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payoff Focus

Solide Renditen mit Anlagen in Basiskonsumgüter

09.06.2016 8 Min.
  • Martin Raab

Egal ob nationaler Champion oder Global Brand – für Investoren ist der Sektor Consumer Staples mehr denn je interessant, denn nichtzyklische Unternehmen des täglichen Bedarfs sind stabile Umsatzbringer. Doch auch unbekannte Weltmarktführer für Dinge des täglichen Bedarfs aus der Schweiz laden zu Investments ein. Wie Anleger jetzt mit Strukturierten Produkten und ETFs profitieren können.

Wer kennt sie nicht – die Blechschilder von Persil, die mittlerweile Kultstatus erlangt haben und eine Hausfrau in strahlend weissem Kleid zeigen oder die historische Nestlé-Werbung für Schokolade und Nescafé. Starke Marken zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass ein kurzer Blick auf das Logo eine Zuordnung des Unternehmens möglich macht. So kennt fast jeder das gelbe geschwungene «M» von McDonald’s oder den «angebissenen Apfel» von Apple. Eine nahezu perfekte Markenstrategie wurde verfolgt, wenn der Markenname das eigentliche Wort im Sprachgebrauch ersetzt. Hier haben zum Bespiel Maggi oder Tempo vorgemacht, wie man für Verbraucher zum Synonym für Würze oder Instantsuppe bzw. Papiertaschentücher wird. In Frankreich ist ein Kleberli schlicht «Le Scotch», in Deutschland wird vom «Tesafilm» als Klebstreifen gesprochen – perfekte Markenverankerung von nicht zyklischen Gütern.

Global Brands – in der Marke steckt die Kraft
Wenn es um den immateriellen Wert der Marke geht, blicken jedes Jahr Unternehmen und Verbraucher gespannt auf die von Forbes veröffentlichte Liste über die wertvollsten Unternehmen der Welt. Während der Softdrink-Hersteller mit dem hell erleuchteten Weihnachtstruck – richtig erraten, Coca-Cola – jahrelang unangefochtene Nummer eins war, wird die Liste seit einigen Jahren von Apple mit einem geschätzten Markenwert von USD 145.3 Mrd. angeführt. Dahinter tummeln sich Unternehmen wie Coca-Cola (USD 56 Mrd. Markenwert) oder McDonald’s (USD 39.5 Markenwert). Auffallend ist, dass acht der Top-10-Unternehmen aus den USA stammen, ein gewisser Homebias kann Forbes nicht abgesprochen werden. Zwei Marken – Coca-Cola und McDonald’s – sind nichtzyklische Konsumgüter (Consumer Staples). Wirft man einen Blick auf Schweizer Marken, so findet man mit Nescafé die erste auf Rang 31 mit einem Markenwert von USD 17.3 Mrd., Nestlé folgt als zweitwertvollste Schweizer Consumer Staples-Marke auf Rang 43 mit einem immateriellen Firmenwert von USD 12.2 Mrd.

Langweiler oder krisenresistente Allwetteraktien?
Interessant dabei: Unternehmen mit milliardenschweren Markenwerten wie Nestlé, Coca-Cola, Unilever oder auch Procter & Gamble haben sich perfekt in unser tägliches Leben eingenistet. Egal ob Zahnpasta, Brotaufstrich, Waschmittel oder Kaffeekapseln – jeden Tag aufs Neue klingelt die Umsatzkasse. Gleichwohl sind die Geschäftsmodelle dieser Unternehmen auf den ersten Blick etwas langweilig im Vergleich zu Internetkonzernen, Smartphone-Produzenten oder Modeherstellern, aber beim Investieren kann langweilig oft besser sein. Speziell die Tatsache, dass viele Produkte und damit auch der Grossteil der Einnahmen der dahinter stehenden Unternehmen unabhängig von der Konjunktur sind, ist ein sehr grosser Vorteil. Das sorgt auch in Rezessionen für konstante Erträge und einen stabilen Cash Flow, denn Lebensmittel und Kosmetikartikel sind krisenresistente Top-Seller. Die Gewinnentwicklung von Nestlé zeigt dies eindrucksvoll. Während die Gewinne des breiten SMI in der Finanzkrise deutlich einbrachen, konnte Nestlé sein Ergebnis halten bzw. sogar noch steigern.

