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Growth Investing: Q&A mit David Eiswert

10.02.2023 10 Min.
  • David J. Eiswert
    Portfolio Manager
    T. Rowe Price

Lesen Sie, welche Erkenntnisse David Eiswert aus den zehn Jahren als Portfoliomanager der Global Focused Growth Equity-Strategie zieht.

Auf den Punkt gebracht:

  • Für uns spielt es seit jeher eine große Rolle, dass wir einen Investitionsrahmen haben, der robust, wiederholbar und schwer nachzuahmen ist.
  • Wenn Sie für Ihre Kunden Alpha generieren wollen, kommt es vor allem darauf an, aktiv zu investieren und die idiosynkratischen Chancen zu erkennen.
  • Mit Blick auf die Zukunft konzentrieren sich die Anleger glücklicherweise wieder zunehmend auf die Bewertungen und Fundamentaldaten.

David Eiswert feierte kürzlich sein 10-jähriges Jubiläum als Manager der Global Focused Growth Equity-Strategie. Wir haben ihn gefragt, wie er die Strategie durch eine Zeit navigiert hat, die für Aktienanleger beispiellos war. Der Manager erklärt, welche Erkenntnisse er gewonnen hat. Er erläutert sein Anlageverfahren und warum er glaubt, dass sein Investitionsrahmen robust genug ist, um wiederholbares Alpha zu generieren.

Was war Ihr Ziel, als Sie mit der Strategie begannen, und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Es ist wichtig, dass wir reflektieren, was wir gelernt haben, und erkennen, was wir verbessern und wie wir uns weiterentwickeln können, um noch besser zu investieren. In den letzten zehn Jahren hat sich die Welt grundlegend verändert, und viele der jüngsten Ereignisse waren unvorhersehbar.

Es ist wichtig, dass wir reflektieren, was wir gelernt haben, und erkennen, was wir verbessern und wie wir uns weiterentwickeln können, um noch besser zu investieren.

Als ich die Strategie damals übernahm, hatte ich bereits seit einiger Zeit unsere globale Technologiestrategie geleitet. Viele waren daher skeptisch, da sie annahmen, ich würde das Portfolio einfach mit schnell wachsenden Technologieunternehmen füllen und alles andere vernachlässigen. Doch das war nie mein Ziel für diese Strategie. Ich wusste, wie stark und leistungsfähig unsere globale Researchplattform ist. In den ersten Tagen habe ich viel Zeit damit verbracht, mich mit anderen Portfoliomanagern und Analysten auf unserer gesamten Plattform auszutauschen. Das hat mir wirklich dabei geholfen, einen Investitionsrahmen zu entwickeln, mit dem sich Alpha über alle Sektoren und Branchen hinweg generieren lässt. Von Anfang an lag jedoch der Fokus darauf, einen Investitionsrahmen zu schaffen, der robust, wiederholbar und schwer nachzuahmen ist.

Wie würden Sie diesen Investitionsrahmen beschreiben und Ihren Anlagestil charakterisieren?

Unser Rahmen basiert wesentlich auf der Suche nach Unternehmen, bei denen wir Erkenntnisse darüber haben, dass sie in der Lage sind, ihre Ertragskraft künftig zu steigern, für deren Aktien wir aber keinen überzogenen Preis zahlen müssen. Das Ziel bestand von Anfang an darin, eine Strategie zu entwickeln, die uns in die Lage versetzt, Alpha zu generieren, das wiederholbar ist – jedoch nicht einfach durch den Kauf der Aktien der 50 wachstumsstärksten Unternehmen, was sich leicht nachahmen lässt.

Unser Rahmen basiert wesentlich auf der Suche nach Unternehmen, bei denen wir Erkenntnisse darüber haben, dass sie in der Lage sind, ihre Ertragskraft zu steigern, für deren Aktien wir aber keinen überzogenen Preis zahlen müssen.

Zudem spielt das Risikomanagement eine extrem wichtige Rolle. Wir legen Wert darauf, dass unsere Kunden keinem besonderen Risiko ausgesetzt sind. Das bedeutet, dass wir keine größeren Stil- oder Länderpositionen eingehen. Es bedeutet aber auch, dass wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie sich ein Unternehmen oder eine Branche künftig weiterentwickeln und verändern wird. Dabei bewerten wir unter anderem auch die Qualität der Geschäftsführung. Zuweilen investieren wir aber auch vorsichtig konträr, also gegen die allgemeine Marktrichtung. Wir sind nicht darauf angewiesen, einem bestimmten Marktnarrativ zu folgen, wenn uns die Bewertungen zu hoch erscheinen. Wir zielen darauf ab, nicht nur den allgemeinen Trends zu folgen, sondern herauszufinden, wann der Zeitpunkt günstig ist, um eine bestimmte Aktie zu kaufen.

