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payoff Focus

Roundtable «Passive Investments & Indexing»

03.10.2018 17 Min.
  • Daniel Manser

Sechs führende Köpfe im Investmentgeschäft diskutieren über passive Vermögensanlagen, smarte Indexing-Ansätze und Empfehlungen zur Asset Allocation.

Liebe Kollegen, ETFs verkauften sich letztes Jahr ein Stück einfacher als inzwischen–oder wie nehmen Sie die wachsende Anbieterkonkurrenz wahr?

Claus Hecher In der Tat war nach einem furiosen Jahresauftakt im Januar und Februar das ETF-Neugeschäft in den nachfolgenden Monaten verhalten. Die Schwankung wurde durch die verunsichernde geopolitische Situation und ihre Auswirkungen auf die Kurse an den Weltbörsen ver- ursacht. Die Wettbewerbssituation unter den Anbietern hat keinen Einfluss auf die Nettomittelzuflüsse in die Produktkategorie ETF. Der Trend, dass passive Anlageprodukte gegenüber aktiv gemanagten Produkten weiterhin an Popularität gewinnen, bleibt ungebrochen.

Karin Russell-Wiederkehr Dass die Mittelzuflüsse schwanken, ist völlig normal und nicht nur eine Frage des Wettbewerbs. Da ETFs einfach zu handeln sind, werden sie häufig für die taktische Allocation verwendet. Aktuell sehen wir, dass sich Anleger wegen des volatileren Marktumfelds defensiver positionieren. Betrachtet man die ETF-Mittelzuflüsse im zweiten Quartal, waren auf der Bond-Seite tendenziell weniger risikoreiche Engagements gefragt. Bei Aktien-ETFs lagen globale Engagements und die USA vorn, während Europa, Japan und Schwellenländer abgegeben wurden.

Ivan Durdevic Der Markt verändert sich und es ist eine deutliche Verschiebung von rein passiven ETFs hin zu ETFs, die komplexere Anlagebedürfnisse erfüllen, zu beobachten. Bestehende und neue ETF-Anbieter beginnen über passive Indexanlagen hinauszublicken und alle Anlagelösungen, die sie ihren Kunden im Rahmen des ETF-Vehikels anbieten können, in Betracht zu ziehen. Der ETF-Markt wächst in vielen verschiedenen Bereichen. Dabei rücken vor allem Smart-Beta und aktive Strategien in den Fokus, insbesondere unter den Marktbedingungen, wie wir sie seit Jahresbeginn beobachten.

Marco Strohmeier Für uns liegt der Fokus viel mehr auf den Marktbedingungen, als auf der Konkurrenz. Aber es ist richtig, dass die Neumittelzuflüsse gegenüber 2017, welches ein ausserordentliches Jahr war, hinterherhinken – vergleicht man die Neumittelzuflüsse allerdings mit 2016, 2015, 2014, so befindet man sich ziemlich genau auf dem gleichen Wachstumspfad wie in den Vorjahren. Das Wachstumspotenzial im ETF-Markt ist aber nach wie vor enorm.

Raimund Müller Wir freuen uns, dass UBS ETF in Europa im ersten Halbjahr mit einem Neugeldzuwachs von USD 6.38 Billionen stärker gewachsen ist, als jeder andere ETF-Anbieter. Investoren schätzen die ausgezeichneten Anlagelösungen von UBS ETF. So beobachteten wir eine starke Nachfrage in den Bereichen Nachhaltigkeit, Währungsabsicherung sowie intelligenten Aktien, Obligationen und Rohstoffanlagen

Sven Württemberger Die Konkurrenz unter den Anbietern war immer schon gross, das ist in diesem Jahr nicht viel anders als in den Jahren zuvor. Die Themen ändern sich, mal positionieren sich neue Anbieter mit Smart-Beta-ETFs, dann mit ESGProdukten, jetzt über besonders niedrige Gebühren. Als einer der marktführenden Anbieter müssen wir natürlich darauf achten, bei jedem aktuellen Thema jeweils zur Spitzengruppe zu gehören. Das ist uns bei der DWS mit den Xtrackers-ETFs bisher sehr gut gelungen.

 

Herr Müller, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:

Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… das effiziente Eingehen von Risiken in verschiedene Anlageklassen.

Genau hinsehen sollte man bei…

… der Replikationsqualität und Liquidität. Beides sind elementar wichtige Produkteigenschaften.

