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payoff Focus

Startschuss für den DeFi-Boom!

03.12.2020 9 Min.
  • Jürgen Kob

DeFi steht für Decentralized Finance – so simpel und einfach es sich anhört, so komplex oder auch risikobehaftet kann es sein. Für die 2 Milliarden Menschen ohne Marktzugang ist es jedoch eine riesen Chance!

Neben dem fulminanten Revival der Kryptowährungen ist «DeFi» (Decentralized Finance) 2020 das heisseste Thema in der weltweiten Krypto-Community. DeFi-Anwendungen sollen eines Tages als völlig neues und dezentrales Finanzökosystem die traditionellen Banken ablösen. Viele der klassischen Finanzprodukte werden zukünftig auch als «DApp» (DeFi-App) erhältlich sein; und das günstiger und ohne Einschaltung eines zentralen Finanzinstituts. Dem Kunden eröffnen sich so ganz neue Möglichkeiten für seine Investments. Aber neben all den Vorteilen gibt es auch Schattenseiten und extreme Risiken. Um auf dem entstehenden «DeFi-Spielfeld» erfolgreich agieren zu können, sollte man deshalb die wichtigsten Kriterien kennen, die es dabei zu beachten gilt.

Was ist DeFi?

Kurz und knackig: «Decentralized Finance bezeichnet dezentralisierte Finanzdienstleistungen, die auf einer öffentlichen Blockchain basieren». DeFi gibt es im Grunde seit über 10 Jahren: Mit Bitcoin wurde 2009 die erste dezentrale und blockchain-basierte Anwendung ins Leben gerufen. «Dezentral» bedeutet hier, dass das Netzwerk (Finanztransak- tionen) nicht von einer zentralen Stelle, beispielsweise Finanzinstituten oder Behörden, kontrolliert wird. (-> Centralized Finance). Bei «CeFi» müssen Anleger den zentralen Stellen vertrauen.

Bei DeFi hingegen vertrauen Beteiligte den Stärken der Mathematik, den Algorithmen oder «Smart Contracts».

Den meisten payoff-Lesern ist die Notwendigkeit von DeFi vermutlich gar nicht bewusst, denn in der Schweiz oder Deutschland haben die meisten Menschen Bankkonten, auf denen ihr Geld sicher ist.

Eine aktuelle Studie der Weltbank besagt allerdings, dass weltweit knapp zwei Milliarden Menschen keinen Bankzugang haben, aber zumindest ein Smartphone besitzen. Da blockchain-basierte Anwendungen öffentlich zugänglich sind und – idealerweise – von niemanden kontrolliert werden, kann somit jeder, unabhängig von Rasse, Religion oder Herkunft, diese neuen Möglichkeiten nutzen.

An diesem Punkt kommen dezentralisierte Apps (DApps) ins Spiel. Der Anleger braucht nur ein Smartphone mit Internetzugang, um über DApps Finanzdienstleistungen oder Transaktionen wie z. B. Überweisungen zu tätigen. Banken sind dabei völlig ausgeschaltet.

Einfach gesagt: «DeFi ist für ALLE.»

Nun aber genug der Theorie. Lassen Sie uns ansehen, in welchen Anwendungsbereichen Investoren bereits heute von den neuen DeFi-Möglichkeiten profitieren können.

Anwendungsbereiche für DeFi

Dezentrale Kredite

Aufnahme und Gewährung von Krediten; grundsätzlich gegen Hinterlegung von Kryptowährungen ohne Einschaltung von Vermittlern wie Banken etc. Die bekanntesten DeFi-Plattformen sind MakerDAO, Dharma, Compound oder dYdX.

Dezentrale Zahlungen

Zahlungsdienstleistungen jeglicher Form, welche «Peer-to-Peer» direkt zwischen den Beteiligten abgewickelt werden. Banken sind komplett unbeteiligt. DeFi-Lösungen sind z.B. xDaiChain, OmiseGo (OMG), Raiden oder Ink Protocol.

Dezentrale Börsen (DEX)

Der Handel von tokenisierten Assets erfolgt direkt zwischen den Parteien ohne Nutzung zentraler Verwahrstellen. Den meisten ist vermutlich Binance oder Coinbase ein Begriff. Diese Börsen sind allerdings zentral gesteuert; also eher CeFi als DeFi. Bekannteste DEX-Anbieter sind UniSwap und SushiSwap, aber auch Kyber Network, Loopring oder dYdX wachsen stark.