Ich glaube, dass es zu unseren besonderen Stärken zählt, idiosynkratische Anlagechancen zu erkennen. Dazu müssen Sie nicht nur aktiv sein, sondern auch intensive Analysen durchführen. Und wenn es angebracht ist, mitunter auch gegen die allgemeine Marktstimmung investieren. Auf diese Weise lassen sich die besten Ideen für das Portfolio finden. Wenn Sie sich auf die Fundamentaldaten konzentrieren und Erkenntnisse darüber gewinnen, dass ein Unternehmen in der Lage sein wird, seine Ertragskraft zu steigern, können Sie sich von der Masse abheben und für Ihre Kunden Wertsteigerungen erzielen.

Was waren Ihre größten Investitionserfolge?

Wir sind stolz darauf, wie wir das Portfolio verwaltet haben. Eine erfolgreiche Umsetzung setzt voraus, dass die komplexen Veränderungen, die in der Welt stattgefunden haben, berücksichtigt werden. Allerdings war die Umsetzung weder einfach noch ohne Risiko. Die Finanzmärkte haben eine außergewöhnliche Zeit hinter sich: von der globalen Finanzkrise und einer Zeit mit geringen Inflations- und Wachstumsraten sowie extrem niedrigen Zinsen bis hin zur Coronapandemie, einem Krieg mitten in Europa und daraus resultierend einer starken Inflation und einer aggressiven Zinsstraffung.

Bei alldem haben wir versucht, uns in dieser Phase, in der die Anleger zunehmend vorsichtig wurden, konsequent darauf zu konzentrieren, den Blick über den Tellerrand zu werfen – denn solche besonderen Phasen bieten immer auch besondere Chancen. Dies gilt vor allem, wenn es darum geht, günstige Einstiegspunkte für interessante und außergewöhnliche Unternehmen zu finden. In Zeiten, in der die Anlegerstimmung kaum schlechter sein konnte, war es wichtig, in Aktien investiert zu bleiben, um davon zu profitieren, wenn die Verzweiflung wieder der Hoffnung weicht. Natürlich wäre es verlockend, einfach abzuwarten, bis eine Wirtschaftserholung nach den allseits bekannten Mustern einsetzt. Um Renditen zu erwirtschaften, so zeigt uns die Geschichte, kommt es jedoch entscheidend darauf an, dass Sie frühzeitig erkennen, wann sich die Fundamentaldaten wieder stabilisieren oder das Schlimmste überstanden ist. Dies erfordert einen aktiven und vorausschauenden Ansatz als Ausgangspunkt, aber auch die feste Überzeugung, dass Ihre grundlegenden Analysen und Ihr Verständnis eines Unternehmens richtig sind.

Wie wichtig ist die Aktienauswahl im Rahmen des Anlageprozesses?

Die Auswahl der überzeugendsten Aktien ist das, womit wir uns im Team jeden Tag intensiv beschäftigen. Tatsächlich glaube ich, dass wir genau hier einen Vorsprung gegenüber anderen Assetmanagern haben. Unsere starke globale Researchplattform hilft uns dabei, in einem riesigen Spektrum an Anlagechancen neue investierbare Ideen herauszufinden.

Um das Potenzial für überproportionale Gewinne durch eine gezielte Auswahl der Aktien und durch den bedeutenden Wandel, den wir sehen, voll auszuschöpfen, sind wir in der Regel in 60 bis 80 Unternehmen investiert, die uns in Sachen Wachstumserwartungen am stärksten überzeugen. In einem Anlageuniversum, das aus Tausenden Aktien besteht, mag das wenig erscheinen. Doch es liegt in meiner Verantwortung als Portfoliomanager, nur in die Aktien zu investieren, von denen ich absolut überzeugt bin. Da muss ich ganz klar wissen, welche Aktien ich besitzen möchte – und welche nicht.

Das Umfeld ist schwieriger geworden, insbesondere für Wachstumsinvestoren. Wie gehen Sie mit der aktuellen Marktvolatilität und dem potenziellen Regimewechsel um?

In den letzten Jahren war die Welt so extrem, dass unser Investitionsrahmen zuweilen ins Wanken geriet. Allerdings nicht, weil irgendetwas an unserem Rahmen falsch gewesen wäre. Vielmehr sind Ereignisse eingetreten, die niemand vorhersehen konnte. Das Umfeld ist heute völlig anders als noch vor einem Jahr. Daher können Sie nicht erwarten, dass Sie mit denselben 20 bis 30 Aktien wie bisher Alpha erzielen können. Sie müssen die Veränderungen verstehen und versuchen, das Portfolio Ihrer Kunden auf die richtige Seite des Wandels zu bringen.

Sie müssen die Veränderungen verstehen und versuchen, das Portfolio Ihrer Kunden auf die richtige Seite des Wandels zu bringen.

