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payoff Focus

ETFs: Frühlingsgefühle bei passiven Anlageprodukten

23.04.2015 7 Min.

Der Dornröschenschlaf von Exchange Traded Funds in Europa ist beendet. Mehr und mehr Anleger nutzen die Produkte zur Vermögensanlage. Parallel drängen immer mehr ETF-Anbieter auf den Markt – auch in der Schweiz. Das heizt den Wettbewerb weiter an und sorgt für Gebührendruck. Ein aktuelle Branchenanalyse.

Für Hector McNeil, einem branchenbekannten Investment-Veteran, geht ein Traum in Erfüllung: Am Morgen des 10. März werden sechs Exchange Traded Funds (kurz ETFs) seines Unternehmens an der SIX Swiss Exchange kotiert. «Das war schon seit Jahren mein Ziel. Jetzt sind wir in der Schweiz mit innovativen ETFs angekommen. Ein wunderbarer Tag!» schwärmt der umtriebige Brite als der obligatorische Willkommensbildschirm im SIX Börsenfoyer aufgeblendet wird. McNeil ist Co-CEO für Europa von WisdomTree, einem grossen US-Emittenten mit rund CHF 50 Milliarden verwaltetem Vermögen. Der Markteintritt in die Schweiz ist nicht zufällig gewählt – es gilt zu Zeiten von Negativzinsen darum, hier brachliegende Milliardensummen einzusammeln. Parallel arbeiten nach Recherchen von payoff zwei weitere ETF-Anbieter fleissig aber diskret am Markteintritt in die Schweiz. Bis zum Sommer soll es dann soweit sein.

Mühen zahlen sich aus

Die Basis des Erfolgs ist eng mit der lokalen Handelsinfrastruktur verknüpft. So bewies die SIX Swiss Exchange im September 2000 echten Pioniergeist. Sie zählte damals zu den ersten Börsen in Europa, die ein eigenes Handelssegment für Exchange Traded Funds eröffneten. Schon sieben Monate vor dem 15. Jubiläum erreichte man im Februar die Kotierung des 1000. Indexfonds. An den treibenden Faktoren hinter dieser Erfolgsstory hat sich seit der Jahrtausendwende wenig geändert. Mit ETFs ist die passive Abbildung eines bestimmten Index, ohne Eingriff oder Stockpicking durch einen Fondsmanagers, sehr komfortabel möglich. Insbesondere die relativ tiefen Kosten gegenüber aktiven Strategien überzeugen immer mehr Investoren. Die Möglichkeit, sich mit nur einer Order ganz Märkte ins Depot zu holen, zieht auch immer mehr Retail-Anleger an. Auf der anderen Seite der Medaille ist mit standardisierten Indexanlagen für individuelle Portfolioallokationen und exotische Geschmäcker eher wenig Platz – das ist Steckenpferd aktiver Manager. Doch bestechen Indexfonds durch eine hohe Transparenz, tiefe Kosten und jede Menge Börsenliquidität.

Rasant vorwärts

Letztgenannter Punkt bestätigt sich beim Blick auf die jüngste SIX-Umsatzstatistik. 2014 erreichten ETFs ein kumuliertes Handelsvolumen von CHF 90.8 Mrd. «Innert fünf Jahren hat sich das Segment damit um mehr als drei Viertel ausgedehnt. ETFs sind zu einer beeindruckenden Erfolgsgeschichte der Schweizer Börse geworden.» so Alain Picard, Head Product Management bei SIX Swiss Exchange. «Parallel sehen wir abgeleitet von der durchschnittlichen Ordergrösse eine vermehrte Anzahl von Privatanleger, die ETFs über uns handeln. » ergänzt Danielle Mair, ETF Product Manager bei SIX Swiss Exchange. Wenig verwunderlich, dass die Assets under Management (AuM) eine noch grössere Wachstumsrate zeigen. Sie haben sich hier zu Lande im selben Zeitraum annähernd verdoppelt. Swiss Fund Data taxierte den heimischen ETF-Markt per Ende Januar auf von knapp CHF 65 Mrd. Das Tempo wäre noch weitaus höher, hätten nicht die physisch besicherten Edelmetallfonds enorme Mittelabflüsse einstecken müssen. Ein grosses Thema auf Seiten der Anlegernachfrage ist derzeit die Währungsabsicherung. Insbesondere seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB herrscht hohe Sensibilität für FX-Hedging auf Produktebene und nicht via Overlay-Management.

