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payoff Interviews

«Wir helfen beispielsweise durch Futurisation.»

21.02.2018 6 Min.
  • Martin Raab

Markus-Alexander Flesch, Global Head Sales Equity & Index Derivatives bei EUREX Zürich, über neue Herausforderungen für Marktteilnehmer, tiefe Volas, Crypto-Währungen und Projekte für das Börsenjahr 2018.

Wie lässt sich das Börsenjahr 2017 aus der Sicht der Eurex zusammenfassen?
Das Börsenjahr 2017 war für Marktteilnehmer und uns selbst herausfordernd. Es gab viele Veränderungen – geopolitisch wie regulatorisch – und unsere Innovationskraft war gefragt. Wir haben eine ganze Reihe neuer Produkte auf den Markt gebracht und sehen dem neuen Jahr mit Selbstvertrauen und Zuversicht entgegen. MiFID II und FinFRAG treten in Kraft und werden das Marktgleichgewicht verändern. Vor allem FinFRAG stellt die Schweizer Eurex-Mitglieder vor Herausforderungen bislang nicht gekannten Ausmasses: Viele Schweizer Banken bewegen sich im Spannungsfeld der unterschiedlichen Reportinganforderungen, während sie parallel gestiegene Kosten bei zurückgehenden Derivateumsätzen managen müssen.

Wie unterstützt die Eurex dort?
Wir helfen beispielsweise im Risikomanagement durch «Futurisation», sprich der Replikation und Transformation reiner OTC-Produkte in ein gelistetes und börsengehandeltes Derivat. Dass diese Strategie erfolgreich ist, haben vor allem unsere Total Return Futures gezeigt.

Welche Marktentwicklung hat Sie am meisten überrascht?
Ganz klar die Geschwindigkeit, mit der die Märkte nach wichtigen politischen Ereignissen wie den Wahlen in Frankreich und Deutschland wieder in einen Modus mit geringen Volatilitäten geschaltet haben. Dennoch hat vor allem die europäische Volatiltätsbenchmark VSTOXX markant an Volumen zugelegt. Für uns schlug sich das in einem weiteren sehr erfreulichen Anstieg nieder: Unsere Futures legten um 45% auf zwölf Millionen Kontrakte zu, bei VSTOXX Options waren es sogar 65% auf knapp zehn Millionen.

Wie stark bremsen die sehr tiefen Volatilitäten das Geschäft der Terminbörse?
Volatilitäten sind das Schmiermittel einer Derivatebörse und nur durch eine höhere Schwankungsbreite, sind Marktteilnehmer in der Lage und willens, Positionen aufzubauen und zu bewirtschaften. Dies gilt natürlich nicht nur für die Eurex, sondern für alle Marktteilnehmer im Strukturierten Markt, die unsere Märkte zum «Risk Recycling» benutzen. Wir lancieren daher Derivateprodukte, die unseren Marktteilnehmern losgelöst von einem nicht beeinfl ussbaren Marktparameter wie Volatilität Zusatznutzen bringen. Ein Beispiel dafür sind die bereits erwähnten Total Return Futures auf den EuroStoxx50®. Sie wurden in Zusammenhang mit den verschärften Eigenkapitalrichtlinien für die Banken kreiert und entsprechen in der Zwischenzeit etwa 30% Marktanteil des vorherigen OTC-Volumens.

Was bekommen Sie von Ihren Kun-den derzeit an Trends, Wünschen und Themen mit?
Neben der Hoffnung, dass MiFID II und FinfraG die beabsichtigten positiven Konsequenzen im Sinne des Anlegerschutzes nach sich ziehen, wünschen sich alle Teilnehmer liquide und transparente Märkte zu einem günstigen Preis. Diesem Wunsch folgend verbessern wir kontinuierlich unser Marktmodell – auch, um dem technologischen Fortschritt zu folgen, ohne bewusst Marktgleichgewichte zu verändern. Im Sommer haben wir nach einer intensiven Marktkonsultation unser Market Making-Modell adjustiert, um dem Wunsch nach mehr Liquidität in weniger liquiden Underlyings nachzukommen und gleichzeitig mehr Performance der aktiven und verlässlichen Market Maker zu honorieren.

