Marktausblick 2016: Anleger auf Favoritensuche
Fromme Hoffnungen auf steigende Märkte lassen Anleger und Berater auf neuerliche Favoritensuche gehen. Die Hauptimpulse werden sehr wahrscheinlich wieder von altbekannten Akteuren gesetzt. Ein balancierter Überblick zu den Investmentchancen im neuen Jahr. Mögen wir alle vor Performancesünden verschont bleiben.
Der Anfang und das Ende des Jahres 2015 wurden von einer ganz besonderen Sorte Institution bestimmt: den Notenbanken. Den Auftakt machte die SNB mit einem international beachteten Paukenschlag am 15. Januar: Man werde per sofort die seit September 2011 geltende Wechselkursuntergrenze zum Euro nicht länger verteidigen. Panik am Devisenmarkt, Rekordverlust im SMI (-15%), um dann bis Anfang August wieder 20% zu steigen, dominierte den Jahresbeginn aus Anlegeroptik. Im Dezember dirigierte nun die US-Notenbank FED das Abschiedslied des Börsenjahres 2015 – mit einer Zinserhöhung um 0,25%. Die Zinsen sollen künftig in einer Bandbreite von 0,25% bis 0,50% schwanken. Nach dem Willen von FED-Chefin Janet Yellen soll es in vorsichtigen Schritten weitergehen. Doch schon tauchen erste Kritiker der Zinsleiter auf, die die starke Aufwertung des US-Dollars kritisieren. Stanley Fischer, stellvertretender Vorsitzender der Federal Reserve, hält «einen starken Dollar mittelfristig für keine gute Idee für die US-Wirtschaft». Berücksichtig man die Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Schweizer Franken bzw. dem Euro, so liessen sich jedoch in 2015 schöne Gewinne erzielen. Dies wird sich laut Chef-Researcher Paul Jackson von Source ETF auch in 2016 fortsetzen: «Ich würde im Jahr 2016 aus Sicht eines Schweizer Anlegers nicht in währungsgesicherte Produkte investieren, sondern bewusst das Währungsrisiko mitnehmen. Ausländische Anlagen könnten gegenüber dem Schweizer Franken aufwerten». Bis jetzt scheint, in Bezug auf den Euro, seine These zu stimmen.
Schweizer Aktien: Dividendentitel fokussieren
Blickt man auf die Aktienmarktentwicklung, hält sich die Euphorie stark in Grenzen: Schweizer Blue Chips, gemessen am SMI, schlossen das Kalenderjahr mit einem Minus von rund 5% ab. Zum Durchhalten bei Schweizer Aktien rät Peter Bänziger, Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Belvalor, mit Blick auf das neue Jahr: «Ich finde ein Portfolio aus in etwa gleich gewichteten dividendenstarken Werten vielversprechend. Dazu gehören beispielsweise Swiss Re, Swiss Life, Bâloise, SGS, Cembra Money Bank und BCV». Doch nicht nur heimische Blue-Chips samt deren Leitindex zeigten gewisse Schwäche. Auch das amerikanische Indexpaar S&P 500 und Dow Jones Industrial Average beendeten das Anlagejahr mit einem Minus von rund 3%. Einzig die deutschen Aktien im DAX retteten sich in ein hauchdünnes Plus auf Jahressicht. Für Long-Only-Investoren war 2015 am Ende in fast allen breiten Aktienmärkten ein sehr mageres Jahr – runter, rauf und runter. Wird Buy-and-Hold in breiten Indizes eine wiederholte Performancesünde in 2016? Die Branche ist geteilt. Wolfgang Leoni, Chef der Privatbank Sal. Oppenheim, welche inzwischen Teil der Deutschen Bank Gruppe ist, prophezeite in einem Zeitungsinterview kürzlich: «Die Mehrrendite durch aktives Management wird zukünftig wichtiger und deshalb wird sich in unserer Branche die Spreu vom Weizen trennen.» Der Privatbankier plädiert sogar dafür, dass das Core-Portfolio aktiv gemanagt werden – eine sehr konträre Ansicht. Sven Württemberger, Head iShares Deutschschweiz bei BlackRock, hält klar dagegen und sieht «generell eine fortgesetzte Passivierung des Anlagekerns in der Finanzindustrie». Dieser starke Trend lässt sich etwa an den Mittelflüssen der ETFs ablesen. Am Ende wird 2016 eine smarte Mischung aus aktiver Steuerung, Einzeltitel-Picking und passiven ETPs erfordern.