Klare Hackordnung

Unterdessen boomt auch in anderen europäischen Ländern das ETF-Business. Laut Deutsche Bank Research lagen auf dem alten Kontinent per Ende Februar EUR 422.6 Mrd. in passiven Indexfonds. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres legte der Sektor um mehr als 16% zu. Damit liefen die Geschäfte weitaus besser als in den USA. Der dortige ETF-Markt wuchs im Januar und Februar nur um 4%. An der globalen Hackordnung kann die kurzfristige Entwicklung aber nichts ändern. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sind die börsengehandelten Indexfonds an der Wall Street vertreten. In punkto AuM durchbrachen die Staaten zuletzt die Schallmauer von USD 2 Bio. und repräsentieren 75% des globalen Volumens. Dennoch wachsen die in Europa in ETFs verwalteten Vermögen – der Konkurrenzkampf wird aber spürbarer. Beim Blick auf die League Tables der grössten ETF-Emittenten in Europa gibt BlackRock/iShares ist mit EUR 203 Mrd. den Ton an. Ab Rang zwei beginnt der Wettbewerb aber spürbar stärker zu werden. Die Deutsche Bank Gruppe (EUR 51 Mrd.) wird dicht verfolgt von Lyxor mit derzeit EUR 45 Mrd. in ETF verwalteten Vermögen, den sog. Assets under Management. UBS (EUR 21 Mrd.) und Amundi (EUR 17 Mrd.) kämpfen um die Plätze im oberen Mittelfeld. Die Schweizer Grossbank hegt dabei klare Ziele (siehe auch Interview mit Thomas Merz, Head Europe UBS ETF). Vanguard (EUR 14 Mrd.), Source (EUR 13 Mrd.) und State Street (EUR 11,7 Mrd.) bilden das ETF-Mittelfeld bei den AuMs. Nach aktuellen Statistiken hatte Source jüngst mit Cashabzügen der Kunden im Januar zu kämpfen, State Street holte dagegen über EUR 1,6 Mrd. neue Mittel. Das Rennen bleibt spannend.

Angebot für Anleger wächst

Derweil ruft der Erfolg passiver Investments immer mehr neue Anbieter auf den Plan – in der Schweiz, Deutschland und der Welt. Es gilt als strategisches Ziel vieler Asset-Manager im Bereich der passiven Anlageprodukte, oft in Kombination mit Smart Beta Elementen, in 2015 Produkte zu lancieren. Unter Smart Beta wird die bewusste Abweichung von traditionellen, kapitalisierungsgewichteten Indexkonzepten verstanden. Dabei handelt es sich um passive Fonds, denen modifizierte Indizes zugrunde liegen. Sie verzichten auf die klassische Gewichtung nach Marktkapitalisierung und ordnen eine Benchmark an Hand unterschiedlicher Muster. In Summe stehen Smart Beta Produkte für bessere Rendite bei reduziertem Risiko. Ein solches Smart Beta Konzept mit Fokus auf Dividendennutzt der oben genannte Newcomer WisdomTree. So ist jetzt u.a. der Europe Small Cap Dividend UCITS ETF an der SIX verfügbar. Der Referenzindex ist nach den Bar-Ausschüttungen seiner Mitglieder gewichtet. Offenbar kommt diese Dividenden-Methodik an: Nur rund fünf Monate nach der Auflegung liegen die AuM bei satten EUR 18.5 Mrd.

Viel Bewegung

Mit Janus Capital steht der nächste US-Asset Manager bereits in den Startlöchern. Anfang Dezember schloss die Fondsboutique die Übernahme von VelocityShares, einen relativ kleinen ETF-Anbieter, ab. Janus wird die neue Tochter nutzen, um in das Segment der passiven Rentenfonds vorzustossen. Schliesslich heuerte im vergangenen Jahr mit Bill Gross einer der weltweit bekanntesten Fixed-Income-Experten bei dem Unternehmen an. Eine besondere Premiere fand Mitte März in den USA statt. An der New York Stock Exchange (NYSE) debütierte der erste China-ETF (auf den FTSE China A50 Index), emittiert vom chinesischen Asset Manager CSOP Asset Management. Bis dato listeten nur US-Emittenten ihre auf China bezogenen Produkte an der NYSE. «Das ist für uns ein erheblicher Meilenstein» freut sich Melody He, Head of Capital Markets bei CSOP. Weitere Produktlancierungen der Chinesen sind je nach Reaktionen der US-Anleger an der NYSE geplant. In der Schweiz ist der Anlageverwalter aus dem Reich der Mitte bereits seit knapp einem Jahr präsent – samt kotiertem Produkt: dem CSOP Source FTSE China A50 UCITS ETF. Die Schweiz macht ihrem Namen als internationaler Finanzplatz wieder einmal alle Ehre. Mehr denn je auch bei ETFs.

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