Wie steht die Eurex zu Crypto-Währungen?
Crypto-Währungen sind eine interessante Assetklasse und damit auch für uns ein Thema. Derzeit schauen wir uns verschiedene Ansätze, die andere Mitbewerber schon gewählt und umgesetzt haben, an und konsultieren den Markt, da wir immer offen sind für Kundenanregungen. Die Eurex war schon immer Pionier in der technologischen Innovation. Dies ist und bleibt unser Schlüssel des Erfolgs, der zurückgeht bis auf die Begründung der DTB im Jahre 1990. Bei Crypto-Currencies darf man aller Euphorie zum Trotz jedoch nicht vergessen, dass der zugrunde liegende Spotmarkt immer noch extrem fragmentiert und unreguliert ist.

Welche Finanzprodukte waren bis dato in 2017 am stärksten nachgefragt?
Spitzenreiter waren die EuroStoxx50 Indexderivate, sowohl der Future als auch die Option. Mit knapp 600 Millionen Kontrakten waren das europäische Benchmarkprodukt damit ein weiteres Jahr federführend. Auch Bund- und Bobl-Future haben sich gut entwickelt und konnten mit rund 300 Millionen Kontrakten vor allem im um 10% gestiegenen Open In-terest zulegen, was angesichts einer fast unveränderten EZB-Politik erstaunt.

… was macht der MiniDax?
… der macht Freude, da er im November eine längere Konsolidierungsphase end-lich überwinden konnte. Das zeigt sich in einem täglichen Durchschnittsvolumen von über 50’000 Kontrakten, was einer Verdoppelung gegenüber letztem Jahr entspricht. Erfreulich ist hierbei nicht nur die signifikante Volumensteigerung, sondern vor allem die qualitative positive Veränderung, die sich dadurch zeigt, dass der Minidax so eng, liquide und transparent gepreist ist wie der grosse Bruder. Und endlich hat sich auch die Kundenzusammensetzung verändert. Mehr und mehr Endkunden steigen neu in das Produkt ein und erachten es als sinnvolle Alternative mit zusätzlicher Preisgranularität.

«Neben weiteren innovativen Entwicklungen im Equity Indexbereich werden wir den Service im Tradingbereich erweitern.»

Was sind bei Ihnen Themen und Projekte für 2018?
Wir konzentrieren uns weiterhin auf den Pfad der Futurisation. Nach der Implementierung des MiFID II Regimes werden sowohl unsere direkten Bankkunden als auch deren direkte Kunden im Wealth- und Assetmanagementbereich wieder neue sinnvolle Derivatprodukte unterstützen wollen. Diese neuen Produkte, die wir in Zusammenarbeit mit allen Marktteilnehmern enttwickeln, werden ihnen das Leben sowohl auf der Trading-seite als auch operationell erleichtern, verbinden sie doch den Vorteil eines liquiden transparenten Orderbuches mit der Margineffizienz, die unser PRISMA Risikomanagement liefert. Beispielhafte Neuentwicklungen wie unser Corporate Bond Future unterstützen unsere Kunden und helfen ihnen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Neben weiteren innovativen Entwicklungen im Equity Indexbereich wie einem Future auf einen investable Hedge Fund Composite Index werden wir vor allem das Serviceangebot im Tradingbereich erweitern. Ein gutes jüngstes Beispiel hierfür stellt sich unsere Neuentwicklung «Eurex EnLight» – eine selektiven RFQ Platform im Fixed Income Bereich, denn sie hilft Kunden, unter MIFID II ihre Best Execution-Anforderungen zu erfüllen.

Herzlichen Dank!

 

VITA

Markus-Alexander Flesch wurde zu Beginn des Jahres 2016 zum Global Head Sales Equity und Equity Index Derivatives der Eurex ernannt. Vor dieser neuen globalen Funktion leitete er das Offi ce der Eurex Zürich AG und übernahm für viele Jahre als Executive Direktor die Betreuung aller Buy- und Sell-Side Kunden. Zusätzlich verant-wortete er die Sales- und Marketing-aufgaben für die Länder Schweiz, Italien, Zypern, Türkei und Israel. Neben den reinen Vertriebsaufgaben übernahm er zusätzlich über mehrere Jahre die Leitung des Auf- und Ausbaus des für die Eurex so wichtigen VSTOXX Portfolios. Vor seinem Engagement bei der Deutschen Börse war Markus-Alexander Flesch für zehn Jahre als Senior Equity und Fixed Income Derivate-händler bei der Citibank Frankfurt und Zürich in leitender Funktion. Er schloss das Wirtschaftsstudium mit einem Master Degree ab.

 

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