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payoff Focus

Investment-Update: Unkonventionell zum Ziel

21.03.2016 9 Min.
  • Martin Raab

Die Notenbanken stellen die Kapitalmärkte zunehmend auf den Kopf und versalzen Anlegern die Suppe. Schuldner zahlen fast nichts mehr für ihre Obligationen, die Renditen kippen ins Negative. Parallel konsolidieren viele Aktienmärkte. In diesem Umfeld hilft die smarte Kombination aus «Mainstream» und Renditeperlen.

Das Tiefzinsumfeld in der westlichen Welt, gepaart mit Deflationsdruck, macht es für Anleger und Vermögensverwalter weiterhin nicht einfach, Geld zu verdienen. Im Obligationenbereich ist es derzeit nahezu unmöglich, attraktive Renditen in den oberen Rating-Klassen zu erhalten. Tiefe Ratings wiederum haben unappetitliche Risiken. Als Alternative bietet sich der Aktienmarkt an. Doch auch dort hat die «Marktmanipulation», wie einige Experten die massiven Liquiditätszufuhren der Notenbanken bezeichnen, ihre Spuren hinterlassen. Dort gilt jetzt die Devise: Für Kernanlagen auf breite, kostengünstige Indexanlagen setzen und zusätzlich ausgewählte Renditebringer dazugarnieren. Die Zeiten, in denen man «blind» Aktien kaufen konnte, weil per se alles steigt, scheinen vorbei.

Draghi ist nicht zu stoppen
Ursprünglich ausgelöst wurde die «neue Realität» im Kapitalmarkt Ende 2008 durch die US-Notenbank FED, welche unter dem damaligen Präsidenten Ben Bernanke massive Liquiditätsströme in den Aktien- und Obligationenmarkt goss sowie drastische Zinssenkungen einleitete. Schon Bernankes Vorgänger Alan Greenspan kochte bevorzugt mit Zinssenkungszutaten aller Couleur. Bernanke wollte im Jahr 2008 dem Kollaps im US-Hypothekenmarkt und der Finanzmarktkrise adäquat begegnen. In direkter Folge zogen unter anderem die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen nach unten und schraubten die Liquiditätszufuhren nach oben. Das Resultat ist eine inzwischen paradoxe Wirtschaftswelt. «Volkswirte könnten ihre Lehrbücher am besten wegschmeissen», zitiert das Handelsblatt einen deutschen Sparkassenchef. Auch die Schweizer Banken, Versicherer und Sparer ächzen unter der negativen Zinsrealität. Die drohende Aufwertung des Frankens mag ein gewisses Argument von SNB-Boss Thomas Jordan für Tiefzinsen hierzulande sein, doch was Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), in der Eurozone veranstaltet, stösst zunehmend auf offenen Widerstand. Draghi versucht mit gezielter Schwächung des Euros die Exporte anzukurbeln und simultan für EUR 60‘000‘000‘000 Staatsanleihen pro Monat (!) aufzukaufen. Was er damit effektiv bewegt? Vielen kommen ernste Zweifel an der Nützlichkeit der Aktionen. Andere äussern lautstark heftige Kritik. So zum Beispiel von der Deutschen Bundesbank, einst Inbegriff für solide Notenbankpolitik. Deren Vorstand Jens Weidmann hält nichts von der Enteignung der Eurozone-Sparer durch die de facto Aufhebung von Zinsen bei gleichzeitigem ungezügeltem Ankauf von Staatsanleihen. Dennoch wird der Italiener auf dem EZB-Chefsessel am 10. März aller Voraussicht nach den Einlagensatz weiter senken – und damit den nächsten Akt in der Minuswelt einläuten.

Aktive und passive Gegensteuer im Portfolio
Die trüben Aussichten kennend, gilt es jetzt eine solide Strategie für die Geldvermehrung an den Tag zu legen. Für ausbalancierte, aber chancenorientierte Investoren, die ein gewisses Risiko zugunsten von Mehrrendite akzeptieren, empfiehlt sich eine Mischung aus passiven Kernanlagen sowie aktiven «Picks», die die Gesamtrendite positiv bereichern können. Die Picks sind als Zusatzrendite gedacht. Die angestiegene Volatilität im Aktienmarkt sorgt auch im Bereich der Strukturierten Produkte für wieder attraktivere Offerten – insbesondere bei Renditeoptimierungsprodukten, welche bei richtiger Umsetzung ideale «Geschmacksverstärker» für Portfolios sind. Der bekannteste Vertreter dieses Produkttyps ist der Barrier Reverse Convertible (BRC). Doch sollte bei BRCs bewusst geprüft werden, ob es sich um eine American Style (kontinuierliche Überwachung) oder um eine European Style (am Laufzeitende relevante) Barriere handelt. Die American Style Barrieren bieten dabei höhere Coupons und sollten eine Kursbarriere von mindestens 70%, besser 65%, haben – das mildert Risiken ab. Nachfolgend sind smarte Kombinationen aus passiven Kernanlagen aus ETFs und aktiven Anlagepicks aus der Welt der Strukturierten Produkte und Einzelaktien für ausgewählte Regionen und Sektoren übersichtlich zusammengefasst.