Häufig missverstanden wird…

… das Währungsrisiko. Eine systematische Absicherung von Fremdwährungen zahlt sich aus.

Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… mit vielseitigen Fonds flexibel und kosteneffizient in zahlreiche Anlageklassen investieren.
 

…ist man durch aggressive Preissenkungen auch ein bisschen Brandstifter?

Ivan Durdevic Viele Anleger machen ihre Entscheidung nicht nur vom Preis abhängig. Der Zugang zu einem gänzlich liquiden Produkt oder die Kontrolle von Risiken gilt als viel entscheidender, insbesondere bei nicht indexgebundenen Produkten.

Sven Württemberger Hier wird oft vergessen, dass ETFs im Gegensatz zu vielen anderen Produkten von Anlegern nachgefragt werden, und nicht «in den Markt gedrückt» werden können. Daher sehe ich ETF-Anbieter nicht als Brandstifter. Die Preissenkungen sind ja eine Reaktion auf eine existierende, hohe Nachfrage seitens der Investoren. Aber auch dies ist ja nichts Neues. Die DWS hat als erster in Europa eine, auf günstige ETFs konzentrierte, Core-Palette eingeführt.

Karin Russell-Wiederkehr ETFs wurden in der Branche schon immer ernst genommen, da sich Anleger mit ihnen kostengünstig in Aktien, Obligationen und Rohstoffen engagieren können. Im Laufe der Zeit führten Skaleneffekte und die Digitalisierung dazu, dass die Anbieter weitere Preissenkungen offerieren konnten. Die Strategie von Amundi stützt sich darauf, Anlegern ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Als grösster europäischer Asset Manager sind wir dazu gut aufgestellt. Doch der Preis ist nicht das Einzige, worauf Anleger achten sollten. Wichtig sind u.a. auch die Angebotsbreite und die Robustheit des ETF-Anbieters.

Marco Strohmeier ETFs sind im Bereich der Kernanlageklassen mittlerweile «commodities» und der Markt hat inzwischen eine gewisse Reife – insofern erstaunt es nicht, dass die Preise tendenziell fallen und sich auf einem gewissen Level einpendeln. Bei Preisen zwischen 0.07% und 0.20% für Kernbausteine im Aktien und Obligationenbereich, gibt es für Anbieter kaum noch Potential sich in Bezug auf die Preise zu differenzieren. Die langfristigen «Gewinner» werden jene Anbieter sein, die durch Skalenvorteile, Technologie und starke Plattformen die Fixkosten tiefhalten können.

Raimund Müller «Passive» ist mehr als nur ein tiefer Preis. Ganz wichtig ist auch die Innovationskraft. Und genau dort setzen wir an und verfolgen unsere Strategie konsequent. UBS ETF bietet Investoren nicht nur wettbewerbsfähige ETFs sondern auch ausgezeichnete Vielfalt, Qualität und Service. Dies ist was Investoren offensichtlich schätzen.

Claus Hecher Wenn ETF-Anbieter die laufenden Gebühren für ausgewählte Produkte im Angebot senken, freut sich zuerst der Investor. Gerade in Zeiten, in denen Anleger durch die niedrigen Kapitalmarktzinsen vermehrt auf die Kosten ihrer Kapitalanlage achten, können ETFs dadurch ihre Beliebtheit zusätzlich erhöhen. MIFID II motiviert vermehrt Kundenberater und selbstentscheidende Privatanleger ETFs im Wertpapierdepot einzusetzen. Für die Anbieter bedeutet dies, niedrigere Einnahmen aus Gebühren durch Wachstum bzw. steigende Marktanteile auszugleichen.

Herr Württemberger, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:

Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… eine unbedingte Voraussetzung, bevor man einen einzelnen ETF auswählt.

Genau hinsehen sollte man bei…

… dem Gesamtpaket, das ein ETF-Anbieter liefert, denn die Pauschalgebühr ist hier nur ein kleiner Teil.

Häufig missverstanden wird…

… dass ein grosses Handelsvolumen bei ETFs nicht heisst, dass auch die entsprechenden Wertpapiere ge- und verkauft werden.

Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… aktives Management mit passiven Produkten – ein Trend, der noch stark zunehmen wird.

Es gibt jede Woche neue Indizes, auf die wiederum sehr häufig auch ETFs emittiert werden. Droht endgültig ein Dschungel?

