Zurück
payoff Focus

Edelmetallaktien – Nahendes Ende der Talfahrt?

06.09.2018 9 Min.
  • Dieter Haas

Nach einer Rally im ersten Halbjahr 2016, der anschliessenden Korrektur, einer darauf folgenden längeren Konsolidierung und dem jüngsten Ausverkauf scheint die Zeit zumindest reif für eine deutliche Erholung.

Rohstoffe und Rohstoffaktien fristeten in den vergangenen Jahren ein Schattendasein. Ihre Zeit als Ladenhüter neigt sich wohl bald dem Ende zu. Aktuell sind sie, gemessen am S&P GSCI TR Index, im Vergleich zum USAktienindex S&P 500 so billig wie nie seit 1970. Das gilt auch für Gold sowie für Goldminen Blue Chips wie beispielsweise Newmont Mining. Der einzige Goldminenwert im S&P 500 Index kommt derzeit auf einen relativen Anteil von lediglich 0.09%. Der einst führende Goldproduzent Homestake Mining, der 2002 von der kanadischen Barrick Gold übernommen wurde, brachte es im Jahre 1987 auf einen Anteil von 4.5%. Der Minensektor im Allgemeinen sowie Edelmetallaktien im Speziellen sind dermassen aus der Mode, tiefer geht es kaum.

Warten auf Godot?
Aus fundamentaler Warte gibt es zahlreiche Gründe, dass die Edelmetallaktien in Bälde aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten könnten und die gegenwärtige Lage kein sinnloses Warten ohne Aussicht auf Erlösung ist. So notieren Goldminenaktien, gemessen am Philadelphia Stock Exchange Gold und Silber Index, praktisch auf ihrem Buchwert. Die Vernachlässigung dieser Marktnische — Im Gegensatz zu Gold verlief die Kursentwicklung bei den Minenwerten seit 2002 sehr enttäuschend – war grösstenteils hausgemacht, sei es durch stetige Verwässerungen des Aktienkapitals, teure Akquisitionen, ein geringes Kostenbewusstsein oder ein wenig anlegerfreundliches Gebaren. Allmählich dämmert den wichtigsten Exponenten, dass sie sich verstärkt auf ihre Eigentümer ausrichten müssen.

«Goldminenaktien sind im Vergleich zum US-Gesamtmarkt derzeit sehr preiswert und notieren praktisch auf ihrem Buchwert.»

Argumente für steigende Goldpreise
Die Ertragseinbrüche von 2011 bis 2015 (siehe Grafik 3) sind mittlerweile überwunden. Was fehlt, ist eine nachhaltige Erstarkung des Goldpreises. Der latent vorhandene Verkaufsdruck kommt derzeit in erster Linie vom Futures- und nicht vom physischen Markt. Mitte August waren gemäss dem wöchentlichen CFTC-Report der US-Future-Börsen die Small Commercials, welche in der Regel preisbestimmend sind, so bullisch wie nie seit dem Jahr 2000. Kurzfristig ist daher zumindest mit einem handelbaren Rebound in der Grössenordnung von mindestens 10% zu rechnen. Mittel- und längerfristig sprechen Faktoren wie die Preissteigerungen des Rohöls, dem wichtigsten Rohstoff, ein nahendes Ende der Börsenbonanza, ein sich abzeichnender Fall der Realrendite in die Minuszone, die Handelspolitik des US-Präsidenten, eine ungebremste Zunahme der globalen Verschuldung und ein generell schwindendes Vertrauen in die Politik für eine Trendwende beim Goldpreis. Goldanlagen in Schwellenländer wie Türkei, Brasilien, Russland oder Südafrika befinden sich wegen der eingetretenen Währungseinbrüche bereits auf Allzeithochs. Positiv stimmt aktuell ferner der extrem tiefe Wert des Daily Sentiment Index für den Goldmarkt. Das gilt auch für das Gold-Silber-Ratio, welches mit 81 (17.8.2018) weit über dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte von 65 liegt. Ein fallendes Gold/Silber-Ratio deutet in der Regel auf eine Hausse bei den Edelmetallen hin, da das mit Gold hoch korrelierte Silber in Aufwärtsphasen zumeist eine überdurchschnittliche Performance aufweist und umgekehrt. Ein Hemmschuh im laufenden Jahr war bislang die Stärke des Dollars. Auch hier dürfte sich das Bild aufhellen, einerseits wegen des baldigen Abgleitens der USA in eine inverse Zinsstruktur und der von uns erwarteten Korrektur des US-Aktienmarktes sowie andererseits der damit verbundenen Abkehr der Leitzinserhöhungspolitik der US-Notenbank.