US-Aktien: Ein «Must-Have», auch für 2016
Ein Grossereignis in 2016 wird definitiv die US-Präsidentschaftswahl am 8. November sein. Nachdem der amtierende Präsident Barack Obama nach Beendigung seiner zweiten Amtsperiode nicht mehr antreten darf, wird derzeit innerhalb der Parteien die Schlacht der Kandidaten ausgetragen. Während bei den Demokraten die Nominierung der ehemaligen Aussenministerin und First Lady Hillary Clinton schon fast so sicher wie das Amen in der Kirche gilt, ist das Rennen bei den Republikanern nach wie vor offen.
«Für Long-Only-Investoren war 2015 ein Jahr zum Vergessen – runter, rauf und runter»
Hier führt momentan der bizarre Milliardär und Synchron-Pleitier Donald Trump, der mit rechtspopulistischen Aussagen für mediales Aufsehen sorgt. Mit einem zu starken Dollar, der aktuellen Kehrtwende der Federal Reserve und bröckelnden Unternehmensgewinnen sollte genügend Soff vorhanden sein, um sich im US-Wahlkampf zu positionieren. Für seriöse Investoren lohnt es sich, die angebliche Trendwende bei den Unternehmensgewinnen näher zu beleuchten. So stimmt es, dass die seit 2010 kontinuierlich angestiegenen Gewinne im vierten Quartal 2014 ihren Höhepunkt erreicht haben.
Fluch und Segen
Ein Grossteil des Gegenwindes sollte jedoch temporär sein. So belastete insbesondere der starke Dollar, da rund ein Drittel des Umsatzes der S&P 500 Unternehmen ausserhalb der USA erzielt werden. Mit einer Stabilisierung des Wechselkurses sollte sich dies entspannen. Wesentlicher Korrekturfaktor der Unternehmensgewinne war der starke Einbruch des Ölpreises. Hier fielen die Gewinne zwischen dem zweiten Quartal 2014 und 2015 um 56%. Nachdem Energieunternehmen etwa 7% des S&P 500 Index ausmachen, lässt sich der Grossteil hierdurch erklären. Betrachtet man die Gewinnentwicklung des S&P 500 exklusive Energie (siehe Grafik), so zeichnet sich ein nach wie vor robustes Bild. Sollte sich der Ölpreis stabilisieren und Kostensenkungsprogramme der Unternehmen erste Früchte tragen, so besteht hier viel Potenzial für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung des weltweit grössten Kapitalmarktes. In Sachen Markt-Tracking bietet für Kernanlagen insbesondere ETDOW, ein Tracker-Zertifikat der UBS, kostengünstigen und unkomplizierten Zugang zur Performance des Dow Jones Index oder die fast synchron zum DJIA verlaufenen an der SIX Swiss Exchange handelbaren ETFs: iShares MSCI USA UCITS ETF (CSUS) bzw. Vanguard FTSE North America ETF (VNRT).
China: Neue Chancen zwischen Licht und Schatten
Im Land der Mitte scheint der götzenhaft angebetete Wachstumsmotor allmählich etwas in tieferen Drehzahlen zu laufen. Das Land sieht sich Überkapazitäten in der Industrie und dem Immobiliensektor, einer abnehmenden Produktivität und einer Schrumpfung der arbeitenden Bevölkerung gegenüber. Zudem strebt es einen wirtschaftlichen Wechsel von einer investitionsgetriebenen Volkswirtschaft hin zu einer Konsumwirtschaft an, der nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist. Grundsätzlich keine guten Voraussetzungen für die nahe Zukunft. Dr. Martin Hüfner, Chefvolkswirt beim Assetmanager Assenagon, bleibt jedoch entspannt im Hinblick auf die Wirtschaft im Reich der Mitte: «Investoren müssen keine Angst vor einem Hard Landing in China haben», erklärt Hüfner. Die Historie und der künftige Führungsanspruch – u.a. über die Etablierung des chinesischen Renminbi als IWF-Reservewährung – sind wichtige Indikatoren hierfür. «Allen Unkenrufen zum Trotz: China verfügt heute über USD 3‘500 Mrd. an Währungsreserven und ist damit die reichste Volkswirtschaft der Welt. Mit so viel Geld kann viel im Inland interveniert und im Ausland investiert werden.» Vor diesem Hintergrund sollte der Markt interessant bleiben. Themenbaskets wie VZRWC, Vontobel China Railway Basket III oder VZCUC, ein Tracker-Zertifikat auf DAXglobal China Urbanization Performance Index, haben sich auf Jahressicht mehr oder weniger stark verbilligt. Günstiger war ein Einstieg wohl selten. Höchste Zeit auch, dass JFXGT, der JB Cleaner China Basket II, eine Neuauflage erhält. Dieser im Mai 2016 endende Tracker setzt auf chinesische Unternehmen, welche sich im Bereich Energieeffizienz und Infrastruktur betätigen. Ebenfalls interessant, aber auch nur mit kurzer Produktlaufzeit gesegnet, ist der JB China Healthcare Basket (JFSKC). Wer auf Kapitalschutz setzen möchte, kann mit CSPNCN am Hang Seng China Enterprise Index partizipieren. Das Produkt der Credit Suisse ermöglicht eine 150%ige Partizipation am Mainland-Aktienindex, ist aber seitens der Emittentin vor Laufzeitende kündbar. Erstmalig im August 2016 zu 105.50%.