Marco Strohmeier Die Kadenz der Indexneulancierungen ist in der Tat sehr hoch – der «Reality Check» sind dann jeweils die entsprechenden Mittelzuflüsse in den Produkten. Es zeigt sich jedoch, dass Anleger nur zögerlich von klassischen Indexkonzepten abweichen. Mit Smart Beta (Indizes, die nicht nach Marktkapitalisierung gewichten) aber auch mit Nachhaltigkeitsanlagen gibt es allerdings zwei wichtige Ausnahmen zu vermelden. Letztlich entscheidet der Investor welche Strategien sich effektiv etablieren und welche Konzepte wieder verschwinden oder als Nischenprodukte überleben.

Claus Hecher Sie spielen wohl auf die zahlreichen «neumodischen » Smart-Beta-ETFs an. In der Tat kommt hier durch die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Indexkonzepte viel Arbeit auf die ETF-Selektoren in den Banken zu. Aber wenn es um die Identifizierung von attraktiven Renditequellen geht, sollte sich der Aufwand lohnen. Für wohlbekannte Standardindizes halte ich das Absatzpotential von «Me too»- Produkten begrenzt. Wer braucht schon den zehnten DAX-ETF 15 Jahre nach seiner Premiere?

Raimund Müller Investoren bietet sich eine zunehmende Vielfalt an Indizes und ETFs – einhergehend mit mehr Opportunitäten ihre Bedürfnisse abzudecken. Damit unsere Kunden nicht den Überblick verlieren, steht UBS ETF gerne auch als verlässlicher Partner beratend zur Seite.

Karin Russell-Wiederkehr Die Angebotsausweitung ist eher eine Frage der Organisation und Präsentation. Letztlich ist es, wie wenn man in den Coop einkaufen geht. Dort sind die Produkte gut gruppiert, und wenn ich Pasta möchte, gehe ich nicht in die Gemüseabteilung. Ähnliches gilt für Indizes. Solange die Indizes und die entsprechenden ETFs korrekt gelabelt sind, sehe ich keine Gefahr. Wichtig ist für uns jedoch, bei der Indexauswahl strenge Kriterien z.B. hinsichtlich der Liquidität und der Transparenz anzulegen, wobei wir hier intensiv mit Indexanbietern zusammenarbeiten.

Sven Württemberger Tatsächlich gibt es mehr Indizes als handelbare Wertpapiere. Wenn es entsprechend viele ETFs gäbe, müsste man sich Sorgen machen. Aber das ist nicht der Fall. Seit 2015 ist die Zahl der ETFs in Europa nur leicht von 1’500 auf rund 1’600 Produkte gestiegen. Wir diskutieren vor einer Auflage intensiv mit potentiellen Investoren, welche Ansprüche sie an ETF, Segment und Index haben. Die Zeit des ungebremsten ETF-Wachstums nach Zahl der Produkte ist vorbei.

Ivan Durdevic Eines der Probleme, unter denen der ETF-Markt in den letzten Jahren litt, bestand darin, dass es ihm an Innovation mangelte und immer wieder dieselben Indizes repliziert wurden. Um den Anlegern bei ETFs eine Auswahl und Flexibilität zu bieten, müssen ETFAnbieter neue Ideen und innovative Produkte vorlegen. Dies gilt insbesondere für Neueinsteiger. Wir konnten dies vor vier Jahren beobachten, als J.P. Morgan Asset Management in den ETF-Markt in den USA einstieg und einige unserer Wettbewerbsstärken in ETFs einbrachte, zum Beispiel innovative Produkte im aktiven Bereich und hochgradig wettbewerbsfähige passive ETFs.

Herr Hecher, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:


Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… wichtig, um die Risiken zwischen den Anlageklassen Aktien, Obligationen und Rohstoffe zu diversifizieren.

Genau hinsehen sollte man bei…

… physischen ETFs, ob und wie intensiv Wertpapierleihegeschäfte betrieben werden. Gegenparteirisiken auf synthetische ETFs zu reduzieren, ist ein weitverbreiteter Irrtum.


Häufig missverstanden wird…

… dass der ETF mit der niedrigsten Gebühr noch lange nicht die beste Performance nach Kosten abliefert. Auf die Tracking-Differenz als Mass für die Abbildungsqualität kommt es tatsächlich an.


Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… von kurz- oder mittelfristigen Trends einer Anlageidee zu profitieren. Die Flexibilität des ETFs beim Börsenhandel ermöglicht eine effiziente Umsetzung.