Stablecoins

Blockchain-basierte Tokens werden für eine stabile Bindung mit beispielsweise Gold, Fiatwährungen (USD, EUR etc.) oder anderen Vermögenswerten genutzt. Bekannteste Stablecoins sind Gemini Dollar, USD Coin, DAI oder Reserve.

«Bei DeFi hingegen vertrauen Beteiligte den Stärken der Mathematik, den Algorithmen oder «Smart Contracts.»

Weitere Anwendungsgebiete wären noch Derivate & Tokenisierung, Yield Farming, Liquidity Mining, Lotterien und Versicherungen.

Allen Anwendungsgebieten ist eines gemeinsam: Sollte sich – neben den bekannten grossen FinTech-Playern – der DeFi-Boom tatsächlich fortsetzen, könnten unsere traditionelle Banken irgendwann zum reinen Abwickler degradiert werden. Ob sich die Banken diesem Risiko bewusst sind? Meiner Meinung nach ist diese Erkenntnis noch nicht am Paradeplatz & Co angekommen. Schlimmstenfalls könnte so den Banken vielleicht nur noch das Investmentbanking als primäre Einnahmequelle bleiben. Ob das alleine für ein Fortbestehen von UBS, CS etc. genügt, kann sich jeder selbst überlegen.

Mehr Rendite = Mehr Risiken

Neben den ungeahnten Möglichkeiten gibt es allerdings auch grosse Risiken, derer sich die Anleger bewusst sein sollten. Der DeFi-Markt ist dezentral und somit unreguliert. Deshalb gibt es viele Betrugsversuche und Hacks, bei denen Anleger ihr komplettes Kapital verlieren können. Insgesamt haben im laufenden Jahr etwa 330 Hacks stattgefunden mit einem Gesamtschaden von rund EUR 12 Milliarden!

Auch Geldwäscheregelungen sucht man meist vergebens, was es für Betrüger attraktiv machen könnte, Gelder über DeFi-Plattformen zu waschen.

Wie investieren?

Wie kann man nun am zukünftigen DeFi- Hype partizipieren? Welche Möglichkeiten gibt es für Investoren?

Eines vorab: So richtig «einfach» ist es leider noch nicht, sich hier «sicher und erfolgreich» zu engagieren. Neben der Unübersichtlichkeit, welche DApps die passenden sind, kommt anschliessend die Herausforderung dazu, sich mit teilweise sehr komplizierten Vorgängen wie «onboarding» oder «investing» zu beschäftigen. «Anleger der alten Schule» kommen hier schnell an ihre Grenzen.

Das grösste Risiko besteht darin, sein investiertes Kapital durch Falscheingaben oder verlorene/vergessene Login-Daten vollständig und unwiderruflich zu verlieren!

Denn: Anders als bei Banken gibt es keine Support-Hotline, um sich beispielsweise ein neues Password zusenden zu lassen. So schön die «Dezentralität» sein mag, so gefährlich kann sie auch sein. Login-Daten, Private Keys oder Passwörter weg, bedeutet meist den Totalverlust.

Investition am Beispiel crypto.com

Aber nun genug der Risikohinweise. Lassen Sie uns ein konkretes Beispiel betrachten, wie Investoren am DeFi-Boom partizipieren können. Wie erwähnt, gibt es inzwischen unzählige DeFi-Anwendungen, wobei «Maker» als aktuell grösster Anbieter etwa 20% vom weltweit investierten «DeFi-Kapital» von USD 15 Milliarden auf sich vereinen kann. (siehe DeFi-Pulse)

«Unsere traditionellen Banken könnten irgend- wann zum reinen Abwickler degradiert werden.»

Grundsätzlich benötigt man zusätzlich zur DeFi-Anwendung noch eine Krypto-Wallet, auf der die eigenen Tokens verwahrt werden. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass technisches Verständnis und volle Konzentration beim Onboarding-Prozess absolute Voraussetzung sind. Ansonsten ist das Investment schneller weg als es angelegt ist.

Ich möchte die Möglichkeiten am Beispiel von crypto.com etwas genauer erläutern. Als Verwaltungsrat bei MCO Technology AG, dem Schweizer Tochterunternehmen des Anbieters von crypto.com, bin ich hier mit den Details besser vertraut als bei UniSwap, Maker & Co.

