Ein sinnloser Kampf
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Campbell Fleming, Global Head of Distribution
Immer wieder werden aktive und passive Anlagen gegeneinander ausgespielt. Doch nun müssen die beiden Anlageformen, nebeneinander zu existieren.
Für passive Investmentfonds, die einen breiten Marktindex wie den FTSE 100 abbilden, war es gelinde gesagt ein gutes Jahr. Das ging in erster Linie zu Lasten ihrer aktiven Pendants, deren Strategie darin besteht, unterbewertete Anlagen zu finden. Die Umschichtungen von Letzteren zu Ersteren beliefen sich im bisherigen Jahresverlauf auf ein Volumen von fast 500 Milliarden US-Dollar. Der Trend setzt sich somit fort, bei dem in den letzten Jahren gigantische Mittelflüsse von aktiven in passive Strategien und in den letzten 30 Jahren ein allmähliches Wachstum der passiven Anlagestrategien zu beobachten waren.
Falsche Vorhersagen
Die darauf folgenden Prognosen, die einen sich abzeichnenden Niedergang aktiv verwalteter Anlagen vorhersagten, sind aber falsch: Schliesslich geht PWC bis Ende 2020 von einem Zuwachs bei aktiv gemanagten Anlagen um 26,7 Prozent auf 74 Billionen US-Dollar aus. Allerdings müssen aktive und passive Manager lernen, nebeneinander zu leben.
Die unangenehme Wahrheit für einige aktive Manager ist, dass es einen guten Grund dafür gibt, warum sie Marktanteile an passive Manager verloren haben. Es gibt immer noch viel zu viele Manager, die zwar behaupten, einen aktiven Ansatz zu verfolgen, sich in Wirklichkeit aber an einer Benchmark orientieren. Durch einen Blick auf den aktiv verwalteten Anteil können die Anleger beurteilen, ob ein Manager tatsächlich eine aktive Strategie verfolgt. Dadurch ergibt sich aber ein unvollständiges Bild.
Ebenso können aktive Manager nicht garantieren, dass sie eine Outperformance gegenüber dem Index erzielen. Diese Wahrheit ist für einige sicherlich unbequem, besonders wenn es um die Gebührenberechnung geht. Die für ein aktives Management im Allgemeinen höheren Gebühren haben beträchtliche Auswirkungen auf die Erträge.
Vorteile in ineffizienten Märkte
Das heisst aber nicht, dass die Patentlösung «passives Management» heisst. Durch den enormen Umfang verfügbarer Informationen, das Tempo und die Volumina der Transaktionen und die Tiefe der Analysen sind einige Märkte heute sehr viel effizienter als früher. In einigen dieser Märkte finden aktive Manager nicht mehr so viele Ineffizienzen wie in der Vergangenheit vor und haben Verluste hinnehmen müssen. Dennoch gibt es höchst ineffiziente Märkte wie beispielsweise die Schwellenländer, in denen sich ein aktiver Ansatz als echter Vorteil erweisen kann.
Im besten Fall arbeiten aktive Manager mit einer Sorgfalt, der kein Algorithmus das Wasser reichen kann. Da wir beharrlich darauf bestehen, erst dann in ein Unternehmen zu investieren, wenn wir die Geschäftsleitung kennengelernt haben, können wir das Management effektiv bewerten. Unsere Vorgangsweise setzt darüber hinaus den kontinuierlichen aktiven Dialog voraus, der unter anderem mindestens zwei Treffen mit der Geschäftsleitung pro Jahr vorsieht. Auf diese Weise können wir uns über unsere Erwartungen klar werden und unser Verständnis des Unternehmens und seines gegenwärtigen Zustands auf den neuesten Stand bringen.
Sorgfalt ist deshalb so wichtig, weil die Kunden verstärkt erwarten, dass wir über die blossen Renditen hinaus auch anderen Faktoren Beachtung schenken. Punkte wie gute Governance, Umweltstandards und die Vielfalt der Mitarbeiter gewinnen an Bedeutung.
Bereitschaft, gegen den Herdentrieb zu stimmen
Wir verwalten das Vermögen anderer – Algorithmen haben kein Gewissen. Sie können keine schwierigen Fragen stellen oder die Nuancen zwischen den Aussagen der Geschäftsführung und ihren Taten unterscheiden. Es bedarf diplomatischen Geschicks, Fingerspitzengefühls sowie der Bereitschaft, gegen den Herdentrieb zu stimmen.
Die Besorgnis wächst, dass der Umfang der in passiven Anlagen investierten Mittel irgendwann bewirkt, dass die Finanzmärkte ihre Funktion, auf effiziente Weise Kapital in einer Volkswirtschaft zu verteilen, nicht mehr erfüllen können. Dies ist Grund genug für den weltgrössten Pensionsfonds, der japanische Government Pension Investment Fund mit einem Volumen von 1,4 Billionen US-Dollar, verstärkt in aktive Manager zu investieren.
Niemand kann voraussagen, wann wir diesen Wendepunkt erreichen. Allerdings gibt es auf den Finanzmärkten ohnehin Verwerfungen durch die fast ein Jahrzehnt andauernden quantitativen Lockerungsmassnahmen, die den Märkten unter mangelnder Beachtung der Fundamentaldaten Auftrieb beschert haben. Sobald die Flut der quantitativen Lockerungsmassnahmen in den nächsten Jahren zurückgeht, dürfte es leichter werden, die Fundamentaldaten zu bewerten, so dass wirklich aktive Manager glänzen können. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass aktive Fonds in verschiedenen Zyklusphasen und auch langfristig einen Vorsprung haben.
Aktiv muss aktiv sein
Der springende Punkt dabei ist, dass sowohl aktives als auch passives Management jeweils ihre Stärken und Schwächen haben. Die Vermögensverwalter tun sich keinen Gefallen damit, wenn sie so tun, als gehörte einer der beiden Ansätze nicht in die Portfolios der Kunden.
Die aktiven Manager müssen ihrerseits umdenken: Für Closet Trackers – das sind aktive Fondsmager, die zu passiv sind –, fehlende Transparenz und hohe Gebühren für mangelhafte Performance gibt es keinen Platz. Wer behauptet, aktive Strategien zu verfolgen, muss eben auch aktiv verwalten. Allgemeiner betrachtet müssen wir akzeptieren, dass andere Faktoren einen genauso hohen Stellenwert wie die Erträge einnehmen können – egal, ob es sich hierbei um eine kostengünstige Lösung oder einen rigorosen, arbeitsintensiven Verwaltungsansatz handelt.
Mithilfe aktiv gemanagter Strategien sollen sich die Kunden geschickt durch geopolitische Unsicherheiten, volatile Märkte und Zyklen durchmanövrieren können, statt diese nur zu überstehen.
Die Kunden fragen verstärkt nach massgeschneiderten Lösungen statt Produkten von der Stange. Das wird zu einer grösseren Durchmischung bei den Strategien führen und generell zu dem Bewusstsein, dass kein Produkt an sich eine Lösung darstellt. In der heutigen Welt müssen aktives und passives Management koexistieren können. Je eher wir das begreifen, desto besser.