Globale Assetallokation: Unser Ausblick für Juli
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Yoram Lustig, Head of Multi-Asset Solutions
Lesen Sie, was an den globalen Märkten heute wichtig ist.
1. Marktausblick
- Die globale Wirtschaft dürfte im zweiten Halbjahr weiter kräftig wachsen, jedoch gegenüber dem ersten Halbjahr etwas an Fahrt verlieren, da die geld- und fiskalpolitische Stützung zurückgefahren wird.
- Die längerfristigen Zinsen dürften steigen, wenn sich das Wachstum abschwächt, die Inflation von den jüngsten Höchstständen wieder zurückgeht und der Zeitpunkt näher rückt, zu dem die US-Notenbank ihre Assetkäufe beendet. Zugleich könnten die kurzfristigen Zinsen allmählich eine restriktivere Geldpolitik einpreisen, was eine Abflachung der Renditekurve zur Folge hätte.
- Auch wenn die globale Geldpolitik die Märkte weiter stützt, dürfte sich der Trend hin zu einer Zinsstraffung fortsetzen, vor allem in den Schwellenländern, wo die Inflation steigt.
- Zu den Hauptrisiken für die globalen Märkte zählen der weitere Verlauf der Corona-Pandemie, eine steigende Inflation, potenzielle Fehlentscheidungen der Zentralbanken, Steuererhöhungen, eine strengere Regulierung sowie zunehmende geopolitische Sorgen.
2. Positionierung des Portfolios
- Wir sind weiterhin in Aktien etwas weniger stark investiert als in Anleihen und Barmitteln. Aktien bieten unseres Erachtens ein weniger attraktives Risiko-/Ertragsprofil und reagieren potenziell stärker auf eine nachlassende politische Stützung, höhere Zinsschwankungen, steigende Inflationsraten und potenzielle Steuererhöhungen.
- Bei Aktien favorisieren wir nach wie vor globale Substanz-, US-Small-Caps sowie Schwellenländeraktien, gestützt auf die Erwartung, dass zyklische Unternehmen weiterhin von einem starken Wachstum und der weltweiten Wiedereröffnung der Wirtschaft profitieren.
- An den Festzinsmärkten konzentrieren wir uns auf Papiere mit einer niedrigeren Duration sowie auf die höher verzinsten und inflationssensitiveren Segmente. Folglich sind wir in Hochzinsanleihen, Lokalwährungsanleihen der Schwellenländer sowie Unternehmens- und inflationsgebundenen Staatsanleihen übergewichtet.
3. Marktthemen
Vorsicht vor einer Rückkehr zur Sparpolitik
Nach einem schleppenden Start der Impfkampagnen scheint Europa jetzt auf Erholungskurs zu gehen, mit einer Wiedereröffnung der Wirtschaft und einer Lockerung der Lockdown-Beschränkungen in verschiedenen Bereichen. Während die Europäische Zentralbank eine Verlängerung ihres 1,85 Billionen Euro schweren Wertpapierkaufprogramms in Erwägung zieht, das im kommenden März ausläuft, werden zusätzliche fiskalische Stimulierungsmaßnahmen durch den beispiellosen Wiederaufbaufonds der Europäischen Union in Höhe von bis zu 800 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Auch wenn die Einigung auf den Wiederaufbaufonds eine wachsende Einigkeit unter den Mitgliedsländern erkennen lässt, werden neue Grenzen gezogen, da sich die Mitglieder für eine Rückführung der Geldpolitik aussprechen, die während der Pandemie eingeführt wurde. Führende Politiker wie der italienische Premier Mario Draghi warnen indes, dass für die kommenden zehn Jahre ein Wirtschaftsaufschwung in ähnlicher Form wie nach der globalen Finanzkrise zu erwarten wäre, wenn man zu früh wieder auf eine Sparpolitik übergeht. Da Europa bereits hinter den USA und China zurückbleibt, könnte eine zu frühe Rückkehr zu einer Austeritätspolitik ein nachhaltiges Wachstum in der Region ausbremsen.
Anleger sollten die Euphorie zügeln
Gemessen am MSCI All Country World Index haben die globalen Aktienmärkte auf Dollarbasis seit Jahresbeginn fast 12 Prozent zugelegt, beflügelt durch die Hoffnung, dass das Schlimmste der Pandemie hinter uns liegt. Da jedoch die stützenden Treiber, die das globale Wirtschaftswachstum angekurbelt haben, allmählich abflauen, ist es schwer vorstellbar, dass die Aktienmärkte weiterhin in einem derart hohen Tempo zulegen. Wir erwarten daher im zweiten Halbjahr eine Verlangsamung der Kurszuwächse, eine weitere Straffung der Geldpolitik, eine Reduzierung der Fiskalhilfen und eine Anhebung der Steuern. Darüber hinaus sind die Aktienmärkte inzwischen hoch bewertet, was vor allem den niedrigen Zinsen zuzuschreiben ist. Zugleich erwarten wir steigende Einstandskosten und eine Verlangsamung des Gewinnwachstums im nächsten Jahr. Trotz dieser Trends bieten Aktien nach wie vor attraktive Potenziale, gestützt auf Nachholeffekte und ein zwar langsameres, aber weiterhin starkes Wachstum. Da die massive Stützung schnell nachlassen könnte, könnte zugleich die Volatilität steigen. Daher sollten Anleger die künftigen Renditepotenziale der Aktienmärkte etwas weniger euphorisch bewerten.