Aktien Europa: Appetitliche Mischungen
Die Schweiz und auch die Eurozone sind nach wie vor ein appetitliches Anlageziel. Stabilität und milde Risiken verspricht der Multi Barrier Reverse Convertible bezogen auf das Nahrungsmittel Trio Danone, Nestlé und Unilever (Symbol AAAGNP). Das Produkt läuft noch bis zum 14.12.2016 und hat eine Seitwärtsrendite von aktuell 8,87% p.a. Sofern die drei Aktien bis Dezember nicht mehr als rund 34% an Wert verlieren, kassiert der Anleger die Rendite. Falls nicht, wird die Aktie mit der schlechtesten Wertentwicklung in das Depot des Produkteinhabers gebucht. Den Coupon von 7,32% p.a. erhält der Anleger als Prämie aber in jedem Fall. Das sollte den Renditehunger stillen. Unkonventionelle Anleger sollten sich die Wertentwicklung heimischer Mid-Caps gegen über dem SMI genauer ansehen: mehr als 30% Performance auf Sicht von fünf Jahren, mehr als 15% Performance auf 12-Monats-Sicht. Normalerweise wird Mid-Cap-Aktien eine Überrendite nur in ausgesprochenen Bullenmärkten nachgesagt – offenbar ist der Mittelstand besser unterwegs und attraktiver als die schweizerischen Konzerne. Für SMMCHA, den SMI Mid-Cap Total Return ETF der UBS, sollte in jedem Portfolio Platz sein. Das kostengünstige Produkt kann jederzeit an der SIX Swiss Exchange ge- und verkauft werden und kommt mit nur 0,25% Gebühren pro Jahr aus. Dividenden aus dem SMI Mid werden dem Anleger in diesem ETF anteilig gutgeschrieben. Ebenfalls einen Blick wert für chancenorientierte Anleger ist Cembra Money Bank. Das Institut ist schwerpunktmässig in der Welt der Konsumkredite und Kreditkarten tätig. Trotz neuer Höchstgrenzen bei den Konsumentenkrediten (10% statt 15%) ab Juli 2016 bietet der Kreditkartenbereich (Herausgeberin der MIGROS Cumulus MasterCard) weiterhin grosses Potenzial. «Dort sehe ich weiterhin Wachstum, da haben wir die Bergspitze noch nicht erreicht», äussert sich jüngst Cembra-CEO Oudmayer im Interview mit Moneycab. Auch charttechnisch ist die Aktie vielversprechend. Ambitionierte Trader mit Risikobewusstsein könnten am Call-Warrant CMAUI auf die Aktien der Cembra Gefallen finden. Und wo wir gerade beim Stichwort «risikobewusst» sind: Was spricht gegen eine kleine Portion Aktien der Credit Suisse? Die Bewertung ist sehr moderat (KGV 12) und die Dividende verspricht stabil um die 5% zu bleiben – den derzeitigen Grossaktionären sei Dank. Und zusätzlich geistert jüngst beim Stichwort Credit Suisse eine leise Übernahmephantasie durch die Trading Floors dieser Welt.

