Roundtable: Anlagethemen der Zukunft
«ROUNDTABLE MEGATRENDS» In einem ausgewogenen Portfolio spielen Megatrends das Zünglein an der Waage. Drei ausgewiesene Experten diskutieren über langfristige Themen, «Quantitative Easing», den hauseigenen Researchprozess, die Umsetzung in Anlageprodukte, Risiken und ihre persönlichen Favoriten.
Andreas Knörzer: Es gibt zwei Themen, die als Megatrends subsumiert werden können: die Verringerung des globalen Wohlstandsgefälles und die begrenzte Verfügbarkeit vieler natürlicher Ressourcen. Das erste Thema führt generell zu einer Präferenz für Investments in Schwellenländer, die sich im Gegensatz zu den Industrieländern dynamisch entwickeln. Das zweite Thema beinhaltet diverse Trends wie Wasser- und Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, oder auch generell mehr «verantwortungsvoller Konsum».
Burkhard Varnholt: Unsere zukunftsorientierte Anlagephilosophie mit dem Namen Next Generation baut auf diesen Mega-Trends auf. «Digital Disruption» ist zum Beispiel einer dieser sieben Anlagethemen, die dem Phänomen der Digitalisierung und deren Einfluss auf Industrien und Konsum nachgeht. Oder auch «Shifting Lifestyles», welches Auswirkungen der alternden Bevölkerungsstrukturen auf das Konsumverhalten untersucht.
Richard Dunbar: Ein unterschätztes Thema sehen wir in der zukünftigen Produktivität von Volkswirtschaften. Wird diese jemals wieder das Vorkrisenniveau erreichen? Das gängigste Argument ist, dass die Überalterung der Bevölkerung die Produktivität belastet, aber der steigende Frauenanteil an der Erwerbsbevölkerung und die verbesserte Bildung der Erwerbstätigen könnten die Negativeffekte der Überalterung mildern. Wir haben uns in den letzten Jahren so stark auf das Negative fixiert, dass wir die positiven Überraschungen völlig ausser Acht gelassen haben.
Burkhard Varnholt: Megatrends einzeln betrachtet bleiben in der Regel zu breit, um anlagetechnisch vielversprechend genutzt zu werden. Wir konzentrieren uns deshalb auf die Wirkung eines oder mehrerer Mega-Trends auf das strukturelle Wachstum entlang von Wertschöpfungsketten in Industrien und Märkten. Diese umfassenden Anlagethemen dienen dann als Rahmen zur Identifizierung von potenziellen Gewinnern und Verlierern.
Richard Dunbar: Dreh- und Angelpunkt des Investmentprozesses von Aberdeen ist der langfristige Horizont. Wir lassen uns bewusst Zeit, wir gehen extrem methodisch vor, bevor wir das Geld unserer Kunden aufs Spiel setzen. Ein zentrales Element dieses Prozesses ist gründliches eigenes Research. Und wir investieren erst, nachdem wir das Management des betreffenden Unternehmens mehrfach getroffen haben. Auch ist es keineswegs ungewöhnlich, dass wir eine Aktie zehn Jahre lang halten.
Andreas Knörzer: Bei Notenstein besteht hierfür ein Zusammenspiel unserer drei Researchteams: Makroresearch, das u.a. zukünftige Wachstumsregionen identifiziert, Finanzresearch, das wirtschaftliche und technologische Entwicklungen auf Branchen- und Unternehmensebene verfolgt und Nachhaltigkeitsresearch, das den Einfluss der breiteren sozialen und ökologischen Entwicklungen auf Länder, Unternehmen und Branchen analysiert.
Richard Dunbar: Viele Investoren basieren ihre Anlageentscheidungen auf ungenauen Annahmen. Natürlich kann Caterpillar Auftrieb durch die Urbanisierung erhalten, aber nur, wenn das Unternehmen gut geführt ist, was effektiv der Fall ist. Sowohl akademische Forschung als auch praktische Erfahrung zeigen, dass es keine Verknüpfung zwischen dem BIP-Wachstum und den Aktienkursen eines Landes gibt. Vor einer Anlage muss man seine Hausaufgaben machen. Dies ist leider unumgänglich.
Andreas Knörzer: Hausaufgaben gilt es auch speziell beim Thema «Urbanisierung» zu machen. So sollten die Ziel-Unternehmen einerseits einen klaren regionalen Fokus auf Schwellenländer haben. Andererseits betrifft Urbanisierung neben der Bauindustrie ein breites Spektrum an Branchen, vor allem im Bereich Infrastruktur, z.B. Energietechnik, Verkehrstechnik, Umwelttechnik, Kommunikationstechnik. Es empfiehlt sich also ein breiter diversifiziertes Portfolio.
Burkhard Varnholt: Herr Raab, noch zu Ihrem Beispiel von Caterpillar – nein, man kommt nicht umhin, die Wertschöpfungskette vollständig zu analysieren. Die Gewinner von heute können schnell zu Verlierern von morgen werden, wenn man die Wettbewerbssituation in einer Branche, wie den Zement- oder Stahlherstellern, falsch einschätzt. Wie von Herrn Knörzer gerade gesagt: Man sollte diversifiziert in ein Thema investieren und aktives Risikomanagement betreiben.
Burkhard Varnholt: Der mediale Hype um das «Internet der Dinge» wird für IT-Unternehmen immer mehr zum Fokus. Ungelöst sind hier noch Fragen bezüglich Infrastruktur, Standards und Plattformen. Darüber hinaus werden ausgereiftere Analyseverfahren für die weiter wachsende «Big Data» gefragt sein und natürlich das Thema Datensicherheit.
Richard Dunbar: Herr Varnholt sagt es richtig, es ist ein Hype. Einige Bewertungen im IT-Sektor sind sprunghaft gestiegen. Anleger müssen sehr vorsichtig vorgehen. Technologische Umwälzungen werden in diesem Jahr dennoch Hauptthema bleiben. Mit Bezug zu Anlagemöglichkeiten ist der US-amerikanische IT-Sektor mit weitem Abstand auf diesem Gebiet führend – und bleibt es auch.
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