Rohstoffe: Gold, Glencore und Transocean
Während die Abschwächung der globalen Nachfrage – insbesondere aus China – in den letzten Jahren für einen deutlichen Abwärtsdruck an den Rohstoffmärkten gesorgt hat, belastet zu allem Übel zusätzlich die Angebotsseite mit Überschüssen. Dies könnte sich jedoch in 2016 ändern. Gemäss des ursprünglich auf Rohstoffe spezialisierten Emittenten ETF Securities werden acht der 13 wichtigsten Rohstoffe aktuell unter ihren Grenzkosten der Produktion gehandelt. Dies veranlasste vor allem Bergbauunternehmen dazu, riesige Kostensenkungsprogramme durchzuführen. Die Margen sind im Keller und viele Minen mussten trotz Kostensenkungen schliessen (siehe Grafik). Die Verknappung des Angebots schreitet somit voran und sollte sich bei einer Stabilisierung der Nachfrage positiv auf die Preise auswirken. Auch die Inflation sollte alleine durch Basiseffekte im Frühjahr 2016 deutlich anziehen und somit Nährboden für Rohstoffinvestments bieten. Der Goldpreis hat schwer enttäuscht, das gelbe Metall ist wiederholt zum Spielball von professionellen Short-Sellern verkommen. Viele Gebete hört man derzeit auch rund um den Zuger See: Beim dort domizilierten Rohstoffriesen Glencore wurden in 2015 rund CHF 50 Mrd. an Börsenkapitalisierung vernichtet. Das einstige Flaggschiff ist zum Übernahmekandidaten geworden. Nicht besser sieht es bei den ölverschmierten Valoren von Transocean aus. Der für den grössten Umweltskandal der Neuzeit mitverantwortliche Konzern mit Sitz in Zug hat 80% seines Börsenwerts seit der Kotierung an der SIX im Frühjahr 2010 verloren und wird per Frühjahr aus dem SMI verstossen. Eine gerechte Strafe von höherer Instanz. Beide Aktien taugen als Basiswert nur für Börsenjünger, die hochspekulativ agieren. Mutige Anleger können sich mit dem an der SIX Swiss Exchange kotierten ETFS DAXglobal Gold Mining GO UCITS ETF (AUCO) für einen Aufschwung im Goldminensektor positionieren. Jedoch sollte festgehalten werden, dass dies ein klarer Trade gegen den Marktkonsens ist.
Ölpreis: Teuflische Preisspirale beendet?
Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) vollzog vor etwa einem Jahr einen 180°-Richtungswechsel. Während bisher der Fokus auf einem stabilen Ölpreis lag, um die stark vom Öl abhängigen Haushalte der Mitgliedsländer zu entlasten, hat sich mittlerweile die Strategie hin zu einem harten Verdrängungswettbewerb gewandelt. Ziel ist es, der kostenintensiveren Schieferöl-Konkurrenz aus den USA sprichwörtlich den Hahn zuzudrehen und Marktanteile auszubauen (aktuell ca. 40%). Bisher war diese Vorgehensweise von hohem Erfolg gekrönt. Der starke Verfall des Ölpreises sorgte dafür, dass bisher mehr als 60% der in den USA betriebenen Ölförderanlagen geschlossen werden mussten. Jedoch kann auch die OPEC diese Strategie nicht ewig durchhalten. Dem IWF zufolge benötigt Saudi-Arabien einen Ölpreis von über USD 100 je Barrel, um seinen Haushalt auszugleichen, während Irak und Iran auf einen Ölpreis von USD 81 bzw. USD 87 je Barrel angewiesen sind. 80% der Staatseinnahmen Saudi-Arabiens hängen von den Ölerträgen ab. Die Strategie sollte folglich schnell aufgehen, da diese auf keinen Fall über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden kann. Für Anleger könnte dies eine langfristig interessante Konstellation sein, um auf einen steigenden Ölpreis zu setzen. Kurzfristig sollte das Durchhaltevermögen der OPEC nicht unterschätzt werden. Paul Jackson, Head of Research beim ETF-Anbieter Source, sieht den Ölpreis auch in 2016 auf tiefen Preisniveaus bei knapp unter 40 Dollar und kann der Situation aber etwas Gutes abgewinnen: «Der tiefe Ölpreis war im letzten Jahr Ursache für schlechte Nachrichten im Energiesektor. Dieses Jahr wird der Umstand der günstigen Ölpreise insbesondere für Konsumenten und die verarbeitende Industrie als Good News gewertet werden. Beide sparen sich bares Geld und profitieren von den positiven Effekten.»
Verbraucher und Unternehmen positiv beeinflusst
«Wir schwimmen im Öl und parallel reduziert sich die Nachfrage. Kein Wunder, dass wir diese Preisentwicklung haben», konstatiert Jeff Grossman, Geschäftsführer von BRG Brokerage in New York.
«China verfügt heute über USD 3’500 Mrd. an Währungsreserven und ist damit die reichste Volkswirtschaft der Welt.»
Der langjährige NYMEX-Händler sieht in 2016 eine fortgesetze Reduktion im Angebotsbereich, was zu einem Preis «zwischen 40 und 50 Dollar» führt. Wer etwas von 20 Dollar das Barrel erzählt, hält mit Sicherheit Short-Positionen und will den Markt in seine Richtung ängstigen», ist sich Grossman sicher. Anleger könnten die unsichere Konstellation mit einem Barrier Reverse Convertible der UBS auf WTI Öl ausnutzen (KICYW). Hier erhalten sie, wenn der Basiswert bis zum Laufzeitende am 19.08.2016 die Barriere von 27.34 USD nicht unterschreitet, einen Coupon von 5%. Risikofreudigere Anleger können sich beispielsweise mit dem Barrier Reverse Convertible der Credit Suisse (CS0JN) positionieren. Hier liegt die Barriere mit 33.22 USD jedoch ziemlich nah. Dafür winkt bei Nichtunterschreiten am 06.05.2016 eine zweistellige Seitwärtsrendite . Noch ein Stück mehr Risikobudget sollte bei gehebelten Positionen auf den Ölpreis bereitliegen. Risikobewusste Trader finden dies via Faktorzertifikate der Commerzbank (CBSBO4, CBWTL4). Die Effekte des billigen Ölpreises wirken sich besonders positiv auf die Verbraucher und die verarbeitende Industrie aus, da diese bares Geld sparen. Haushalte sparen bei den Energiekosten und an der Zapfsäule, wohingegen rohstoffintensive Unternehmen die Produktionskosten deutlich senken können. Dies sollte Potenzial für ETFs wie den Source Consumer Discretionary S&P US Select Sector UCITS ETF (XLYS) bieten. Die kontinuierlich sinkende Arbeitslosenquote und der anhaltende Auftrieb am US-Häusermarkt wirken zusätzlich stützend. Das grösste Gewicht im Index hält derzeit die Aktie von Amazon mit knapp 11%, der Profiteur des Weihnachtsgeschäfts, was sich in den Q4/2015-Zahlen von Amazon deutlich niederschlagen wird. Mit Blick auf die nächsten Monate am Finanzmarkt gilt es wachsam zu bleiben. Denn eines ist gewiss: Kein Jahr ist so schwierig wie das nächste! Dass wissen auch Janet Yellen und Thomas Jordan.
Teilen Sie den Artikel in Ihrem Netzwerk