genommen PayPal, Amazon, Amazon AWS, Facebook, YouTube, Instagram und Google in einem Unternehmen. Diese Abdeckung gibt Alibaba aussergewöhnliche Einblicke in seine Kundenbasis – und hat es dem Unternehmen ermöglicht, Einnahmen zu erzielen, und zwar von einem Nutzerkreis, der sich wiederum für die von ihm angebotenen Dienste und Dienstleistungen begeistert.

Europa hingegen sah sich mit fragmentarischer Politikgestaltung, offener Regulierung des Internets, dem Fehlen von Private Equity-Finanzierungen und einem Mangel an inländischer Innovation konfrontiert. Dies hat dazu geführt, dass es bei den inländischen Technologieführern blieb, was durch das aktuelle Gewicht Europas im Marktsegment «disruptive Technologie» deutlich wird, das rund 5% des MSCI Europe Index ausmacht. Im Vergleich dazu liegt der Anteil Chinas am Index bei fast 40%, bei den USA sind es rund 33%. 

Selbstverständlich ist Europa für diejenigen, die Finanzwerte (18%), Grundnahrungsmittel (15%), Gesundheitswesen (13%) oder Rohstoffe (16%) suchen, im Überfluss exponiert. Viele der inländischen Champions in diesen Sektoren wurden jedoch durch das geringe Wachstum, die niedrige Preissetzungsmacht und die Ära der Post-Industrialisierung in China herausgefordert. Während sich die Politik auf fiskalische und monetäre Impulse konzentriert hat, um Wachstums- und Inflationskatalysatoren zu schaffen, hat der schnelle technologische Wandel das hervorgebracht, was wir «deflationären Fortschritt» nennen. Die Erschliessung von Kapazitäten in allen Bereichen – von der Öl- und Gasversorgung über Finanzdienstleistungen bis hin zu Elektrofahrzeugen – hat dazu geführt, dass sich der Inflationsdruck abschwächte. Gleichzeitig haben die erhöhten Kapazitäten zu einer Stagnation oder Senkung der Preise für Waren oder Dienstleistungen und zu Marktanteilsverlusten für Grossunternehmenim Zuge des Branchenwandels geführt.

Value-Aktien sind oft auf der falschen Seite des Wandels

Value-Aktien haben sich in den letzten zehn Jahren im Vergleich zu Wachstumstiteln schlecht entwickelt. Deutet dies darauf hin, dass nun die Zeit für Substanzwerte gekommen ist oder sind andere Kräfte im Spiel? Wir glauben, dass viele Wachstumswerte im Vergleich zu den breiteren Markt- und historischen Niveaus angemessen bewertet bleiben. Es geht darum, den vielschichtigen Einfluss des schnellen technologischen Wandels auf das längerfristige Potenzial von Unternehmen zu identifizieren.

Das Verständnis für die Faktoren, die den Wandel vorantreiben, die Identifizierung der Gewinner und Verlierer, das Erkennen, wann umfangreiche Positionen einzunehmen sind, sowie das Bestimmen, wann die Risiken die potenziellen Vorteile überwiegen, sind komplexe Herausforderungen. Auf der richtigen Seite des Wandels zu stehen, ist wichtiger denn je, insbesondere angesichts der Ergebnisdivergenz zwischen Gewinnern und Verlierern.

Disruption kennt keinen Respekt vor Grenzen, daher ist es am besten, eine globale Perspektive zu haben. Auf Bewertungen basierende Einstiegspunkte sind wichtig, daher benötigen Investoren ein gewisses Massan Mut, ihre besten Ideen auch in volatilen Märkten umzusetzen. Manchmal sind schwierige Entscheidungen erforderlich, aber genau hier kommen Kompetenz, Erfahrung und ein umfassendes Verständnis für die künftigen Renditechancen ins Spiel.

 

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