US-Aktien: Indexanlagen nahezu gratis und unbekannte Renditeperlen
Mehr auf Investments statt auf Trading steht der weltbekannte Guru Warren Buffett. Er ist seit 1965 im Geschäft und inzwischen USD 66.7 Mrd. schwer. Buffet zeigt sich derzeit besonders bullisch auf Aktien aus seiner Heimat: «Es ist schon seit 240 Jahren keine gute Idee, gegen Amerika zu wetten. Und jetzt ist nicht die richtige Zeit, damit anzufangen», stellte der Boss von Berkshire Hathaway klar. «Amerikas Goldene Gans aus Kommerz und Innovation wird auch weiterhin mehr und grössere Eier legen», tönt es weiter. Als goldene Wahl für kostenbewusste Indexanleger, die an den US-Titanen profitieren möchten, gelten der Vanguard S&P500 ETF (Symbol VUSA) und der iShares Core S&P 500 ETF (Symbol CSSPX). Praktisch geschenkt können Anleger damit 1:1 am US-Aktienbarometer S&P 500 partizipieren – die Verwaltungsgebühr beträgt 0,09 bzw. 0,07%. Beide ETFs sind börsenkotierte Anlagefonds und täglich an der SIX Swiss Exchange handelbar. Ironischerweise war die Wertentwicklung des S&P 500 Index auf Jahressicht besser als die der Aktien von Berkshire Hathaway, obwohl Berkshire vor wenigen Tagen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015 einen satten Gewinnsprung (+32%) verkündet hat. Äusserst satt sind aus Renditegesichtspunkten die Aktien des Finanzhauses AllianceBernstein Holding (KGV 11, Div. Rendite 8.6%). Der Anbieter verwaltet derzeit rund USD 456 Mrd. und operiert mit seinem Fondsangebot in 22 Ländern. Die französische Finanzholding AXA hält rund 62% im Unternehmen, das als Renditeperle unter den US-Fondshäusern gilt. Ebenfalls lukrative Ausschüttungen haben die Aktien des Private Equity Hauses Blackstone (Symbol BX) – nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls kotierten Fondshaus BlackRock, welches Inhaber der ETF-Marke iShares ist. Blackstone rentiert aktuell mit 8,4% bei einem KGV von 11. Das Unternehmen von Stephen Schwarzman mischt weltweit in vielerlei lukrativen Geschäftszweigen mit, unter anderem Hilton-Hotels, Immobilien und Lebensmittel. Primäres Risiko bei Blackstone sind die Deals im Energiebereich. Dort könnte der Preisverfall des Öls die Renditen stärker schmälern. Nicht weniger interessant sind die Aktien des Mitbewerbers Carlyle Group (Symbol CG) mit einem KGV 10, Div. Rendite 10%. Wer Zeit und Lust hat, sollte sich Seite 16 und 17 des Geschäftsberichts (Form 10-K) ansehen. Die Ertragsquellen sprudeln in aller Herren Länder und über alle Bereiche.

Industriesektoren: Deutsche Autobauer tiefergelegt
Rund 5,3 Millionen Autos haben die deutschen Autokonzerne VW, BMW und Mercedes vergangenes Jahr in Europa verkauft. Der europäische Automarkt ist überraschend um 9% gewachsen – stärker als China oder die USA. Doch herrscht, trotz guter Absatzzahlen, eine gewisse Wühltisch-Atmosphäre bei deutschen Automobilherstellern. So hat sich im Zuge der aufgedeckten Manipulationen bei den Abgaswerten («Dieselgate») und der Angst vor drakonischen Strafen durch US-Gerichte der Börsenkurs von Volkswagen (Stamm- und Vorzugsaktien) und der Porsche Automobil Holding auf Jahressicht mehr als halbiert. Die Valoren von BMW und Daimler konnten sich bis dato noch mit einer Wertentwicklung von -25% (Daimler) bzw. -38% (BMW) retten. Vor wenigen Tagen wurde eine eingereichte (aber noch nicht stattgegebene) Anklage gegen Daimler in der Presse publik. Sollte sich der Verdacht erhärten, dann würde sich der Dieselskandal ausweiten. Die US-Behörden hatten Volkswagen im September 2015 Betrug bei den Abgaswerten von Dieselfahrzeugen nachgewiesen. Nach Bekunden aus Stuttgart «gibt es ein sogenanntes defeat device, also eine Funktion, die die Abgasnachbehandlung unzulässig reduziert, in Fahrzeugen von Mercedes-Benz nicht», zitiert das Handelsblatt einen Daimler-Sprecher. Alles nur Verleumdung? Anleger mit Risikoappetit und der Erwartung, dass es bei den juristischen Auseinandersetzungen zu einem Vergleich kommt, finden in Daimler (KGV 7, Div. Rendite 5,5%) und Porsche (KGV 5, Div. Rendite 3%) eine sehr attraktive Auswahl. Bei BMW gibt es keine Berührung mit dem Diesel-Skandal, was die Aktie (KGV 7.5, Div. Rendite 4,5%) attraktiv für eher konservative Anleger macht. Praktisch ist der Barrier-Reverse Convertible RBMADV der Bank Vontobel auf BMW. Das Produkt bezahlt derzeit eine Rendite von 11% p.a. in EUR. Die Kursbarriere liegt aktuell 31% unter dem Aktienkurs von BMW, das heisst, tiefer als EUR 50.71 darf es mit der Aktie nicht gehen, sonst gibt es BMW-Aktien im vordefinierten Bezugsverhältnis am 17.02.2017 statt Cash. Doch gibt es weitaus schlimmere Kröten zu schlucken, als im schlimmsten Fall Aktien eines globalen Automobilkonzerns mit weiss-blauer DNA zu besitzen.

 

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