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payoff Focus

Saudi-Arabien – Börse mit Potenzial!

01.11.2018 9 Min.
  • Dieter Haas

Steigende Ölpreise und die Integration in den MSCI Emerging Market Index im Mai 2019 sorgen für zunehmende Phantasie. Investitionen in Saudi-Arabien-ETFs versprechen überdurchschnittliche Gewinnchancen.

Der saudische Aktienmarkt ist für kleinere Privatanleger nicht direkt zugänglich. Kürzlich implemtierte Lockerungen der Regeln erleichtern mittlerweile jedoch den Marktzugang für qualifizierte ausländische Investoren (QFI), was Emittenten zur Ausgabe gepoolter Anlagevehikel nutzten. So lancierte Invesco im Juni einen ETF auf den MSCI Saudi Arabia 20/35 Capped Index. Er eröffnet Privat-anlegern breit diversifiziert den Zugang zur saudischen Börse. Eine Börse die aus verschiedenen Überlegungen mittelfristig grosse Reize offenbart. So sieht die Vision 2030 der saudischen Regierung eine Transformation des Landes in ein Anlagekraft-paket und ein Epizentrum des Handels vor. Für das Gelingen des Vorhabens sind ein starkes Wirtschaftswachstum sowie offene Kapitalmärkte vonnöten. Die, in zwei Schritten im Juni und August 2019 vorgesehene, Integration in den MSCI Emerging Markets Index ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Der auf Mid und Large Cap fokussierte MSCI Saudi Arabia Index soll anfänglich mit einem Anteil von ca. 2.3% in den Schwellenländer-Weltindex von MSCI einfliessen. Das ist vergleichbar mit der Grösse von Mexiko, Malaysien oder Russland. Der Einbezug in das wichtigste Börsenbarometer für Schwellenländer dürfte in den kommenden Monaten erhebliche aktive und passive Kapitalzuflüsse auslösen und dazu führen, dass der Aktienmarkt merklich an Wert zulegen sollte. Beispiele anderer Schwellenländer in der Vergangenheit, wie die Integration der Börsen der Vereinigten arabischen Emirate oder diejenige von Katar im Juni 2014, zeigen mögliche Auswirkungen auf die Kursentwicklung der saudi-arabischen Börse. In beiden Fällen setzte bereits im Anschluss an die Ankündigung von MSCI, rund ein Jahr vor der eigentlichen Integration, ein Kursanstieg ein. Mit anderen Worten, die Anleger begannen frühzeitig, die geplanten Änderungen zu eskomptieren.

 

«Der frühe Vogel fängt den Wurm.»

 

Selbst nach den jüngsten Kapitalzuflüssen halten Ausländer erst einen Bruchteil am Gesamtmarktindex Tadawul (ca. 2%). Im Vergleich dazu liegen die Anteile der Ausländer am Markt der VAE und in Dubai bei rund 15% und am Markt von Katar bei knapp 10%. Saudi-Arabien ist somit, was ausländische Investoren anbelangt, noch fast ein weisser Fleck. Die besser werdenden Fundamentaldaten dürften Anleger ebenfalls anlocken. So haben eine Kombination aus höheren Ölpreisen und niedrigeren Defiziten einen Anstieg der Staatsausgaben nach sich gezogen. Das wiederum hat dem nicht ölbezogenen Bruttoinlandsprodukt Auftrieb verliehen und das Wachstum der Unternehmensgewinne beschleunigt.

 

