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Aufgefallen: Action-Thriller im Home Office

08.04.2020 2 Min.
  • Martin Raab

Filme aus Hollywood sind längst nicht mehr alles Kassenschlager. Zwar ist Drehbuchschreiben in der Praxis deutlich anspruchsvoller als vermutet doch das Niveau leidet inzwischen.

Vor einigen Tagen habe ich im Home Office in einen krassen Thriller gezappt: Es geht um ein Lungen-Virus, das in einem chinesischen Wildmarkt durch verspeiste Fledermäuse auf Menschen übertragen wurde. Das Virus arbeitet sich pervers vor, viele ersticken auf offener Strasse. Ein lokaler Arzt entdeckt die schwerwiegende Ausbreitung und wird aber von der Regierung mundtot gemacht. Die CIA kann aber die WeChat-Hilferufe noch abfangen. Plötzlich erkrankten tausende Chinesen, Millionenstädte wurden dort abgeriegelt. Natürlich – es ist ein Hollywood-Drama – kommt jetzt der Link zu den USA. Dort schleppen Reisende das Virus ein. Aus Langley informiert, stoppt der Präsident sofort alle Flüge von und nach Amerika. Auch in Europa schnellt nun die Zahl der Infizierten in die Höhe. Der Drehbuchschreiber pickt sich dort Italien und Spanien als Epizentren heraus. Kineastisch perfekt inszeniert gibt es Kameraflüge durch ein fast menschenleeres Manhattan, den verwaisten Champs-Élysées und Kolonnen von Militär mit Atemschutzmasken. Im Weissen Haus herrscht komplettes Chaos. Parallel kommen Einspieler von der Wall Street, wo die Kurse um 30% stürzen und ungläubige Börsenmakler sich mit 2 Meter Abstand die Haare raufen. Viele Staaten rufen zum Lock-Down auf und bremsen so das gewohnte Leben gegen Null. Man beschliesst Hilfspakete in Milliardenhöhe, in den USA werden gemäss Skript sogar utopische zwei Billionen in die Wirtschaft gepumpt. Nach Hollywood-Manier werden in der Schweiz zig Tonnen an Gold aus dem Staatstresor geholt und jeder hiesige Steuerzahler erhält 40’000 Franken Soforthilfe («The Swiss can afford it»). Nach vier Wochen Armageddon schafft es plötzlich ein globales Virologen-Team (u.a. Vertreter der Uni Bern) zumindest ein milderndes Gegenmittel zu entwickeln. Infektionsraten sinken, die Grenzen werden schrittweise wieder geöffnet. Die Menschen können wir raus. Eine Szene zeigt BloombergTV mit überschwänglichen Kursbewegungen diverser Börsenplätze nach oben. Die Schlussszene dreht im Oval Office: Der Präsident nimmt einer Gruppe CEOs das Versprechen ab, «We never produce abroad again». Epische Ausblendung des belebten Lincoln Memorial mit Blick auf das Washington Monument vor stahlblauem Himmel. Angst hat mir der Abspann gemacht: «Inspired on a true story».

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