…hat sich das Fachwissen rund um ETFs und Indexing bei den Anlegern vertieft?

Karin Russell-Wiederkehr Auf jeden Fall – sehr sogar. Dies gilt vor allem für institutionelle Investoren, die in Europa den Grossteil der Anlagegelder halten. Erhebliche Mittelzuflüsse und das gestiegene Know-how, wie man ETFs bei der Portfolio Allocation sinnvoll einsetzen kann, sind Ausdruck dafür. Aber auch Privatkunden beschäftigen sich inzwischen intensiver mit ETFs, wobei die neuen Regularien ein wichtiger Motor hierfür sind. Eine Herausforderung für ETF-Anbieter wird künftig sein, die Distributoren dabei zu unterstützen, den Kenntnisstand privater Anleger zu vertiefen.

Raimund Müller «Einfach, transparent, flexibel», diese drei Charakteristiken umschreiben die Vorzüge von ETFs. Doch ganz so einfach wie in der Anfangszeit ist die Produktwelt nicht mehr. Entsprechend wichtig ist die Expertise bei der Selektion des richtigen Index und des entsprechenden ETFs. Unsere Kunden verlangen immer mehr Fachliteratur als Entscheidungsgrundlage. Mit den On-Track-Research- Publikationen bieten wir Kunden wertvolle Erkenntnisse.

Ivan Durdevic Das haben sie. Die Due-Diligence-Fragebögen und Angebotsanfragen sind deutlich präziser und komplexer als noch vor wenigen Jahren. Früher waren ETFs gleichbedeutend mit passiven Vehikeln oder Index-Tracking- Tools. Heute ist Anlegern bewusst, dass ETFs viel mehr sind – zumal sie als Werkzeuge dienen können, um einen Markt auf liquide, kostengünstige, transparente und einfache Weise zu erschliessen. Dies kann passive, Smart Beta- und sogar aktive Fähigkeiten umfassen. Anleger haben zudem Teams mit der Durchführung eines spezifischen ETF-Researchs beauftragt. Dies zeigt, dass ETFs mittlerweile einen grossen Teil ihrer Anlagen ausmachen.

Sven Württemberger Auf der einen Seite ja, das Grundwissen ist in der Regel vorhanden, wir müssen nicht mehr den Unterschied von ETF-Handel und einer normalen Fonds-Order erklären. Aber es kommen natürlich wieder neue Themen dazu, wie zum Beispiel Faktor-Investing. Daher haben wir auch immer Gesprächsanlässe, was natürlich auch positiv ist.

Claus Hecher Sehr wohl! Das haben ETF-Anbieter unter anderem der umfangreichen und überwiegend positiven Berichterstattung in den Finanzmedien zu verdanken. Finanzprofis setzen ETFs aufgrund der offensichtlichen Vorteile in ihrer Asset Allocation ein. Marketing und Kommunikation helfen, den Endanleger zu erreichen. Er kann z. B. über ETFSparpläne langfristigen Vermögensaufbau betreiben oder über digitale Vermögensverwalter sein liquides Vermögen mit ETFs als kostengünstige Portfoliobausteine managen lassen.

Marco Strohmeier Definitiv, indexierte Lösungen werden von Endkunden immer stärker nachgefragt und auch im Rahmen der gebührenbasierten Bankberatung vermehrt verwendet. Die Anleger schauen sich zudem auch an, mit welchen Instrumenten professionelle Vermögensverwalter und Institutionelle arbeiten. Insofern steigt auch das Anlegerwissen und die Nachfrage nach «Schulungsangeboten» beispielsweise im Rahmen von Kundenberaterseminaren.

Frau Russell-Wiederkehr, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:

Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… schnell und einfach umsetzbar.

Genau hinsehen sollte man bei…

… der Auswahl von Single- und Multi-Faktor-ETFs.

Häufig missverstanden wird…

… das Risiko Swap-basierter ETFs. Dieses ist nämlich mit dem physisch replizierender ETFs durchaus vergleichbar.

Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… dynamisch zu sein und so höhere Renditen anzustreben.


Sind die seit fast 8 Jahren nach oben gelaufenen Aktienbörsen eine Bedrohung für passive, long-only Instrumente wie ETFs?