Ein grosser Vorteil ist hier, verschiedene Apps «aus einer Hand» zu erhalten. So bietet crypto.com eine eigene Krypto-Wallet, Krypto-Börse sowie – seit September – eine eigene DApp namens «DeFi Swap» an.

Die Wallet ist schnell und einfach erstellt. Dazu benötigt man lediglich ID und Mobiltelefon. Nach erfolgreicher Verifizierung kann man wählen, ob man Kryptowährungen oder CHF, EUR & Co von einer anderen Wallet, per Banküberweisung oder Kreditkarte auf die neue Wallet übertragen will.

crypto.com wirbt damit, dass man der beste Ort sei, um DeFi Token zu «swappen und zu farmen». Die Plattform bietet den Nutzern die Möglichkeit, über ihre DeFi-Wallet den vollen Zugriff und Kontrolle ihrer Token zu behalten. Praktischerweise bräuchte man noch nicht einmal ein crypto.com-Wallet, um mit der DeFi-Wallet Kryptowährungen halten, empfangen oder verschicken zu können. «DeFi Swap» gibt es als App sowie als Webversion.

Fast unbegrenzte Gewinne

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Profite von 20% und mehr pro Jahr zu generieren:

Tauschen/Swap

Benutzer können hier unterstützte DeFi- Tokens «swappen». Eine externe/zentrale Tauschbörse ist dabei nicht involviert. Dazu nötig ist lediglich die Anbindung der eigenen Krypto-Wallet, in welcher die Tokens/Coins verwahrt werden. Somit bleiben die Tokens stets in der eigenen Wallet und der Anleger hat mit den Private Keys weiterhin die volle Kontrolle über seine Krypto-Assets.

«DeFi steht noch ganz am Anfang; vergleichbar mit dem Internet in den 90er-Jahren.»

Im Gegensatz zu einer zentralen Börse wie Coinbase oder Binance, auf der reale Coins/Token gehandelt werden, sind es auf der DeFi-Exchange Derivate. Vorteil dabei ist die Hebelmöglichkeit sowie fehlende Börsenspesen.

Es gibt aber auch ein paar «DeFi-Nachteile»: Keine Limitorders, (noch) begrenzte Tokenauswahl (ERC20-Tokens) und Fehlerrisiken (Bug) im Programmcode (Smart Contract).

Pool: Damit auf der DeFi-Börse genügend Token-Liquidität vorhanden ist, kann der Anleger seine eigenen Tokens in diesen Pool einbringen. Und spätestens hier wird es interessant:

Indem ich meine Tokens anderen Investoren zur Verfügung stelle, erhalte ich einen Anteil am Trading-Fee-Ertrag aller Anleger, die auf der DeFi-Börse handeln. Somit kann ein Anleger, je nach Token, mit einer Jahresrendite von 100% und mehr belohnt werden. Allerdings: 100% Gewinn sind nichts wert, wenn der Token wertlos werden sollte.Man sollte also stets aufpassen dass «Gier nicht Hirn frisst» und nur das Vermögen einsetzen, welches man bereit ist, auch vollständig zu verlieren.

Interessierte Leser, die sich aktiv mit der neuen DeFi-Welt beschäftigen, merken sehr schnell, dass die Bedienung der neuen Tools noch alles andere als einfach ist. Das zeigt deutlich, dass DeFi noch ganz am Anfang steht; vergleichbar mit dem Internet in den 90er-Jahren.

Aber die Anwendungen sowie die «User Experience» werden täglich besser. Es bleibt zu hoffen, dass sich zukünftig «DeFi» zu einer ernstzunehmenden «CeFi-Alternative» entwickelt und so Anlegern völlig neue und ungeahnte Chancen offen stehen werden.

Für viele Leser werden auch nach diesem Artikel die neuen Investment-Möglichkeiten zu riskant oder kompliziert sein. Diese müssen aber nicht untätig am Spielfeldrand stehen, denn wer ganz «traditionell» am Krypto-Boom teilhaben will, greift am einfachsten zu einem der vielen Krypto- ETFs, die es inzwischen auf dem Markt gibt. (Auswahl siehe Schaubild)

In diesem Fall hat man zwar nicht selbst die Private Keys, aber auf alle Fälle eine Support-Hotline, wenn mal wieder das Password vergessen wurde.

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