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ETFs: Rennen um die Portfolio-Pole-Position

24.09.2018 7 Min.
  • Martin Raab

Die diesjährige «ETF Investor Satisfaction Survey» belegt das ungebrochene Interesse von ambitionierten Privatanlegern und Vermögensverwaltern, künftig den Stellenwert von ETFs zu erhöhen. Bei den ETF-Anlageklassen rücken Aktien auf die Pole-Position, Bonds und Rohstoffe haben Getriebeschaden.

Im September spielt im globalen Formel-1-Zirkus traditionell die Musik in Singapur. Das legendäre Nachtrennen ist auch beliebter Zielort für Fondshäuser und Privatbanken, um ihren A-Kunden etwas Gutes zu tun. Hoch geschätzt ist der Aston Martin Red Bull Racing Paddock Club: Dort kann man sich mit den F1-Fahrern persönlich am Gourmet-Buffet austauschen oder auch mal den Sohn oder die Tochter in die hektische Rennbox nach unten mitnehmen. Etwas elitär mutet der Ticketpreis an – umgerechnet CHF 9’700 pro Person. Formel 1 ist heute ein gut geöltes Milliardengeschäft. Das weiss auch BlackRock. Der US-Assetmanager und ETF-Titan («iShares by BlackRock») war bis vor exakt zwei Jahren Aktionär und Investor der Formel 1 Holding. Am Ende passte das Engagement jedoch nicht mehr in die Philosophie. Man hat sich konzernweit dem boomenden ETF-Segment und «low cost, passive investments» verschrieben. Hochtourige Private Equity Deals wirken im Geschäftsbericht eines ETF-Titan wie ein rot-metallic Maserati Cabrio im Fuhrpark der Heilsarmee. 

Schweiz ein Top-Ziel für ETF-Anbieter
Ohne Zweifel leisten könnte man sich solche Gefährte beim Erzkonkurrenten Vanguard und die Firmenfarbe rot würde gleich passen. Derzeit verwaltet man beim eigentlichen Erfinder der Retail ETFs rund USD 906 Milliarden und rangiert damit auf Platz zwei, direkt hinter BlackRock, wo USD 1’406 Milliarden verwaltet werden. Die Nummer drei in der «ETF Formel 1» ist State Street Global Advisors (SPDR ETFs). In SPDR ETFs sind derzeit USD 622 Milliarden investiert, allein das Flagschiff SPDR ETF auf den S&P 500 Index bezogen kumuliert schwindelige USD 264 Milliarden. Reflektiert auf die Schweiz steckt im SPDR S&P 500 ETF mehr als doppelt so viel Geld wie an der SIX Swiss Exchange in einem Jahr ETFs gehandelt werden. Es gibt aber keinen Grund sich zu verstecken: Die Schweiz ist Top-Ziel für alle internationalen ETF-Anbieter. So verwundert es kaum, dass jüngst mit Franklin Templeton («LibertyShares») und J.P. Morgan zwei weitere US-Schwergewichte ihre Produkte in der Schweiz kotiert haben und aktiv das Produktmarketing zum Einwerben neuer Assets starten. Weitere Anbieter sind in Vorbereitungen (u.a. Goldman Sachs). Parallel werden im Monatsrythmus neue ETFs an der SIX Swiss Exchange kotiert, neuerdings auch an der BX Swiss, dem zweiten Börsenplatz des Landes. Beim Platzhirsch SIX sind derzeit 1’370 ETFs gelistet und die Anleger greifen vermehrt zu den flexiblen Alleskönnern für ihre Portfolio-Allocation. 

Privatanleger und Profis als Jury
Mit jährlicher Tradition fragten wir auch dieses Mal die Nutzungsgewohnheiten und die Zufriedenheit der ETF Buy-Side ab. Hierfür wurden wiederum breitgefächerte, wiederkehrende Fragen an das ETF- und indexing-affine Fachpublikum im Rahmen der «ETF Investor Satisfaction Survey» gestellt. Die Rückmeldungen der 176 kommt dieses Mal primär aus dem Lager der Privatanleger (58.4%). Berufsmässige Profis – Private Banker und unabhängige Vermögensverwalter – lieferten 34.3% der Umfrageergebnisse. Die Mehrheit der Befragten (49.7%) besitzen bzw. verwalten zwischen einer Million bzw. bis zu 10 Millionen Schweizer Franken. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Verschiebung hin über die magische 1-Million- Marke. 13.2% der Teilnehmer/innen administrieren sogar mehr als CHF 100 Millionen. In Sachen Nutzungsdauer sind 65.8% der ETF-Anleger bereits seit fünf Jahren oder mehr in und mit diesen Finanzprodukten investiert. 15.8% sind ETF-Beginner. Mehrfach-Antworten waren in Sachen Anlageklasse möglich. Dort ist nach wie vor grosser Appetit auf Aktien-ETFs zu verspüren: 88.2% aller Rückmeldungen geben an, diese Anlageklasse mit ETFs abzubilden.

«Deutliche Bremsspuren sind bei der Nutzung von Obligationen-ETFs als auch Rohstoff-ETFs ablesbar.»

