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Wie sich die Coronakrise auf die Anleihenmärkte auswirken könnte

26.02.2020 4 Min.
  • Ken Orchard, Co-Portfolio Manager, Diversified Income Bond Strategy

Der Ausbruch des Coronavirus (COVID-19) hat die Finanzmarktprognosen für 2020 von Grund auf verändert. Ken Orchard, Portfolio Manager Diversified Income Bond und International Bond Strategie bei T. Rowe Price skizziert drei zentrale Szenarien für die Anleihemärkte.

1. Grosse Zentralbanken werden eher nicht mit kurzfristigen Zinssenkungen reagieren

Obwohl kaum Zweifel besteht, dass das globale Wachstum durch die Corona-Epidemie beeinträchtigt wird, bleibt ungewiss, wie lange und wie schwerwiegend die Folgen sein werden. Es wird einige Zeit dauern, die Daten durchzuarbeiten, so dass die tatsächlichen Implikationen möglicherweise erst in einiger Zeit bekannt sind. Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass die wichtigsten Zentralbanken eine abwartende Haltung einnehmen – und gleichzeitig genau beobachten werden, wie die chinesischen Behörden reagieren.

Bislang hat sich Chinas Politik auf das Krisenmanagement konzentriert. Doch mittelfristig könnte es zu einer Welle von neuen Massnahmen zur Unterstützung des Wachstums kommen – in Form von zusätzlichen Zinssenkungen, Krediten zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen oder sogar mit gezielten Steueranreizen in Bereichen wie der Infrastruktur erfolgen.

Mit Blick auf die globalen Anleihemärkte hat der Ausbruch des Virus die Märkte dazu veranlasst, Notzinssenkungen statt einer möglichen Reflation einzupreisen. Dies hat die Renditen stark nach unten gedrückt, wobei das kürzere Ende der US-Zinskurve nun die Erwartung widerspiegelt, dass die US-Notenbank die Zinsen bis September senken wird.

Gleichwohl ist es zu früh, dass die Märkte schon jetzt eine Zinssenkung seitens der führenden Zentralbanken in diesem Jahr erwarten lassen. Die Inversion der Zinskurven in den USA und Deutschland macht das Halten von Staatsanleihen in diesen Kernmärkten derzeit zu einem teuren Wertversprechen.

2. Lokale asiatische Anleihen könnten sich besser entwickeln, während die Währungen der Region dem Risiko weiterer Abwertungen ausgesetzt sind

Die Auswirkungen der erwarteten Wachstumsverlangsamung in China werden in ganz Asien zu spüren sein. Um die negativen Folgen abzufedern, dürften mehrere Zentralbanken in der Region ihre Geldpolitik lockern und dem Markt Liquidität zur Verfügung stellen. Da die Inflation in den umliegenden asiatischen Ländern weitgehend gedämpft ist, besteht für die Zentralbanken Spielraum, um Schritte zur Unterstützung des Wachstums zu ergreifen. In Thailand und Indonesien wurden die Zinssätze bereits gesenkt. Weitere dürften in den kommenden Monaten in dieser Region folgen. Zum Beispiel Südkorea und Malaysia, deren Volkswirtschaften über Handel und Tourismus mit China verbunden sind. Die Kombination aus einer verhaltenen Inflation und der Wahrscheinlichkeit künftiger Zinssenkungen wirkt sich vorteilhaft auf Anleihen in Landeswährung aus und dürfte die Outperformance in dieser Region vorantreiben.

Abgesehen von Zinssenkungen könnten einige Länder auch mit fiskalischen Stimulierungen aufwarten. Singapur etwa hat kürzlich ein Massnahmenpaket mit einem Volumen von 4,5 Milliarden Dollar angekündigt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus zu bewältigen. Weitere Länder könnten folgen, darunter Südkorea und Malaysia. Trotz dieser Initiativen sind die Währungen der Region von einer weiteren Abwertung bedroht. Dazu gehört auch der japanische Yen, der traditionell als sicherer Hafen gedient hat, aber in letzter Zeit wegen der Nähe Japans zum Epizentrum des Virus unter Druck geraten ist.

3. Unterschiedliche Auswirkungen innerhalb des Universums der Unternehmensanleihen

Die Folgen des Coronavirus werden von Branche zu Branche unterschiedlich sein. Anfällig ist vor allem der Automobilsektor, da die Schliessung von Fabriken in China die Lieferketten unterbrechen wird – insbesondere für Unternehmen, die Teile in der Provinz Hubei produzieren lassen. Unterdessen dürften die Effekte auf Technologieunternehmen je nach ihren Lieferketten unterschiedlich sein. Für Rohstoffunternehmen bedeutet der starke Preisrückgang in Erwartung eines sich verlangsamenden globalen Wachstums einen erheblichen Gegenwind. Rohstoffunternehmen wurden hart getroffen, aber wenn der Virus eingedämmt ist, könnte es einige attraktive Möglichkeiten geben, was auch für chinesische Immobilienentwicklungsunternehmen der Fall ist.

Grundsätzlich erscheint der asiatische Hochzinssektor viel versprechend für Investoren, die bereit sind, über die kurzfristige Volatilität hinauszuschauen: Die Zinskurven sind steil und die Bewertungen im Vergleich zu asiatischen Investment-Grade-Anleihen und anderen Segmenten des Hochzinsmarkts, einschliesslich der Schwellenländer, attraktiv. Der Kauf einzelner Positionen bedarf jedoch eines intensiven Bottom-up-Researchs.

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