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Saudi-Arabien plant seit einiger Zeit fünf Prozent des Aktienkapitals der staatlich kontollierten Aramco an die Börse zu bringen. Bislang blieb es bei der Absichtserklärung. Offenbar entsprachen die bisherigen Preisverhandlungen nicht der Vorstellung der Eigentümer. Aktuell wird erwartet, dass ein IPO von Aramco in der zweiten Hälfte 2019 stattfinden könnte. Der Börsengang bleibt ein Thema. Gemäss dem saudischen Kronprinzen dürfte er aber nicht vor Ende 2020 erfolgen. Die daraus entstehenden Einnahmen könnten der Regierung ein Volumen von USD 100 bis 200 Milliarden einbringen. Diese Einnahmen sollen dazu genutzt werden, die Abhängigkeit der Wirtschaft von der Ölproduktion zu verringern. Kommt das Ganze zustande, dann würden die Aktien des weltgrössten Ölkonzerns umgehend in den MSCI Saudi Arabia aufgenommen werden. Das hätte eine massive Gewichtszunahme innerhalb des Schwellenländer-Weltindexes zur Folge. Es dürfte sich von den erwähnten rund 2.3% mehr als verdreifachen auf einen Anteil von über 7%. Die saudi-arabische Börse bekäme damit nach dem zweistufigen positiven Effekt der MSCI Integration im Juni bzw. August 2019 quasi einen dritten Schub. Nebst dem möglichen IPO von Aramco könnte die Teilprivatisierung weiterer staatlich kontrollierter Unternehmen wie der Saudi Postal Corp, der Saudi Grains Organization, der Saudi Arabian Airlines, der Saline Water Conversion Corp, der Dara Chemical, der Saudi Electricity Company dem Land u.a. nochmals rund USD 100 Milliarden in die Kasse spülen mit entsprechenden positiven Auswirkungen auf den MSCI Saudi Arabia. Oliver Bell, Portfoliomanager der Middle East & Africa Equity and Frontier Markets Equity Strategy, T. Rowe Price, rechnet in den nächsten drei bis fünf Jahren mit einem Anstieg des saudischen Anteils auf 9% bis 10%.

 

Saudi-arabische Aktienindizes
Das umfassenste Börsenbarometer Saudi-Arabiens ist der Tadawul All Share Index. Er umfasst nahezu 200 Aktien und weist eine Börsenkapitalisierung von rund USD 500 Milliarden auf. Wie in vielen Emerging Markets dominieren auch im saudischen Markt die Bereiche Finanz, Materialien und Telekom. Viele Anleger dürften über die Tatsache erstaunt sein, dass der Energiesektor derzeit ein sehr geringes Gewicht aufweist. Sollte das bereits mehrfach verschobene IPO von Aramco allerdings Realität werden, würde wird sich dies natürlich ändern. Auch ohne Aramco bleibt die Preisentwicklung des Erdöls der dominierende Faktor für die Wirtschaft Saudi-Arabiens. Ein Kursvergleich seit 2007 zeigt die hohe Parallelität des Brent Crude Oil Future mit derjenigen des Tadawul All Share Index.

 

 

Die MSCI Länderindizes sind aus Liquiditätsüberlegungen immer fokussierter und auf mittlere und grössere Aktien ausgerichtet als Gesamtmarktindizes wie den Tadawul. Das gilt auch für den MSCI Saudi Arabia 20/35 Index. Er umfasst 32 Titel, berücksicht die QFI-Regeln und ist gekappt, um die UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) Bestimmungen einhalten zu können. Gehandelt wird die Benchmark in USD. Die Gewichtungen basieren auf den frei verfügbaren Titeln eines Unternehmens. Der Anteil des grössten Titels wird auf 35% und die der übrigen auf maximal 20% beschränkt. Ein vierteljährliches Rebalancing sorgt für eine regelmässige Anpassung an allfällige Marktentwicklungen. Ein Vergleich des MSCI Saudi Arabia 20/35 mit dem Tadawul seit Januar 2015 zeigt eine respektable Outperformance des ersteren.

 

«Der Einbezug von Saudi-Arabien in den MSCI Emerging Markets Index im kommenden Jahr dürfte erhebliche Kapitalzuflüsse auslösen.»

 

Branchenmässig dominieren aktuell die Sektoren Finanz und Materialien. Der hohe Anteil der Materialien ist im Vergleich mit Indizes westlicher Industrieländer atypisch. Dafür spielen an der saudi-arabischen Börse Sektoren wie IT, Gesundheit oder Konsum bislang eine untergordnete Rolle.