Raimund Müller Mit einem vielfältigen Angebot an ETFs über verschiedene Anlageklassen wie Fixed Income, Rohstoffe inklusive Edelmetalle lassen sich unterschiedliche Marktszenarien und mögliche Rotationen effizient umsetzen. Darüber hinaus bieten Alternative-Beta-Aktien-ETFs auf Faktoren wie Low Volatility oder Quality die Möglichkeit das Portfolio mit long-only Instrumenten defensiver auszurichten.

Marco Strohmeier Im Gegenteil, ETFs bieten in ihrer Vielfalt genau jenes Instrument, mit dem Investoren schnell und kosteneffizient Risiken umschichten können. Es stehen mittlerweile eine Vielzahl von konservativen Aktienstrategien (Minimum Volatility, Quality, High Dividend) aber natürlich auch hochwertige Bond-, Rohstoff- oder Immobilienstrategien als ETF zur Auswahl. Entsprechend müssen weniger liquide, längerfristige Positionen bei Marktverschiebungen nicht angefasst werden.

Sven Württemberger Nein, die sehe ich nicht, und zwar aus folgenden Gründen: ETFs sind eine Hülle für Investoren, wenn auch eine sehr effiziente und beliebte Hülle. Aber ETFs sind ja beileibe nicht der Grund, weshalb die Aktienmärkte einen Bullenmarkt hingelegt haben, sondern viel eher die extrem laxe Politik der Notenbanken, und wirtschaftsfreundliche Reformen in vielen Ländern. Zudem werden ETFs zur Abbildung einer Anlagestrategie genutzt, die auf einer Marktmeinung basiert – ETFs sind hier nur das zugrundeliegende Vehikel um diese Meinung umzusetzen. Daher sehe ich keinen Grund, weshalb ein neuer Börsentrend eine Bedrohung für ETFs sein sollte.

Ivan Durdevic Die Anleger gewinnen Vertrauen und Sicherheit im Umgang mit dem ETF-Vehikel. Früher wurden nur kapitalisierungsgewichtete Plain-Vanilla-Indizes in ETFs verwendet. Heute können Anleger dank Tools von Smart Beta Fixed Income über Multi-Factor Strategic Beta sowie Themeninvestments bis hin zu liquiden Alternativen Portfolios aufbauen, die sie vor fünf oder zehn Jahren nicht für möglich gehalten hätten. ETFs decken dieses Szenario tatsächlich ab. Wir haben den ersten europäischen ETF «JELS» (JPMorgan ETFs (Ireland) ICAV – Equity Long-Short UCITS ETF) aufgelegt, der ein Long-/Short-Aktienengagement im Markt anstrebt und eine mögliche Marktveränderung antizipiert.

Claus Hecher Show Stopper sehe ich keine am Horizont. Sollten wir einen ausgeprägten Bear-Markt bei Aktien bzw. Obligationen durchlaufen, müsste sich die ETF-Industrie insbesondere aufgrund der Wertentwicklung auf eine Wachstumsdelle einstellen. Die Erfahrung der letzten Krise 2008 hat jedoch gezeigt, dass die relative Bedeutung von Indexprodukten gerade in schwierigen Märkten zunimmt. Hier wird die Grundlage für überproportional zunehmende Zuflüsse in ETFs für die sich anschliessende Erholungsphase gelegt.

Karin Russell-Wiederkehr ETFs können in den unterschiedlichsten Marktphasen gute Lösungen für Anleger bieten. Betrachtet man die aktuell höhere Volatilität, können marktneutrale ETFs, wie sie kürzlich von Amundi lanciert wurden, sinnvoll sein. Der wesentliche Vorteil von ETFs ist, dass man sich mit ihnen in einer einzigen Transaktion in einem Aktienkorb engagieren kann. Dies ermöglicht Diversifikation zu geringen Kosten und eine zeitnahe Positionierung je nach Marktlage. Die Angebotsbreite ermöglicht es Anlegern zudem, ein Portfolio entsprechend ihrer Risikobereitschaft aufzubauen. Die jüngsten Innovationen bei Renten- und Faktor- ETFs sind Beispiele dafür.

Herr Durdevic, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:

Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… einfach zu implementieren.

Genau hinsehen sollte man bei…

… der Vielfältigkeit an aktiven Investment-Strategien, die nun mit ETFs erhältlich sind.

Häufig missverstanden wird…

… ETFs sind nicht nur passiv.

Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… ich habe einen effizienten, flexiblen und handelbaren Zugang zu praktisch jedem Markt.


