

Europäischer Kreditmarkt: Banken vs. Industrieunternehmen – Wohin geht die Reise?
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Howard Woodward
Co-Portfoliomanager für Euro-Unternehmensanleihen
T. Rowe Price
In letzter Zeit hat sich die Sichtweise der Anleger auf Banken im Vergleich zu Industrieunternehmen auf dem europäischen Kreditmarkt verändert.
Banken wurden in den zurückliegenden Jahren als riskantere Investitionen mit höheren Spreads im Vergleich zu Industrieunternehmen angesehen. Seit Anfang 2023 verzeichnen Banken jedoch eine stärkere relative Performance und ihre Spreads nähern sich dem Niveau von Industrieunternehmen an.
Im Februar wurden Investitionen in vorrangige Bankanleihen zum ersten Mal seit fast drei Jahren teurer als Investitionen in Industrieunternehmen. Diese Veränderung hat zu Diskussionen darüber geführt, ob Bankschulden jetzt überteuert sind. Wenn wir jedoch die langfristige Geschichte betrachten, sehen wir, dass diese aktuellen Niveaus, obwohl sie auf kurze Sicht teuer erscheinen, vor der COVID-19-Pandemie viele Jahre lang normal waren. Bei Betrachtung eines Zeitraums von zehn Jahren sehen wir, dass vorrangige Bankschulden im Durchschnitt teurer gehandelt wurden als Industrieanleihen, und zwar in etwa auf dem Niveau, das wir heute sehen.
Banken sind dank solider Kapitalausstattung und stabiler Regulierung in einer starken Position. Auch wenn 2024 aufgrund hoher Zinssätze und geringer Verbraucherausfälle der Höhepunkt der Bankgewinne sein könnte, können Banken niedrigere Zinssätze durch den Einsatz von Absicherungsgeschäften und die Zinssätze, die sie ihren Kunden anbieten, bewältigen. Sie sind auch weniger von Zöllen betroffen als Industrieunternehmen, die auf Exporte angewiesen sind. Jeder Fortschritt auf dem Weg zum Frieden in der Ukraine wird auch den Banken helfen.
Ratingagenturen bewerten europäische Banken positiv, was zu einer weiteren Senkung ihrer Spreads und Renditen führen könnte. Darüber hinaus wird erwartet, dass das Angebot an Bankinvestitionen im Jahr 2025 geringer sein wird als im Jahr 2024, was zu engeren Spreads führt.
Das Vertrauen der Anleger in Banken ist gestiegen, was sich in der geringeren Volatilität während der politischen Unsicherheit in Frankreich im November zeigt. Die Unsicherheit hat nicht zu einer Volatilität bei Banken in Randlagen geführt, was zeigt, dass der Markt bei extremen Ereignissen weniger vernetzt ist. Dieser Trend könnte sich bis 2025 fortsetzen.Insgesamt scheint der Spread-Unterschied zwischen Banken und Industrieunternehmen im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit zwar geringer zu sein, doch langfristig und unter Berücksichtigung sowohl fundamentaler als auch technischer Faktoren ist eine weitere Verengung möglich. Die aktuellen Niveaus liegen näher am langfristigen Durchschnitt, und starke Fundamentaldaten stützen diesen Trend. Wir glauben, dass sich die Spreads von Banken im Vergleich zu Industrieunternehmen weiter verengen könnten und sich wieder auf das Niveau vor COVID bewegen, als Banken regelmässig niedrigere Spreads als Industrieunternehmen hatten.