

Auswirkungen der Zollanhebungen
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Enguerrand Artaz
Stratege
La Financière de l’Echiquier (LFDE)
Einige hatten den Begriff „Tag der Befreiung“ verspottet und ihn als „Tag der Zerstörung“ bezeichnet. Wahrscheinlich war ihnen nicht bewusst, wie recht sie damit hatten. Die gestern von Donald Trump angekündigten Zollanhebungen liegen am oberen Ende der pessimistischsten Erwartungen.
Welche Auswirkungen auf die Märkte?
Die Reaktion der Aktienmärkte auf diese Ankündigungen war – wenig überraschend – sehr negativ. Während die Futures zunächst aufgrund eines Wall Street Journal-Gerüchts über eine allgemeine Erhöhung von lediglich 10 % gestiegen waren (was sich teilweise als richtig herausstellte, da dies der Mindestsatz war, aber bei weitem unvollständig), fielen sie danach stark: ein Rückgang von -3,5 % in einer geraden Linie beim S&P 500-Future – und der Rückgang setzt sich heute Morgen fort.
Gleichzeitig hat der Dollar gegenüber dem Euro und dem Yen stark an Wert verloren, und die Zinsen sind deutlich gefallen. Dieser letzte Punkt ist bemerkenswert: Die Märkte befinden sich im „Risk-off“-Modus. Im Zentrum der Sorgen steht dabei weniger der kurzfristig preistreibende Effekt, sondern vielmehr der negative Einfluss dieser Zinsen auf das Wachstum.
Wie sind die Aussichten?
Gibt es Spielraum für Verhandlungen über diese Zölle? Die Antwort scheint positiv auszufallen. Aber diese Verhandlungen werden stattfinden, während die Zölle bereits in Kraft sind. Und je länger sie dauern, desto grösser wird die negative Wirkung der Zölle sein. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass viele Länder dem Mindestzollsatz von +10 % entkommen werden. Darüber hinaus ist das Risiko einer Eskalation erheblich. Manche Länder könnten versucht sein, mit Vergeltungsmassnahmen zu reagieren. Trump hat bereits gewarnt, dass in diesem Fall die Zölle weiter erhöht würden. Dies scheint bereits eingepreist zu sein. So erstaunlich es klingen mag: Die gegen jedes Land verhängten Zölle werden als „ermässigte Zölle“ bezeichnet (also niedriger als die eigentlich von den jeweiligen Ländern zu erhebenden Zölle – laut den nebulösen Berechnungen des Weissen Hauses); das lässt Raum für weitere Erhöhungen im Falle einer Eskalation.
Kurzum: Diese ersten Ankündigungen könnten die Lage langfristig entspannen, doch das wird Zeit brauchen. Die Entwicklungen werden sicherlich von Land zu Land unterschiedlich verlaufen, und das Eskalationsrisiko ist weiterhin deutlich. Wie bereits vermutet, ist dieser „Tag der Befreiung“ zwar ein Schritt vorwärts – aber die Unsicherheit bleibt bestehen.
Marktstrategien?
Jeder Tag, an dem diese Zölle in Kraft sind, wird sich negativ auf das US-Wachstum auswirken – in erster Linie über den Konsum. Angesichts der Fragilität des durchschnittlichen US-Konsumenten und seiner Aversion gegenüber Preissteigerungen nach der inflationsgeprägten Phase der letzten Jahre, wird sich eine Weitergabe der Zollerhöhungen an die Verbraucherpreise stark negativ auf die Nachfrage auswirken. Und wenn die Zollerhöhungen nicht an die Verbraucher weitergegeben werden, leiden die Gewinnmargen der Unternehmen. In jedem Fall wird der Effekt sehr negativ sein, und das Risiko einer Rezession in den USA ist nun sehr real geworden. Diese Situation wird auch das Wachstum der Handelspartner belasten.
Derzeit scheinen die Märkte noch nicht auf dieses Szenario eingestellt zu sein. Der S&P 500 liegt lediglich -10 % unter seinem Allzeithoch, während Bewertungen und Positionierungen weiterhin hoch sind. Das Potenzial für weiteres De-Risking erscheint erheblich – zumal einer der ersten Leidtragenden dieses „Tags der Befreiung“, der US-Kleinanleger, in den letzten zwei Jahren auch die Hauptstütze der Märkte war. Eine vorsichtige Haltung – sowohl hinsichtlich der Aktienquote als auch des Investmentstils, mit Fokus auf defensive Titel – scheint angemessen.
Können europäische Aktien in diesem Kontext besser abschneiden?
Sicherlich – mit weniger Potenzial für Positionsabbau aufgrund der weiterhin geringen Allokation in dieser Anlageklasse, niedrigeren Bewertungen und dem Abwertungsdruck auf den Dollar, der anhalten könnte, was US-Aktien für Euro-Anleger noch unattraktiver macht. Absolut betrachtet sollte man allerdings kein Decoupling erwarten: In einem so negativen Szenario wird der Trend auf allen Märkten abwärtsgerichtet sein.
Wohin sich wenden?
Neben Bargeld und möglicherweise Gold bleiben Anleihen – unter Ausschluss von High Yield und US-Krediten – die Rettung. Das von diesen Zöllen ausgehende Abwärtsrisiko für das globale Wachstum dürfte die Renditen weiter sinken lassen. Zudem ist bei europäischen IG-Unternehmensanleihen das Risiko einer starken Spreadausweitung relativ moderat.
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