Abschliessend: Welche neuen Trends oder disruptiven Elemente erwarten Sie in nächster Zeit rund um Anlegen, ETFs und Indexing?

Sven Württemberger Ein wichtiges neues Element ist sicherlich die steigende Nachfrage nach ESG-Anlagen. Investoren fragen zu Recht, welchen Effekt ihre Anlage langfristig auf Gesellschaft und Umwelt hat. Hier sollten ETF-Anbieter eine überzeugende Antwort haben. Daher haben wir unsere Palette an nachhaltigen Xtrackers-ETFs deutlich ausgebaut.

Marco Strohmeier Wir erwarten substantielle Mittelzuflüsse im Bereich der Nachhaltigkeitsstrategien und werden hier unser Angebot auch markant ausbauen, um den Bedürfnissen aller Kundensegmente Rechnung zu tragen. Bei weiterhin günstigen Marktbedingungen sehen wir zudem, dass sich die Erfolgsgeschichte von thematischen ETFs (Megatrend Investments) fortschreiben wird. Eine weitere wichtige Entwicklung sehen wir in der differenzierteren Verwendung von ETFs und Indexfonds in Kombination, um Portfolios so effizient wie möglichst aufzustellen.

Ivan Durdevic Wir haben beobachtet, dass MiFID II die Landschaft der Fondsauswahl bereits verändert hat und ETFs tendenziell bevorzugt werden. Hier gibt es eine Möglichkeit mit Distributoren. Transparenz und ein Look-Through-Ansatz (Regulierung) werden definitiv zum Standard für institutionelle Anleger. Festverzinsliche ETFs gehören nach wie vor zu den am schnellsten wachsenden ETF-Bereichen – eine Dynamik, die sich mit zunehmender Reife und Entwicklung dieser Produkte vermutlich fortsetzen wird. Festverzinsliche ETFs bieten geringere Kosten sowie Komfort, Transparenz und Intraday-Zugang. Darüber hinaus können sie zum Aufbau robusterer Portfolios und zur Lösung einer Vielzahl von Anlagebedürfnissen eingesetzt werden.

Raimund Müller In diesem Zusammenhang ist sicherlich die Online-Vermögensverwaltung via ETFs ein Trend im Fintech-Bereich, den wir beobachten. Für die Anlage von kleineren Vermögen können sogenannte Robo-Advisors eine kostengünstige Alternative darstellen. Auf der Produktebene erwarten wir eine zunehmende Nachfrage nach ETFs mit Währungsabsicherung sowie nachhaltigen Kriterien. Ebenso sehen wir Obligationen-ETFs sowie Alternative Beta-ETFs weiter auf dem Vormarsch.

Karin Russell-Wiederkehr Wir werden weitere Produktinnovationen entwickeln, wobei speziell Fixed-Income- und Smart-Beta-ETFs einen Schwerpunkt bilden. Zudem wollen wir auch künftig ESG-Kriterien in Form von Best-in-Class-Ansätzen, Ausschlussfiltern oder durch Portfolio-Dekarbonisierung integrieren.

Claus Hecher Ein Megatrend der Geldanlage sind sicherlich die Umwelt, Sozial- oder Governance-Themen und die aus ihnen erwachsenden Chancen und Risiken. Vielleicht sind wir in einigen Jahren so weit, dass nachhaltige Indexkonzepte der Standard für die ETF-Industrie werden. Die Qualität der gängigen Indexkonzepte stimmt ja bereits, und das Vorurteil, dass ein verantwortungsvoller Investmentansatz zu Lasten der Wertentwicklung geht, kann für zahlreiche Märkte widerlegt werden.

Herr Strohmeier, bitte vervollständigen Sie die folgenden Sätze:

Asset Allocation ist für ETF-Anleger…

… immer eine aktive Entscheidung, die aber mit einem indexierten Produkt umgesetzt wird.

Genau hinsehen sollte man bei…

… Produktvergleichen und neben den TER auch die Trackingqualität und die externen Kosten eines ETFs mitberücksichtigen.

Häufig missverstanden wird…

… die Liquidität und Vorteile von ETFs in nicht-börsengehandelten Fixed-Income-Märkten.

Taktisch mit ETFs anlegen heisst…

… anstelle von Einzeltiteln Asset-Klassen, Regionen, Sektoren oder Themen auszuwählen und schnell sowie kostengünstig zu investieren.


Vielen Dank!

 

 

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