Eine Studie von Fidelity hat die Renditen der unterschiedlichen Branchenindizes seit dem Jahr 1962 verglichen. Demnach erzielte ein Investment in den Consumer Staples-Sektor unter den zehn verfügbaren Branchen den zweithöchsten Ertrag, knapp hinter dem Gesundheitssektor. Aber nicht nur die historische Rendite war Superior. Durch die geringe Sensitivität zur Konjunktur wiesen sie im besagten Zeitraum auch die zweitniedrigste Volatilität aus und bescherten dadurch Investoren eine Freude mit deutlich weniger Schweissperlen auf der Stirn. «Ein Hauptgrund der Überlegenheit gegenüber dem breiten Markt und den anderen Sektoren ist die Beständigkeit der Marken. Das bedeutet schlichtweg, dass viele Marken, die vor 50 Jahren führend waren, es heute noch immer sind und somit hohe Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer darstellen», erklärt Bob Lee, Portfolio-Manager bei Fidelity.

Effizient die Branche kaufen
Einziger Wermutstropfen ist die relativ hohe Bewertung im Vergleich zum Gesamtmarkt. Während der S&P 500 Index ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19.7 ausweist, notiert dieses beim zugrunde liegenden Consumer Staples Sektorindex bei 23.6. Damit ist dieser zwar höher bewertet als der Gesamtmarkt, liegt aber im Branchenvergleich nur auf Rang drei hinter dem Immobilien- und Gesundheitssektor. Investoren können über den SPDR S&P U.S. Consumer Staples Select Sector UCITS ETF (Valor: 28805617) am US-amerikanischen nichtzyklischen Konsum partizipieren. Wer Interesse an Europa hat, findet im ETF auf den MSCI Europe Consumer Staples Index (Valor 24767099) ein passendes europäisches Pendant. Hier ist Nestlé mit einem Anteil von knapp 20% am Index vertreten und der ETF weist eine Dividendenrendite von 2,7% aus.

 

«Beim Investieren kann langweilig oft besser sein.»

Value-Perlen im Index
Nachdem der breite Consumer Staples Index eine hohe Bewertung aufweist, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Speziell der europafokussierte Index liefert interessante Informationen. So ist beispielsweise der bekannte heimische Süsswarenkonzern Lindt & Sprüngli mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von inzwischen über 40 sehr hoch bewertet. Wie viel Schokolade muss Lindt in diesem Jahr mehr verkaufen, um eine 40-fache Bewertung zu rechtfertigen? Utopisch viel. Solider und smarter mit einem KGV von 20 ist Indexschwergewicht Nestlé. Der in Vevey beheimatete Konzern bietet trotz guter vergangener Performance noch eine faire Bewertung leicht unter dem Gesamtindex. Aktuell beträgt die Dividendenrendite von Nestlé rund 3%. Ein Barrier Reverse Convertible der Bank Vontobel (Valor 32148995 / Symbol RNEAJV) bietet 4,57% Rendite bei gleichzeitigem Kurspuffer (20% Distanz zum Emissionskurs = Barriere bei CHF 57.48) nach unten. Hält diese Barriere bis in einem Jahr (Mai 2017), winkt eine Seitwärtsrendite von aktuell 6,15% – doppelt so viel wie beim Direktinvestment in die Nestlé-Aktie. Ein Value-Investment könnte die Aryzta AG sein. Das für seine Tiefkühl- und vorgebackenen Waren bekannte Unternehmen zeigt zwar seit dem Jahr 2014 Schwäche, könnte bei einem Turnaround jedoch enormes Aufholpotenzial bieten. Mit einem KGV von 9.7 ist der Global Player mit Hauptsitz in Zürich jedenfalls günstig bewertet. Die Konsens-Analystenschätzungen sehen eine klare Kaufempfehlung mit einem durchschnittlichen Kurspotenzial von über 30%. Mit einem Barrier Reverse Convertible der Bank Julius Bär kann man mit einem Risikopuffer von 26% und einer einjährigen Laufzeit über den Valor 30856823 / Symbol JSBAW an einer Stabilisierung des Abwärtstrends partizipieren und bei Endfälligkeit eine Seitwärtsrendite von knapp 9% erwirtschaften.

