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payoff Focus

Vom Sorgenkind zum Goldesel?

18.09.2015 10 Min.
  • Dieter Haas

Die Anlageklasse Gold enttäuscht seit vier Jahren. Goldminenindizes befinden sich auf einem Niveau wie vor 13 Jahren. Im aktuellen Marktumfeld mehrt sich die Wahrscheinlichkeit einer Trendwende.

Aufmerksam blickt Marc Faber derzeit auf den Monitor in seinem Büro im thailändischen Chiang-Mai. Zuversichtlich ist er nur beim Anblick eines bestimmten Kursverlaufs – nämlich dem von Gold. «Ich denke, dass Gold immer noch ein begehrtes Asset ist, insbesondere zum aktuellen Preis», so der Investment-Guru mit Verweis auf die verblüffend schwache Performance. Gold dient seit Jahrtausenden als das ultimative Zahlungsmittel, doch der Glanz ist derzeit verblasst. Auf den zweiten Blick gab es sehr wohl Gründe für die jüngste Durststrecke. Das gelbe Metall wurde Opfer des disinflationären Trends ab Spätsommer 2011, was zu einem starken Rückgang der Investmentnachfrage geführt hat. Ferner litt es unter der anhaltenden Hausse an den Aktienmärkten. Dadurch haben die Kosten der Goldhaltung zugenommen. Dank der von den Zentralbanken rund um den Globus initiierten Geldflut konnten ferner die Kreditausfallrisiken wieder vollständig eingedämmt werden. Sie liegen wieder nahe den Tiefständen vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008. Die Gefahr von Zahlungsausfällen, welche den Goldpreis beflügelt, hat sich somit verflüchtigt. Des Weiteren verhinderte die rapide sinkende Geldumlaufgeschwindigkeit ein Aufkommen der Teuerung. Nimmt die Inflation zu, dann steigt in der Regel die Goldnachfrage und mit ihr der Goldpreis, während die Nachfrage nach ungedecktem Geld abnehmen sollte, weil es durch Inflation entwertet wird. Auf Dauer wird die beste aller Welten allerdings keinen Bestand haben können. Das Problem, welches die Finanzkrise 2008/09 verursachte, die Ausweitung der Geldmengen durch Kreditvergaben, denen keine echte Ersparnis gegenübersteht, wurde nur aufgeschoben, jedoch nicht gelöst. Gold wird immer akzeptiert, speziell in Zeiten, in denen das Papiergeld in einer Vertrauenskrise steckt. Das lässt sich in vielen Ländern und Regionen ablesen, die an vorderster Front im weltweiten Rennen um eine möglichst schwache Währung stehen.

Trendwende ante portas?

In EUR, JPY, AUD, NOK oder NZD hat Gold seine Korrektur bereits beendet und befindet sich wieder am Steigen. Das Gleiche gilt für den russischen Rubel und den brasilianischen Real. Die Wertbeständigkeit zeigt sich besonders ausgeprägt im Falle Argentiniens. Das Land ist nach wie vor vom internationalen Kapitalmarkt ausgeschlossen. Für dortige Anleger, die ihr Erspartes in Edelmetalle investiert haben, kein Grund zur Sorge. Der Goldpreisanstieg in etlichen Währungen gilt als Vorbote für eine allgemeine Trendwende. Gemäss dem Goldexperten Uwe Bergold konnte dieses Muster bereits zum Jahrtausendwechsel beobachtet werden, als der Goldpreis sein säkulares Tief generierte. Es scheint daher lediglich eine Frage der Zeit, bis das gelbe Metall auch in der Handelswährung USD, in GBP oder in CHF zu neuem Leben erwacht.

Argumente der Optimisten

Das Schreckgespenst steigender Zinsen in den USA verliert langsam seine Wirkung. Zumal die zuletzt durchzogenen Wirtschaftsdaten keine dauerhafte Trendwende signalisieren. Um die Kreditgeber bei der Stange zu halten, muss die US-Notenbank den Anschein erwecken, dass die Niedrigzinspolitik nur ein vorübergehendes Phänomen ist. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass viele Sparer und Investoren um die Staatspapiere einen grossen Bogen machen würden oder bestehende Bestände abstossen könnten. Bis dato ist das Fed mit dieser Politik erfolgreich. Auf Dauer dürfte das Ganze scheitern. Während in den 70er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts der letzten Goldhausse die Zinsen hoch und die allgemeine Verschuldung noch relativ niedrig war, ist es heute gerade umgekehrt. Bekanntlich geht der Kelch zum Brunnen, bis er bricht. Auf die Geldpolitik umgemünzt wird die stete Ausdehnung der Liquidität über kurz oder lang Schiffbruch erleiden. Inzwischen ist das ungedeckte Papiergeldsystem derart überdehnt, dass eine Vertrauenskrise jederzeit ausbrechen könnte. Dann wird Gold auch in der Handelswährung USD zu einem erneuten Höhenflug ansetzen und seine seit 2013 unterbrochene hohe Korrelation mit der Entwicklung der stetig steigenden amerikanischen Schuldengrenze wieder aufnehmen. Der Goldexperte Uwe Bergold rechnet mit der nächsten Stufe des strategischen Gold-Bullenmarktes, sobald der gegenwärtige Aufwärtstrend des Greenbacks endet. Laut Ronald-Peter Stöferle lassen sich die Pro-Argumente wie folgt zusammenfassen:

  • Weltweites Schuldenniveau mittlerweile um 40% höher als in 2007
  • Systemisches Begehren nach steigender Inflation nimmt zu
  • Opazität des Finanzsystems – Derivatevolumen mittlerweile bei USD 700 Bio., ein Grossteil davon in Zinsderivaten
  • Konzentrationsrisiko – «Too Big To Fail»-Risiken deutlich grösser als in 2008
  • Gold profitiert in Phasen von Deflation, steigender Inflation und systemischer Instabilität
  • Gold ist ein liquides Finanzanlagegut ohne Gegenparteienrisiken

Hedging mit Gold

Im Portfoliokontext besitzt Gold dank seiner geringen Korrelation zu den übrigen Anlageklassen einen wichtigen Trumpf. Leider funktioniert die erwünschte Gegenläufigkeit nicht immer (siehe Grafik). Sehr gut lief es zwischen 2001 und Januar 2003. Kein Effekt zeigte sich während der Finanzkrise. Konträr allerdings zu Ungunsten des Goldes bzw. der Goldminenaktien verliefen die Perioden 1997 bis 2001 bzw. 2011 bis heute. Die eingetreteneKorrektur in den beiden Zeitperioden weist, prozentual betrachtet, ein ähnliches Ausmass auf, was darauf hindeutet, dass die aktuelle Baisse ihren Boden gefunden hat oder sich zumindest in Sichtweite von ihm befindet.

Goldminenaktien versus Gold

Goldminenaktien entwickeln sich in der Regel – mit einer viel stärkeren Volatilität – positiv korreliert zum Goldpreis. Das galt allerdings nicht in der Hausse zwischen 2004 und 2011. Dadurch sind die Goldminenaktien im Vergleich zum Goldpreis auf ein seit über 30 Jahren nicht mehr gesehenes Niveau gefallen. Laut Peter Frech, verantwortlicher Fondsmanager u.a. des Quantex Strategic Precious Metal, zeigten die Unternehmen in der Vergangenheit wenig Kapitaldisziplin. Der notgedrungene neue Fokus auf Kostensenkungen und Free Cashflow verspreche aber starke Kursgewinne, falls sich der Goldpreis wieder erholt. Auch der Goldexperte Uwe Bergold rechnet damit, dass die Goldminen wieder richtig durchstarten, sobald der Bodenbildungsprozess beim Gold abgeschlossen ist. Nach seiner Meinung sind Goldminen derzeit die am günstigsten bewertete Anlageklasse auf diesem Planeten.

Markttechnik als Entscheidungshilfe

Die Goldpreisentwicklung lässt sich mit fundamentalen Kriterien nur bedingt erklären. Zu viele den Aussenstehenden nicht nachvollziehbare Faktoren spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Für einmal bietet daher die technische Marktanalyse eine wertvolle Hilfe in der Beurteilung künftiger Preisbewegungen. Der Ausverkauf im Juli, ausgelöst durch eine hinter den Erwartungen gebliebene Aufstockung der Edelmetallreserven Chinas, liess Gold auf neue Tiefstände abgleiten. Seit der zweiten Augustwoche zeichnet sich zumindest eine technische Erholung ab. Für eine effektive Trendwende bräuchte es jedoch einen Anstieg über die Marke von USD 1‘230. Erst dann würden die Ampeln auf Grün wechseln. Die Chancen für eine solche Entwicklung sind zwar vorhanden, ein eigentlicher Kurssprung nach oben bleibt vorerst jedoch Wunschdenken. Gemäss verschiedener Goldexperten wird für die kommenden zwei Jahre lediglich mit einem graduellen Anstieg auf knapp USD 1‘300 gerechnet. Mit einem Kursziel von USD 2‘300 bis Mitte Juni 2018 ist Ronald-Peter Stöferle von Incrementum mit Abstand am optimistischsten, während Stephen Briggs von BNP Paribas mit seiner Erwartung von USD 975 in 2016 momentan die negativste Meinung vertritt.