Anfang 2022 gingen wir davon aus, dass sich die Welt allmählich normalisieren würde, wenn wir anfangen, mit dem Coronavirus zu leben. Zudem erwarteten wir, dass die US-Notenbank (Fed) beginnen würde, Liquidität aus dem Markt zu nehmen und ihre Geldpolitik zu straffen. Was wir jedoch nicht erwartet hatten, war der russische Einmarsch in der Ukraine, der zur Folge hatte, dass die Rohstoffpreise massiv nach oben gingen. Dazu kamen die noch nicht überwundenen Verzerrungen infolge der Coronapandemie. Anstatt die Zinsen in einem stabilen Rahmen schrittweise zu erhöhen, sah sich die Fed im Kampf gegen die steigende Inflation gezwungen, dem System schnell erheblich Liquidität zu entziehen und die Zinsen aggressiv anzuheben – was an den Risikomärkten eine Welle an Panikverkäufen ausgelöst hat. Die Anleger haben massiv in Marktbereiche umgeschichtet, die von einem höheren Inflations- und Zinsniveau potenziell profitieren – unter anderem zulasten von langfristigen Wachstumswerten, die von der erhöhten Volatilität besonders stark betroffen waren.

Doch muss die Fed nicht unbedingt die Zinsen senken, damit sich die Bedingungen verbessern und die Risikobereitschaft zurückkehrt. Was wir brauchen, ist lediglich eine Verlangsamung der Zinsstraffung. Das könnte der Wendepunkt sein, auf den die Anleger warten, um den Punkt auszurufen, an dem sich die Lage nicht weiter verschlechtert. Sollte sich die Inflationskurve drehen, könnten Wachstumsaktien vor einem Neustart stehen – insbesondere solche von Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Erträge in der nächsten Phase des Aktienzyklus zu steigern.

Welches Marktumfeld erwarten Sie in der Zukunft – und wo sehen Sie Chancen?

Nach einer Ära, die für Aktienanleger besonders günstig war, glaube ich, dass uns höhere Risiken und anhaltende Marktschwankungen bevorstehen. Grund dafür ist das veränderte Umfeld, das geprägt ist durch höhere Inflation, straffere Liquidität, bewaffnete Konflikte und das Abklingen der pandemiebedingten Extreme. Viele Anleger stehen heute vor Herausforderungen, die jedoch nicht neu sind: Wie immer gilt es, die langfristigen Renditepotenziale von kurzlebigen Narrativen und Bedenken zu unterscheiden.

Die Geschichte lehrt uns jedoch, dass besonders volatile Zeiten auch besonders interessante Chancen bieten. Tatsächlich finden wir zurzeit ein so breites Spektrum an Anlagechancen vor wie lange nicht mehr. Viele innovations- und wachstumsstarke Unternehmen sind nach der letzten Marktkorrektur wieder deutlich angemessener bewertet. Wir konzentrieren uns außerdem weiterhin auf aktienspezifische Anlageideen, die nicht an die allgemeine Marktrichtung gebunden sind. Die erhöhte geopolitische und makroökonomische Unsicherheit wird das Umfeld auf kurze Sicht weiter belasten. Langfristig aber basieren die Aktienkurse auf der Ertrags- und Cashflowstärke der Unternehmen.

Wichtig ist außerdem, dass wir keine Anzeichen für ein systemisches Risiko sehen. Wir haben weder eine Kreditblase noch ein Schuldenproblem. Während sich die Regierungen zuletzt erhebliche Kredite aufgenommen haben, ist die Wirtschaft in relativ guter Verfassung. Wir gehen deshalb davon aus, dass eine Rezession, wenn sie denn eintreten sollte, relativ mild ausfallen dürfte. Herausfordernd für die Weltwirtschaft dürfte allerdings die drastische Straffung der Geldpolitik werden. Wir glauben, dass sich dadurch die Kluft zwischen den Aktienrenditen vergrößern wird – und dass es notwendig sein wird, das Portfolio auf diesen Regimewechsel umzustellen.

Der aktuelle Markt stützt unseren Ansatz, da die Bewertungen und Fundamentaldaten wieder in den Vordergrund rücken.

Wir konzentrieren uns weiterhin auf Unternehmen, von denen wir überzeugt sind, dass sie weitere Fortschritte machen. Diese finden wir unter anderem in den Sektoren Technologie, Energie oder Düngemittel, und auf Länderebene beispielsweise in Großbritannien oder sogar China. Wichtig ist, dass sich der Markt zunehmend auf die unternehmensspezifischen Merkmale konzentriert anstatt auf die pandemiebedingten Schwankungen oder darauf, ob Growth oder Value die Oberhand hat. In anderen Worten zielen wir auf ein Portfolio ab, das nicht von den Schwankungen bestimmter Faktoren beeinflusst wird. Der aktuelle Markt stützt unseren Ansatz, da die Bewertungen und Fundamentaldaten wieder in den Vordergrund rücken. Wir glauben, dass wir mit unserem Investitionsrahmen und unserem Vorsprung bei der Auswahl überzeugender Unternehmen hervorragend aufgestellt sind, um für unsere Kunden auch in Zukunft Alpha zu generieren.

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