Healthcare: Es geht um mehr als neue Renditequellen
-
Cyrill Zimmermann, Head Healthcare Funds/Mandates
Warum Biotechfirmen und Diagnostikspezialisten mit ihren Produkten und klinischen Kandidaten eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung der Coronavirus-Pandemie spielen.
Im Kampf gegen die globale Corona-Pandemie gibt es seit Anfang Mai die ersten Erfolgsmeldungen. Die US- Behörde FDA hat dem von Gilead Sciences entwickelten Wirkstoff Remdesivir eine erste Zulassung für die Anwendung in Notfällen erteilt. Patienten, die so schwer erkrankt waren, dass sie beatmet werden mussten, so zeigte eine klinische Studie auf, erholen sich schneller, wenn sie fünf bis zehn Tage lang eine tägliche Injektion mit Remdesivir erhalten. Bei diesem Medikament handelt es sich um eine Akutbehandlung, die den Replikationsprozess der Viren unterbindet und den Krankheitsverlauf mildert. Sollten die für Mai erwarteten Resultate aus weiteren in den USA durchgeführten klinischen Studien dieses Ergebnis bestätigen, wird Remdesivir noch in den Sommermonaten als erste Covid-19-Therapie weltweit auf den Markt kommen. Gilead möchte so vielen Menschen wie möglich Zugang zum Produkt verschaffen. Um eine schnellstmögliche globale Versorgung zu gewährleisten, arbeitet das Management daran, ein Konsortium von Produktionspartnern aufzubauen.
Zugleich läuft die Entwicklung und Produktion von Diagnostik-Schnelltests auf Hochtouren. Ein wichtiger Schritt ist hier die Zulassung, die Roche kürzlich für sein Testsystem erhalten hat. Der cobas SARS-CoV-2-Test kann in wenigen Stunden grosse Blutprobenmengen mit einer Spezifität von 99.8 % darauf untersuchen, ob Personen Antikörper gegen das Coronavirus gebildet haben. Damit lässt sich genau bestimmen, wie gross der Bevölkerungsanteil ist, der bereits eine Covid-19-Infektion durchlaufen hat. Roche ist in der Lage, monatlich Testkits im zweistelligen Millionenbereich auszuliefern. Zugleich spielen flächendeckend verfügbare Diagnostika eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, lokale Infektionsherde zu identifizieren und damit künftige Pandemiewellen frühzeitig einzudämmen.
Wettlauf der Vakzine
Allerdings werden nur Impfstoffe Covid-19 dauerhaft bekämpfen. Stand Anfang Mai forschen nach Erhebungen des Journal of Virus Eradication 115 Projekte weltweit an einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2. Zehn Vakzine befinden sich in der klinischen Entwicklung. Alle diese Substanzen zielen auf eine aktive oder passive Immunisierung des menschlichen Körpers ab. Experten beziffern das Zeitfenster, bis eine wirksame prophylaktische Impfung auf internationaler Ebene zur Verfügung steht, auf 9 bis 18 Monate. Die verschiedenen Ansätze reichen von Antikörpern über mRNA-Vakzine bis zu Immunglobulinen.
Bei der passiven Immunisierung erhalten die zu impfenden Personen Antikörperkonzentrate oder das Blutplasma von Personen, die bereits eine Immunität gegen die Virusinfektion entwickelt haben. Wie lange sich damit eine Immunisierung gegen Covid-19 aufbauen lässt, ist noch ungeklärt. Regeneron Pharma will in den nächsten Monaten mit den klinischen Studien beginnen und dabei aus zwei verschiedenen Antikörpern einen Wirkstoffcocktail entwickeln. Das Präparat soll bereits infizierten Personen helfen und sich zugleich vor allem für die passive Impfung von Risikogruppen eignen, die einem grösseren Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. Erste aussagekräftige Wirksamkeitsdaten sind allerdings erst 2021 zu erwarten. Zu den Vorreitern bei den Immunglobulinen zählt der japanische Pharmakonzern Takeda Pharma. Dessen intravenös verabreichtes Präparat besteht aus verschiedenen, bereits gereinigten Antikörpern. Vir Biotech verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Das US- Pharmaunternehmen untersucht zusammen mit der chinesischen Firma Wuxi Biologics, ob die 2003 aus dem Blutserum von ehemaligen SARS-Patienten gewonnenen Antikörper auch das verwandte SARS-CoV-2 neutralisieren können. Sinnvoll ist eine solche Serumtherapie vor allem für ältere Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen, die bei einer neuen Infektionswelle schnell versorgt werden müssen.
mRNA-Impfstoffe vor dem Durchbruch
Nur eine aktive Immunisierung kann jedoch eine dauerhafte Immunisierung gegen Covid-19 gewährleisten. Dabei bildet das Immunsystem, sobald es in Kontakt mit abgeschwächten Krankheitserregern oder Fragmenten davon kommt, spezifische Antikörper gegen das Virus. Weil mit dem Virus gesunde Menschen getestet werden, spielt die richtige Dosierung auch im Hinblick auf Sicherheit und Verträglichkeit eine wichtige Rolle. Dementsprechend länger ist in der Regel die Zeitspanne bis zum erfolgreichen Abschluss der klinischen Studien. Eine gegenüber herkömmlichen Verfahren kürzere Entwicklungszeit erhoffen sich die Firmen, die neuartige mRNA-basierte Impfstoffe entwickeln. Die RNA bildet die Schaltstelle für die Übersetzung von Genen in Eiweissstoffe. MRNA soll die Zellen des Immunsystems indirekt anregen, Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus zu bilden.
Die US-Firma Moderna ist hier am weitesten fortgeschritten und startete im März die erste klinische Studie zu Wirksamkeit und Verträglichkeit. Bei einem positiven Verlauf will Moderna noch im laufenden 2. Quartal mit einer breiter angelegten Wirksamkeitsstudie beginnen. Im Idealfall liegen bis zum Jahresende Ergebnisse vor, welche dann die Basis für eine zeitnahe Zulassung bilden. Eine kürzlich abgeschlossene Kooperation mit dem Medikamentenhersteller Lonza, die auf zehn Jahre angelegt ist, sichert die jährliche Produktion von bis zu einer Milliarde Impfstoffdosen. Angesichts der Notwendigkeit, Milliarden von Menschen zu impfen, ist der Markt jedoch gross genug für mehrere Produkte.
Bellevues «Corona-Portfolio»
Das Portfolio des BB Adamant Biotech Fonds enthält aktuell zu 28.5% Firmen, die mit der Bekämpfung der Corona- Pandemie in Verbindung stehen. Grösstenteils handelt es sich dabei um Medikamentenentwickler. Unter den in der Summe acht Unternehmen bilden Gilead Sciences und Regeneron Pharma die grössten Positionen. Darüber hinaus halten wir Positionen bei Moderna, Alnylam, Wuxi Biologics, Astellas Pharma sowie den beiden Diagnostikfirmen Illumina und Qiagen, welche bei der Gensequenzierung und der Diagnose des SARS-CoV-2- Virus eine wichtige Rolle spielen. Wir sind davon überzeugt, dass die Coronakrise auch eine grosse Chance für die gesamte biopharmazeutische Industrie bietet, um in der breiten Öffentlichkeit wieder stärker als eine Branche wahrgenommen zu werden, die für nachhaltige Lösungen in Krisensituationen steht und nicht nur auf Gewinnmaximierung aus ist. Aus Anlegersicht bietet die im langjährigen historischen Vergleich günstige Bewertung von Biotechtiteln weiterhin attraktive Einstiegskurse.