Empfehlenswerte Anlagen auf Gold und Münzen

Trotz der unklaren Perspektiven macht eine Beimischung von Gold in ein Portfolio Sinn. Dafür stehen zahlreiche ETFs und Strukturierte Produkte zur Verfügung. Der Anlagefavorit schlechthin ist ZGLD, der erste physisch gedeckte Gold-ETF der Schweiz. Die ZKB lancierte ihn bereits im März 2006. Aus Währungsüberlegungen sollten hiesige Anleger die CHF-gehedgte Variante ZGLDHC vorziehen, auch wenn der USD noch keine Anzeichen von Schwäche erkennen lässt. Vergleichbare Alternativen wären JBGOCA, der ebenfalls physische gedeckte Gold-ETF der Bank Bär, oder AUCHAH von der UBS. Performancemässig gibt es unter den Anbietern nur minimale Differenzen. Wer auf Münzen setzen möchte, dem sei das 10er-Vreneli ans Herz gelegt. Dank seiner Knappheit unterliegt es geringeren Schwankungen als der Goldpreis (siehe Grafik).

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Breites Angebot bei Goldminen

Bei den Goldminen hat der Anleger die Qual der Wahl. Einzeltitel bergen zu hohe Risiken. Breit angelegte Fonds sind hier zweifellos die bessere Wahl. Für risikobewusste Investoren sei besonders der Market Vectors Gold Miners ETF GDX von Van Eck ans Herz gelegt (siehe Product News). Eine noch etwas volatilere Anlage ist der Market Vectors Gold Miners Junior ETF GDXJ. Konkurriert werden die beiden ETFs von Van Eck hierzulande durch AUCO, einen ETF von ETFS auf den DAXglobal Gold Mining Index, durch CBGOLD von der Commerzbank auf den NYSE Arca Gold Bugs Index sowie durch GGMUSY von der UBS, der auf dem Solactive Global Pure Gold Miners Index basiert. In der Vergangenheit wies der vom Indexprovider Solactive konstruierte Index in Haussephasen das grösste Kursgewinnpotenzial auf. Im Segment der Strukturierten Produkte kommt einzig das im Dezember 2003 lancierte Tracker-Zertifikat AURUM auf den NYSE Arca Gold Bugs PR Index infrage.

Spekulanten setzen auf CLCs

Überzeugte Optimisten sollten nach einem bestätigten Ausbruch nach oben, aber erst dann (!), auf CLCs setzen. Sie eröffnen das grösste Kursgewinnpotenzial in Trendphasen. Wer das Maximum herausholen möchte, der geht bereits vor der bestätigten Trendwende «all in». Das birgt allerdings beträchtliche Risiken im Falle einer anhaltenden Baisse. Dafür wäre der Gewinn im Erfolgsfall umso süsser, getreu dem Motto: «Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.» Bei derartigen Spekulationen sollten allerdings nur Mittel eingesetzt werden, die der betreffende Anleger verschmerzen könnte. Das Angebot an Long CLCs reicht von Faktor 2 (der in Deutschland kotierte ETF 2GOL und der an der SIX kotierte GLD2L) bis Faktor 10 (FI10LG und FI10LZ). Im jetzigen Zeitpunkt sollte maximal der vierfach gehebelte FI10LG eingesetzt werden. Wer es vorzieht, mit Leverage auf Goldminenaktien zu setzen, der dürfte am dreifach gehebelten Junior Gold Miners ETF JNUG von Direxion seine helle Freude haben. Die Chancen der Goldminenunternehmen sind kurzfristig höher einzuschätzen als diejenige des Goldes. Dank Margenverbesserungen und Kostensenkungsmassnahmen sind selbst bei einem weiteren Rückgang des Goldpreises Gewinnsteigerungen wahrscheinlich.

Goldiges Revival

Langfristig gesehen geht eine zunehmende Anzahl von Marktbeobachtern von einem Revival aus. Zwar tendiert Gold bereits in vielen Währungen nach oben. Es fehlt aber die Bestätigung in der Handelsvaluta USD. Erst eine solche würde das gelbe Metall in grossem Stil wieder stärker ins Bewusstsein der Anleger bringen. «Sobald der US-Dollar schwächer wird, könnte der Kursanstieg beim Gold beginnen», prognostiziert Marc Faber unterdessen. Ein vorzeitiges Greifen in fallende Messer, wie sich der Gold-Chart auch charakterisieren lässt, sollte aber vermieden werden. Ein Markteinstieg sollte im jetzigen Zeitpunkt daher erst schrittweise erfolgen. Das Sorgenkind Gold ist nicht gänzlich über den Berg.  

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