Rechtliche Neuerungen bei Strukis
Seit März 2015 sind neue Informationsrichtlinien für Strukturierte Produkte in Kraft. Was heisst das für die Praxis konkret? Hier die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick.
Vor wenigen Tagen – exakt per 1. März 2015 – sind die neuen Richtlinien über die Information der Anlegerinnen und Anleger zu Strukturierten Produkten («Richtlinien 2014») in Kraft getreten. Diese Richtlinien wurden von der Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA bereits im September letzten Jahres als Mindeststandard anerkannt. Sie finden nun ab dem 1. März auf alle Emissionen von Strukturierten Produkten zwingend Anwendung. Diese Gap-Analyse gibt Auskunft über die dadurch eingeführten wichtigsten Neuerungen im Verhältnis zu den Richtlinien aus dem Jahre 2007.
1. Geltungsbereich
Die Richtlinien 2014 stellen klar, dass ein vereinfachter Prospekt nur erstellt werden muss, wenn ein Vertrieb im Sinne von Art. 3 KAG bzw. des FINMA Rundschreiben 2013/9 Vertrieb Kollektiver Kapitalanlagen erfolgt. Diese Anpassung wurde notwendig, weil Im Rahmen der KAG-Revision 2013 das Prinzip der öffentlichen «Werbung» mit dem Prinzip «Vertrieb» ersetzt wurde. Es wird auch detaillierter ausgeführt, dass die EU Prospektrichtlinie den Anforderungen des Kollektivanlagegesetzes genügt, wenn strukturierte Produkte entweder ausserhalb der Schweiz oder an qualifizierte Anleger vertrieben werden und in jedem Fall vor der Zeichnung bzw. vor Abschluss des Vertrags ein Kotierungsprospekt bzw. Prospekt gemäss EU-Prospektrichtlinie angeboten wird.
2. Umschreibung der strukturierten Produkte und Abgrenzungen
Die Richtlinien 2014 verzichten neu auf eine Legaldefinition des Begriffs «Strukturierte Produkte» und verweisen neu bloss auf die Definition von strukturierten Produkten im Sinne von Art. 5 KAG. Die Erläuterungen verzichten neu darauf zu erwähnen, dass Produkte, bei denen im Wesentlichen der Risikotransfer im engeren Sinne im Vordergrund steht, zu den strukturierten Produkten gezählt werden. Zudem fällt der Hinweis weg, dass Produkte, welche eine Kollektive Kapitalanlage als Basiswert aufweisen, strukturierte Produkte sind. Man wird sich neu demnach bloss auf die FINMA-FAQ Strukturierte Produkte abstützen müssen, wenn kollektive Kapitalanlagen zwischen strukturierten Produkten unterschieden werden müssen.
3. Informationspflicht Grundsatz
Der vereinfachte Prospekt muss interessierten nicht qualifizierten Anlegern proaktiv angeboten werden und diese müssen darauf hingewiesen werden, wo der vereinfachte Prospekt bezogen werden kann. Im vorläufigen vereinfachten Prospekt müssen die einzelnen wirtschaftlichen Parameter noch nicht definitiv festgelegt werden und können bloss mit indikativen Werten angegeben werden. Diese indikativen Werte sind klar als solche zu bezeichnen.
4. Informationspflicht: Inhalt
Der vereinfachte Prospekt ist in drei Oberkategorien: 1. Produktebeschreibung, 2. Gewinn- und Verlustaussichten, und 3. Bedeutende Risiken für Anlegerinnen und Anleger zu gliedern. Weiter leicht verständliche Informationen können künftig hinzugefügt werden.
5. Inhalt «Produktebeschreibung»
Neu ist in jedem Fall anzugeben, ob der Emittent einer prudentiellen Aufsicht untersteht oder nicht (mit Angabe der Aufsichtsbehörde) bzw. auf eine fehlende Unterstellung ausdrücklich hinzuweisen. Ein Rating muss ebenfalls aufgeführt werden bzw. darauf hingewiesen werden, dass kein Rating besteht. Die Kategorisierungsnummer und Produktebezeichnung gemäss Kategorisierung des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte bzw. eine möglich Kotierung müssen angegeben werden.
Insbesondere ein in der Branche heiss diskturiertes Thema, u.a. auch Gegenstand wiederholter Berichte im payoff magazine, ist die Offenlegung aller Gebühren für den Vertrieb, einschliesslich Vertriebsvergütungen an Vertriebspartner. Die Offenlegung erfolgt grundsätzlich als Prozentsatz des Nominalbetrags, kann aber auch in der Form von Berechnungsparameter erfolgen, wenn die Gebühren von der Performance des strukturierten Produkts abhängig sind. Bei Produkten, deren Basiswert während der Laufzeit diskretionär verwaltet wird, ist auf der ersten Seite des vereinfachten Prospekts, an prominenter Stelle und in Fettdruck auf die dynamische, diskretionäre Verwaltung hinzuweisen.
Zudem müssen neu die Eckwerte der Anlagestrategie, der Verwalter, die Verwaltungskommission, die Angabe wo die Information zur Anlagestrategie kostenfrei bezogen werden kann und die Angabe bei welcher Stelle die aktuelle Zusammensetzung des Basiswerts zugänglich ist, offengelegt werden. Letztlich müssen auch die Sicherheiten beschrieben werden, sowie die Methodik, Höhe, Qualität, allfällige Anpassung der Laufzeit und der Verwertungsmechanismus dargelegt werden (inklusive der Angabe über die Verwahrstelle und die Angabe bei welcher Stelle der Sicherungsvertrag kostenfrei zugänglich ist).
6. Inhalt «Gewinn- und Verlustaussichten»
Im vorläufigen und im definitiven vereinfachten Prospekt muss aufgezeigt werden, wie sich die Kursentwicklung in den Basiswerten auf den Rückzahlungsbetrag bzw. die Lieferverpflichtungen unter dem strukturierten Produkt auswirken. Dem Anleger muss in leicht verständlicher Sprache erklärt werden, was die maximale Rendite erzielen kann oder der maximale Verlust ist.
In Summe heisst das für Emittenten eine Anpassung vielerlei Details für den Vertrieb von Strukturierten Produkten und eine weiteres Element im Regulierungskorsett.
Martin Liebi, Dr. iur., LL.M., CAIA ist Head Legal & Compliance Asset Management bei Deloitte AG in Zürich.
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