Die Tabelle 1 der, absteigend nach ihrem Indexanteil gelisteten, Titel gibt einen Einblick in die jüngste Kursentwicklung, die aktuelle Bewertung sowie in das geschätzte zukünftige Kursgewinnpotenzial. Der Konsens der Finanzanalytiker sieht derzeit die besten Kurschancen bei Saudi Electricity sowie bei Savola.

 

 

Innovationen 
Im Rahmen der erwähnten Vision 2030 unternimmt die saudische Börse (Tadawul) grosse Anstrengungen, um ihre Attraktivität zu erhöhen. So plant sie in der ersten Jahreshälfte 2019 die Einführung von Index-Futures basierend auf einem in Zusammenarbeit mit MSCI entwickelten handelbaren Index. Weitere derivative Produkte sollen im Rahmen der strategischen Neuausrichtung, die eine Diversifikation des Produktangebotes und mehr Anlagemöglichkeiten vorsieht, folgen. Treibende Kraft hinter dem Ganzen ist Sarah Al Suhaimi, die erste Frau, welche seit 2017 als Vorsitzende des Verwaltungsrates die Geschicke des grössten Aktienmarkt im Nahen Osten bestimmt.

 

«Saudi-Arabien plant fünf Prozent des Aktienkapitals von Aramco, der weltweit grössten Erdölgesellschaft, an die Börse zu bringen.»

 

Empfehlenswerte Anlagen
Für eine Umsetzung der Anlageidee sollte in erster Linie auf Indexfonds zurückgegriffen werden. Zumindest auf die Watch-Liste gehört der Invesco ETF MSAU auf den MSCI Saudi Arabia 20/35 Index. Der erste in Europa gelistete ETF auf Saudi-Arabien ist für europäische Anleger die erste Wahl. Sein Basiswert erfüllt die UCITS Kriterien und vermeidet eine zu starke Konzentration. MSAU ist für alle und nicht nur für qualifizierte ausländische Investoren zugänglich. Seit dem 20. September 2018 wird der in USD gehandelte ETF auch an der SIX Swiss Exchange gehandelt. Die jährliche Verwaltungsgebühr liegt bei 0.65%. Als weitere Alternative, speziell für US-Anleger, kommt  der iShares MSCI Saudi Arabia ETF (Ticker: KSA) in Frage. Er basiert auf dem MSCI Saudi Arabia IMI 25/50 Index. Dieser zieht im Gegensatz zur Invesco Benchmark auch vorhandene Begrenzungen für US-regulierte Anlagegesellschaften in Betracht. Er umfasst 72 Titel, wird in USD gehandelt, und beruht auf den frei verfügbaren Titeln. Eine Kappung bei 25% des gewichtigsten Einzeltitel sowie ein Maximum von 50% aller Indexmitglieder, die Anteile über 5% aufweisen, sorgt für eine ausgewogene Diversifikation. Im Bereich der in der Schweiz kotierten Strukturierten Anlageprodukte, fehlt Saudi-Arabien im Augenblick im Angebot. Eine indirekte Alternative bietet das am 17. August 2018 von der UBS emittierte Tracker-Zertifikat MSCEMU auf den MSCI Emerging Markets Daily TR Index. Es dürfte bis Sommer 2019 durch die Integration von Saudi-Arabien Aufwind verspüren. Zudem ermöglicht es eine diversifizierte Beteiligung an den Schwellenländern, die zuletzt wegen der steigenden US-Zinsen, der Stärke des Greenbacks sowie der Handelspolitik der US-Regierung stark unter Druck geraten sind.

 

 

Fazit:
In den kommenden Monaten versprechen die, für qualifizierte ausländische Investoren zugänglichen, saudi-arabischen Aktien die besten Perspektiven. Getreu der Devise: «Der frühe Vogel fängt den Wurm» sollten sich Anleger in Anbetracht der für Juni bzw. August 2019 terminierten Integration von Saudi-Arabien in den MSCI Schwellenländerindex bereits heute positionieren. Der Kauf des ETF MSAU von Invesco eignet sich für diesen Zweck hervorragend. Er dürfte in den kommenden Monaten, sowohl absolut als auch relativ im Vergleich zum Schwellenländerindex, eine überdurchschnittliche Performance an den Tag legen.

 

 

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