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Fünf zentrale Erkenntnisse des Jahres 2022

03.02.2023 4 Min.
  • Tim Murray
    Capital Markets Strategist, Multi-Asset Division
    T. Rowe Price

Ungewissheit dauert an, aber die Renditen sind zurück und die Fundamentaldaten zählen

Auf den Punkt gebracht:

  • Die US-Notenbank (Fed) ist fest entschlossen, alles Nötige zu tun, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Der Fokus auf Ziele mit sozialer Ausrichtung könnte indes Auswirkungen auf die Wirtschaftspolitik in China haben.
  • Durch die Rückgänge an den Anleihemärkten haben die Renditen wieder solidere Niveaus erreicht. Für die Anleger war dies jedoch eine Mahnung, dass Aktien und Anleihen mitunter gleichzeitig massiv verkauft werden können.

Im Rückblick auf ein denkwürdiges Jahr möchte ich fünf zentrale Erkenntnisse zum Jahr 2022 erläutern, die meines Erachtens im neuen Jahr weiterhin Einfluss auf die Finanzmärkte haben werden.

1. Die Bewertungen zählen. 

Zu Jahresbeginn noch auf hohen Niveaus, gaben die Aktienbewertungen zügig nach, als die Anleger erkannten, dass starke Zinserhöhungen unmittelbar bevorstanden. Während die Aktienmärkte im Jahr 2022 deutlich verloren, sanken die Gewinnerwartungen nur mäßig. Sollten die Gewinnerwartungen im Jahr 2023 infolge einer globalen Rezession sinken, könnte sich der Abverkauf an den Aktienmärkten verstärken.

2. Die Fed kämpft weiter entschlossen gegen die Inflation. 

Die Entwicklung der Markterwartungen zur Fed
(Abb. 1) Die Fed wird dem Kampf gegen die Inflation gegenüber Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft Vorrang einräumen

*Januar 2013 bis November 2022, Futures-Schätzungen bis August 2027. 
Die tatsächlichen Ergebnisse können erheblich von den Schätzwerten abweichen. Schätzungen unterliegen Veränderungen. 
Quelle: Bloomberg Finance L.P.

Die Markterwartungen in Bezug auf die Fed Funds Rate waren im Jahr durchweg zu niedrig (Abb. 1). Wie weit die US-Notenbank die Zinsen anheben und wie lange sie sie auf diesen erhöhten Niveaus belassen wird, bleibt tatsächlich die große Unbekannte. Klar ist aber, dass sie eine Wiederholung der 1970er Jahre unbedingt verhindern will und alles Nötige tun wird, um die Inflation wieder auf verträgliche Niveaus zu drücken – auch wenn ihre Maßnahmen die US-Wirtschaft in eine Rezession stoßen. Im Jahr 2023 wird der Hauptschwerpunkt der Fed auf der Verringerung der Lohninflation liegen; mit einer Politikwende dürfte erst zu rechnen sein, wenn sich der Arbeitsmarkt ebenfalls markant abschwächt.

3. China hat sich verändert. 

Das Jahr 2022 erwies sich für China als ein Jahr der bedeutenden Veränderungen, in dem sich Staatspräsident Xi Jinping eine Verlängerung seiner Amtszeit sicherte. Insbesondere hat Chinas Regierung zwar erklärt, dass das Wirtschaftswachstum wichtig bleibt, sie will aber stärker und entschiedener Ziele mit sozialer Ausrichtung verfolgen. Dies könnte in der Zukunft zu weniger gut vorhersagbaren Änderungen der Wirtschaftspolitik führen. Die Lockerung der Covid-19-Beschränkungen im Dezember kam für uns überraschend, und die Anleger sollten auf eine größere Unsicherheit in nächster Zeit gefasst sein.

4. Gleichzeitige Abverkäufe an den Aktien- und Anleihemärkten sind möglich. 

Anleihen gaben Portfolios in der Vergangenheit mehr Substanz, wenn Aktien nachgaben. Doch das ist nicht immer so, speziell in Zeiten, in denen die Fed – wie im Jahr 2022 – einen neuen Zinserhöhungszyklus einleitet. Zudem war das Jahr 2022 insofern eine Ausnahme, als die Fed die Geldpolitik gewöhnlich strafft, wenn das Wachstum zulegt – was 2022 nicht der Fall war. Zudem erfolgen die Zinserhöhungen in der Regel eher schrittweise. Zum Glück dürften die Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen im Jahr 2023 abnehmen, denn anscheinend steht das Ende des Zinserhöhungszyklus der Fed bevor.

5. Die Renditen sind zurück. 

Die positive Seite des Abverkaufs an den Anleihemärkten im Jahr 2022 ist, dass die Anleiherenditen wieder solidere Niveaus erreicht haben. Die Anleger brauchen also keine hohen Kreditrisiken mehr einzugehen, um mit ihrem Anleiheportfolio passable Renditen zu erzielen. Darüber hinaus verfügen die Anleger möglicherweise über ein größeres Ertragspolster, das weitere Anstiege der Zinsen und/oder Kreditspreads1wenigstens zum Teil kompensieren kann. 

Das Jahr 2023 hat gerade begonnen, und wir werden diese Marktthemen im Blick behalten und entsprechend aktuell darüber informieren.

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Kreditspreads erfassen die zusätzliche Rendite, die Anleger dafür erhalten, dass sie in eine Anleihe investieren, die ein höheres Kreditrisiko birgt als erstklassige Staatsanleihen mit vergleichbarer Laufzeit.

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