Explorer, Developer oder Produzenten
Minenwerte lassen sich vereinfacht in die Bereiche Explorer, Developer und Produzenten unterteilen. Beim Vorliegen positiver Bohrergebnisse werden Aktien nicht produzierender Unternehmen im Rahmen des geschätzten Marktpotenzials nach oben getrieben. Zu den positiven Beispielen der jüngeren Zeit mit einer Marktkapitalisierung grösser als USD 200 Millionen zählen Corvus Gold, Garibaldi Resources oder Seabridge Gold. Ganz am Anfang seiner Explorationsphase steckt beispielsweise Juggernaut Exploration. Das kleine Unternehmen besitzt zwei attraktive Parzellen in einem bislang unerforschten Gebiet der Rocky Mountains, entstanden wegen des Rückzugs des Gletschers aufgrund des Klimawandels. Bei entsprechenden Bohrerfolgen dürfte der Aktienkurs weiter zulegen. Die Aktie besitzt auf dem aktuellen Niveau die Chance auf eine Verzehnfachung, vergleichbar mit der Kursentwicklung der australischen Novo Resources zwischen Juli und Oktober 2017. Investitionen in Explorer beinhalten jedoch erhebliche Risiken. Das Spektrum umfasst neben einem seltenen Sechser im Lotto leider viele Rohrkrepierer.

Aktien von Explorer, die den Schritt zur Produktion machen, durchlaufen in der Regel eine längere Korrekturphase wie dies u.a. Victoria Gold, Vista Gold oder Goldmining leidvoll erfahren mussten. Erst wenn alle Bewilligungen vorliegen und mit dem Bau der Produktionsstätten begonnen wird, kommt das Interesse zurück. In einer Frühphase werden solche Unternehmen zu gesuchten Übernahmekandidaten wie die jüngst von der australischen South32 übernommene Arizona Mining zeigt. Die Selbständigkeit verlieren könnten in nächster Zeit u.a. die auf Silber fokussierten Spätentwickler Silvercrest Metals, Alexco Resources oder MAG Silber. Ist der Bau einer neuen Produktionsstätte abgeschlossen und steht entsprechend eine Wachstumsphase an, dann wirkt sich dies in der Regel positiv auf eine Gesellschaft aus. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Kursentwicklung bei Atlantic Gold bis Sommer 2018. Das geringste Anlagerisiko weisen Produzenten auf. Hier spielen in der Beurteilung Faktoren wie die Lebensdauer der bestehenden Minen, die Entwicklung der geschätzten, bestätigten bzw. denkbaren Reserven, die Höhe der Abbaukosten, die geopolitische Lage der Abbaustätten oder die Bilanzqualität eine zentrale Rolle bei der Bewertung.

«Der Verkaufsdruck der Edelmetalle kommt in erster Linie vom Futures- und nicht vom physischen Markt.»

Aktuelle Kursziele der Blue Chips
Für die, gemessen an der Marktkapitalisierung, bedeutendsten Produzenten sind die, vom Finanzdienstleister Bloomberg erfassten, Analysten für die nächsten zwölf Monate mehrheitlich optimistisch. Sehr hoch im Kurs der Auguren stehen B2Gold, Iamgold sowie die finanziell weniger soliden Anglogold Ashanti. Ein unter dem Branchenschnitt liegendes Potenzial, gemessen am NYSE Arca Gold BUGS Index, besitzen u.a. die beiden grössten Goldproduzenten Barrick Gold und Newmont Mining bzw. die führenden Silberproduzenten Fresnillo und Pan American Silver.

Gold-Beta
Die Reagibilität der Aktie auf Goldpreisveränderungen in der Vergangenheit gibt einen wertvollen Fingerzeig auf die Sensibiltät eines Titel. In der Tabelle 2 werden die Edelmetallaktien mit einer Marktkapitaliserung grösser als USD 200 Millionen, absteigend nach dem Gold-Beta der letzten drei Jahre, aufgelistet. Im Vorderfeld der Rangliste befinden sich vornehmlich Unternehmen, die zumindest teilweise ihre Produktionsstätten in geopolitisch riskanteren Regionen (vor allem Afrika) haben und/oder einen beträchtlichen Umsatzanteil an Silber vorweisen können. Im untersuchten Zeitraum reagierte etwa die Aktie von Resolute Mining rund zweieinhalb mal so stark auf Goldpreisänderungen wie das Edelmetall.