Deutliche Bremsspuren sind sowohl bei Obligationen-ETFs als auch bei Rohstoff-ETFs klar ablesbar: Waren im letzten Jahr noch 32.3% in Bonds investiert, sind es inzwischen nur noch 21.1%. Rund die Hälfte (49.2%) der Umfrageteilnehmer/innen hatte letztes Jahr ETFs mit Rohstoffbezug im Portfolio. Heute sind es nur noch 35.5%. Bei der geplanten Nutzung von ETFs in den nächsten zwölf Monaten votierten 61.8% für einen unveränderten Einsatz, 26.3% planen den ETF-Anteil zu erhöhen. Nur noch 11.8% (2017: 16.1%) werden den ETF-Anteil im Depot reduzieren.

Preis und Einfachheit im Vordergrund
Beim Thema Faktor-ETFs sind heute weniger Anleger damit vertraut als noch vor einem Jahr. Das liegt zum einen an der wild expandierenden Flotte von Smart Beta ETFs, zum andern ist fundiertes Fachwissen hierzu immer noch rar. Die Überholspur-Argumente für ETFs sind dabei nach wie vor der Preis, die Einfachheit des Handels und mit Abstand das Thema Transparenz. Auch hier ist erkennbar, dass Transparenz nicht mehr notwendigerweise als Schlüssel-Eigenschaft von ETFs gewertet wird – streng genommen ein Alarmsignal für die Branche. Als grösster Nachteil wurde wiederum von 40.7% aller Umfrageteilnehmer der «ETF Investor Satisfaction Survey» das zu grosse, unübersichtliche Angebot an ETFs genannt. Doch 26.3% (2017: 15.3%) sehen «keine grossen Nachteile» bei ETFs als Portfolio-Werkzeug und Anlagevehikel. Auf die Frage «Wenn Sie einen ETF erwerben, welche Dinge berücksichtigen Sie [primär]?» entfielen dieses Jahr die meisten Stimmen auf «ETF AuM», sprich die im jeweiligen ETF verwalteten Summen. Das Allzeithoch von 96% verpasste die Frage «Würden Sie ETFs ihren Freunden und Bekannten als Finanzinstrument empfehlen?» dieses Jahr knapp: 91% antworteten mit Ja. Eine derartig hohe Bestätigungsquote wünscht sich mancher Verwaltungsrat der Formula One Holding, inzwischen Teil von Liberty Media und als eigener Bereich auch börsenkotiert an der Nasdaq unter dem Ticker FWONK. 

Heisses Rennen bei ETF-Emittenten und Indexprovidern
Bei der Bewertung der Produktanbieter und Indexprovider gab es gewisse Umwälzungen – insgesamt dominiert Kontinuität. Abgefragt wurden wiederum die vier Qualitätskriterien: Innovationskraft, Produktqualität, Servicezufriedenheit und Attraktivität der Gebührenstruktur. Innerhalb dieser Rubriken konnte die Einteilung in «sehr stark» (sechs Punkte; maximal) bis «sehr schlecht» (ein Punkt; minimal) von den Umfrageteilnehmern vorgenommen werden.

«Anleger achten vermehrt auf Assets-under-Management im jeweiligen ETF.»

Pro Rubrik sind maximal sechs Punkte erzielbar, insgesamt 24 Punkte. Schon jetzt darf angekündigt werden, dass ab dem Sommer 2019 die Liste der Emittenten bei der ETF Investor Satisfaction Survey deutlich erweitert wird – der Schweizer Markt wächst auch anbieterseitig. Dann haben die Newcomer einen mindestens 12-monatigen Track-Record. Doch nun zur aktuellen Konstellation: Auf Platz 1, basierend auf den höchsten Teilnehmerwertungen, ist auch dieses Mal BlackRock mit iShares ETFs. Dicht gefolgt von UBS ETF (Platz 2) und Vanguard (Platz 3). Wiederum auf Platz 4 wurde Amundi ETF gewählt. Einzig Nachholbedarf scheint bei Amundi das Kostenthema zu haben, aber rein in der Kommunikation. Eigentlich ist man bereits sehr kompetitiv, doch die Umfrageteilnehmer haben diesen Faktor nicht wirklich als besonders gut gewertet. Deutlich aufgeholt haben Xtrackers DWS, dem inzwischen börsenkotierten Asset- Manager der Deutschen Bank. Dort ist man auf Platz fünf von zuvor Platz neun aufgerückt. SPDR ETF konnte dank verbesserter Umfragewerte insbesondere beim Punkt Servicequalität auf Rang sechs (2017: Platz 8) rücken. Grosse Veränderungen gab es bei den

«Das Rennen um die Pole-Position muss jeden Tag aufs Neue gefahren – und gewonnen – werden.»

Indexprovidern: STOXX und Solactive rückten aus den vormals unteren Rängen auf die beiden Top-Plätze auf. Letztgenannter Indexprovider legte massiv in der Rubrik Innovationskraft zu. STOXX punktete ebenfalls sehr deutlich bei der Innovationskraft und Servicezufriedenheit. Platz drei, basierend auf dem Votum je Kriterium, ging dieses Jahr an MSCI. Auf dem vierten Platz findet sich SMI Indices, wo die Produktqualität ebenfalls als deutliches Kriterium goutiert wurde. Im ETF & Indexing-Business gilt mehr denn je: Das Rennen um die Pole-Position muss jeden Tag aufs Neue gefahren – und gewonnen – werden. Angesichts dieser hohen Empfehlungsrate würde, ausgedrückt in Restaurant­kritiken von Michelin und Gault-Millau, die Anlageform ETF drei Sterne oder vier Mützen erhalten.

 

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