 

«Ein Investment in den Consumer Staples-Sektor erzielte langfristig den zweithöchsten Sektorertrag beim zweitniedrigsten Risiko.»

Fleisches Lust für satte Rendite?
Ein in diesem Index nicht erwähnter High Flyer ist die Aktie der Bell AG. Der Fleisch- und Wurstwarenverarbeiter konnte den SMI im vergangenen Jahr um über 50% schlagen und weist immer noch eine günstige Bewertung mit einem KGV von 15.4 aus. Aktuell wird die Aktie von den Analysten der Bank Vontobel und der Zürcher Kantonalbank gecovert. Beide Häuser raten das Unternehmen mit einem Hold, sehen aber noch Kurspotenzial. Vor Kurzem wurde die konsequente Wachstumsstrategie durch die Übernahme der Eisberg- und der Huber-Gruppe fortgesetzt. «Für die Bell-Gruppe bedeutet die Übernahme von Eisberg eine Stärkung des Bereiches Convenience-Salate. In der Schweiz können durch die Akquisition Kapazitätsengpässe überwunden werden», erläutert Davide Elia, Leiter Corporate Marketing der Bell AG. Investierbare Finanzprodukte gibt es derzeit noch keine am Markt, sodass interessierten Investoren lediglich der Kauf der Aktie bleibt. Vielleicht kreiert ein Emittent aber auch schon bald einen Swiss Food Brands Basket? An der nationalen Markenbekanntheit sollte es nicht scheitern.

Die hässliche Seite der globalen Konsumwelt – Wachstum und Gewinn um jeden Preis?
Mehr Menschen, mehr Nachfrage und explodierender Konsum nach Dingen des täglichen Bedarfs und nichtzyklischen Gütern sind eine zweischneidige Realität. Mit weniger ist niemand zufrieden. Insbesondere Herstellung, Anbau bzw. Zucht und Verarbeitung von Lebensmitteln laufen nach wie vor oftmals fragwürdig ab. Zusätzlich ist die Energieintensivität bei der Herstellung und Verpackung von Consumer Staples-Produkten immer noch erschreckend hoch, Prozesse nach wie vor ineffizient. Dass beim Wachstum die Natur und oftmals auch der Mensch auf der Strecke bleiben, ist offenkundig. So gut Nespresso schmeckt, so riesig sind die trotz «Ecolaboration» nicht recycelten Müllberge der aufwendig hergestellten Aluminium-Kapseln. Auch gräbt Nestlé, über ihre Tochtergesellschaft Nestlé Waters mit CHF 65 Mrd. Umsatz (!) in den ersten neun Monaten des Jahres 2015, weltweit das Trinkwasser ab, mit teils fatalen Folgen, um es mit tausendfachem Gewinnaufschlag lokal und international weiterzuverkaufen. Nicht besser steht es um die durchgängige Ethik bei anderen Nahrungsmittel-Konzernen wie Unilever, Procter & Gamble oder Altria. Die Hoffnung bleibt, dass sich Gewinne und Wachstum in Zukunft wieder mit nachhaltigen Geschäftszielen synchronisieren. Lieber gesunde Dividendenrenditen von 4% oder 5% über Jahre dank nachhaltiger Geschäftsentwicklung als aufgepumpte Ausschüttungen, die unregelmässig und ohne Rücksicht auf Ressourcen herausgepresst werden.

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