NYFANG+ vs. BANG
Derzeit sind die zukunftsträchtigsten Technologieaktien, auf die es seit dem 26. September 2014 mit dem NYFANG+ einen eigenen Index gibt (siehe Artikel Learning Curve), das Mass aller Dinge. Facebook, Amazon, Netflix, Google und Konsorten dominieren das Marktgeschehen mit teilweise atemberaubenden Kursgewinnen. Inzwischen haben sie bewertungsmässig sehr luftige Niveaus erreicht. In den kommenden Jahren könnten die vier grossen Goldproduzenten (Barrick Gold, Agnico Eagle, Newmont Mining und Goldcorp, oder kurz BANG) den NYFANG’s die Vorreiterrolle streitig machen.

ETFs im Rampenlicht
Wegen der überdurchschnittlichen Risiken von Einzelwerten sollten unerfahrene Anleger auf diversifizierte Anlagevehikel setzen. Im Bereich der ETFs bieten sich die auf SIX Swiss Exchange kotierten GDX (Blue Chips) und GDXJ (Small Caps) von VanEck an oder GGMUSY ein ETF der UBS. GDX umfasst insgesamt 49 der grössten an einer Börse gehandelten Gold- und Silberminen. Der physisch replizierte ETF zählt zu den ältesten ETFs in diesem Sektor (Emission am 1. April 2004). Gemäss dem Factsheet vom Juli 2018 wies der ETF ein Kurs- Buchwert-Verhältnis von 1.37 auf. Etwas jüngeren Datums ist GDXJ (Emission am 31. August 2009), eine Kombination aus Blue Chips sowie der liquidesten mittleren und kleineren Gesellschaft, deren Gold- und Silber-Umsatz mindestens 50% des Gesamtumsatzes beträgt. Die Titelanzahl (Factsheet Juli) beläuft sich auf 72 und das Kurs- Buchwert-Verhältnis lag bei 1.17. GGMUSY basiert auf dem Solactive Global Pure Gold Miners NTR Index. Der kapitalisierungsgewichtete Index mit einem Cap bei 4.75% enthält die grössten gelisteten Gesellschaften, deren Goldumsatzanteil mindestens 90% beträgt. Aktuell umfasst die Benchmark 24 Titel. Auf insgesamt 31 Unternehmen, deren Fokus in erster Linie auf Silber liegt, fokussiert sich der an der NYSE Arca gelistete SLVP von iShares. Eine ernstzunehmende Konkurrenz für SLVP ist seit der Neuausrichtung der ebenfalls in den USA gelistete ETFMG Prime Junior Silver ETF SILJ. Er umfasst ebenfalls 31 Titel, konzentriert sich aber stärker und gewichtungsmässig ausgewogener auf die zweite Kategorie der Branche. So verzichtet SILJ auf Wheaton, Fresnillo, Penoles und Buenaventura, die im SLVP mehr als 40% abdecken.

Empfehlenswerte Tracker-Zertifikate
Unter den Strukturierten Produkten ist das im September 2020 verfallende Tracker- Zertifikat GOLDYU unser Favorit. Hier ist dem Emittenten ein fokussierter und geographisch ausgewogener Wurf geglückt. Der Basket besteht aus 15 anfänglich gleich gewichteten Mid-Cap-Produzenten. Gemessen an der Marktkapitalisierung in USD bewegen sich die Titel in einer Bandbreite von knapp USD 1 Milliarde (Semafo) bis rund USD 4.5 Milliarden (Buenaventura). Die Performance des Tracker-Zertifikats läuft sowohl absolut als auch relativ im Vergleich zum NYSE Arca Gold Bugs Index respektabel. Seit der Liberierung stachen bis Mitte August die in Australien kotierten Goldproduzenten St. Barbara und Evolution Mining sowie Kirkland Lake Gold positiv hervor, während Sibanye, New Gold und Centerra hinter den Erwartungen zurückblieben. Das Beta des Basket im Vergleich zu Gold liegt bei rund 1.75. Stärker auf Blue Chips fokussiert ist GDSVZ, ein Tracker-Zertifikat der ZKB auf einen Gold und Silberminen Basket. Sein Manko im Vergleich zu GOLDYU liegt in seiner deutlich kürzeren Restlaufzeit (Juni 2019). Vielversprechend wäre eigentlich SILCH. Allerdings ist die Handelbarkeit des endlos laufenden Zertifikates sehr eingeschränkt, weshalb silberaffine Investoren auf die ETFs SLVP oder SILJ zurückgreifen sollten.

Weitere News aus der Rubrik

Unsere Rubriken