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Geldpolitik-Straffung und Öl-Anstieg erinnert an 2008

15.10.2018 4 Min.
  • Jim Leaviss, Head of Retail Fixed Interest

Das Öl wird teurer. Es ist ein wichtiger Barometer für die Konjunkturentwicklung: Der Anstieg des Ölpreises ging elf der letzten zwölf Rezessionen in den USA voraus. Auch die Straffung der Geldpolitik der Notenbank ist ein ähnliches Szenario wie im Sommer 2008.

Da sich der Lehman‐Ausfall zum zehnten Mal jährt, widme ich mich der Analyse der Frühwarnsignale im Sommer von 2008. Aufzeichnungen sind nützlich, um auf ein marktbewegendes Ereignis zurückblicken zu können. Damit kann man sehen, was damals eigentlich das Problem war, anstatt sich nur an die Geschichte nach dem Ereignis zu erinnern. Wir hatten uns 2008 Sorgen um den Zustand des US‐Wohnungsmarktes gemacht. Aber während der Reisen in die USA im Juni des Jahres war es ein anderes Thema, das die Schlagzeilen der Nachrichtensender dominierte: Das Öl. Der Preis überstieg damals pro Gallone zum ersten Mal die Marke von vier US-Dollar – ein anstieg von 30% innerhalb eines Jahres.

Wirtschaftswachstum wird verlangsamt

Im Blog-Eintrag vom Juni 2008 werden die Häuserpreise noch erwähnt, aber Öl stand ganz oben auf Amerikas Sorgenliste. Und das zu Recht, denn ein Anstieg des Ölpreises ging elf der letzten zwölf Rezessionen in den USA voraus. Steigende Energiepreise bremsen die Wirtschaft drastisch aus. Die Auswirkungen könnten heute geringer ausfallen, insbesondere in den entwickelten Märkten, in denen die Energieeffizienz viel höher ist als beispielsweise in den 1970er Jahren. Aber höhere Ölpreise treffen sowohl Verbraucher als auch Unternehmen. Was uns in die heutige Zeit bringt: In den letzten zwölf Monaten ist der Preis für WTI‐Öl in den USA von rund 50 US‐Dollar pro Barrel auf 75 US‐Dollar pro Barrel gestiegen –  ein Anstieg von 50%. Die Benzinpreise bleiben weit unter vier US-Dollar pro Gallone, die sie 2008 erreicht haben. Sie sind aber mit fast drei US-Dollar immer noch erhöht. 2019 wird das Wachstum dadurch langsamer ausfallen.

Vielleicht glauben Sie nicht, dass dieser 50%ige Anstieg die US‐Wirtschaft verlangsamen wird. Dann vertreten Sie vielleicht eher die Ansicht, dass die Schwellenländer, deren Währungen 2018 stark gefallen sind, stärker betroffen sein werden. Die folgende Grafik zeigt, dass sich die Ölpreise für die Türkei als Ölimporteur im bisherigen Jahresverlauf mehr als verdoppelt haben. Ich gehe davon aus, dass die USA 2019 die übrige Welt mit Blick auf das Wachstum übertreffen werden, obgleich das Niveau aufgrund dieses Mini‐Energie‐Schocks insgesamt niedriger ausfallen wird.

EZB erhöhte 2008 noch die Zinsen

Was habe ich sonst noch in den Blog-Einträgen aus dem Sommer 2008 gefunden? Nun, viel Gerede über die geldpolitische Straffung der EZB: Der Anstieg der Energiepreise hatte im Juni 2008 zu einem Leitzins von 4% in der Eurozone geführt. Das war doppelt so hoch wie das Ziel der Zentralbank. Kurzfristige Bundesanleihen erlebten einen Ausverkauf, als Jean‐Claude Trichet erklärte, dass sich die EZB in „erhöhter Alarmbereitschaft“ befinde.

Trichet hob die Zinsen im Juli um 25 Basispunkte an, obwohl es eine inzwischen nicht mehr existierende Website www.stoptrichet.com gab. Diese sammelte Unterschriften, in dem Versuch, Zinserhöhungen abzuwehren. Der Zinssatz von 4,25% war natürlich der Höhepunkt dieses Zinserhöhungszyklus, ein Jahr später würden die Sätze bei 1% liegen.

Ähnliches Szenario wie im Sommer 2008

Heute erleben wir ein Echo. Obwohl wir nicht annähernd eine Inflationsrate von 4% sehen, wie sie in der Eurozone im Jahr 2008 vorherrschte, ist der jüngste Trend fester. Dies insbesondere in Deutschland, das gerade einen VPI von 2,3% gegenüber dem Vorjahr bekannt gab. Und wir haben eine Zentralbank, die in diesem Umfeld eine geldpolitische Straffung vornimmt. Am 1. Oktober hat die EZB ihr Asset Purchase Program (APP) von 30 Mrd. Euro pro Monat auf 15 Mrd. Euro halbiert und geht davon aus, dass das Programm im Dezember „vorbehaltlich eingehender Daten“ beendet werden wird.

Fügt man also die Straffung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank – und natürlich der Fed, der Bank of England und vieler EM‐Zentralbanken – und einen Anstieg des Ölpreises um 50% zusammen, erhält man ein ähnliches Szenario wie im Sommer 2008. Aber diesmal ist es anders: Wir haben wesentlich mehr Schulden im globalen System, als es der Fall war, bevor wir in die letzte Krise gegangen sind. Schluck.

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