CTS Eventim: Begrenzter Unterhaltungswert
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Wolfgang Hagl
Die Corona-Pandamie hat den Konzertveranstalter und Ticketvermarkter unverschuldet ins Taumeln gebracht. Auch wenn CTS Eventim nach der Krise den europäischen Markt mehr denn je dominieren dürfte: Vorerst ist von dem Mid Cap nicht viel zu erwarten.
Normalerweise sind Spielstätten wie das Zürcher Kaufleuten, das KKL Luzern oder die Lanxess Arena in Köln das Metier von CTS Eventim. Zuletzt betrat der Ticketvermarkter und Konzertveranstalter jedoch die politische Bühne. CEO Klaus-Peter Schulenberg sagte vor dem Maut-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages aus. Dor belastete er Verkehrsminister Andreas Scheuer schwer. Dieser soll einen von Schulenberg und seinem Geschäftspartner Georg Kapsch im Herbst 2018 unterbreiteten Vorschlag abgelehnt haben. Die Chefs der als Betreiber der Maut vorgesehen Unternehmen CTS und Kapsch TrafficCom wollten mit der Vertragsunterzeichnung auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs warten. Bekanntlich hat das EuGH die umstrittene Abgabe im Juni 2019 zu Fall gebracht.
Strikte Kostendisziplin
Im Zank um eine mögliche Abfindung für das deutsch-österreichische Konsortium – Scheuer kann sich an das skizzierte Angebot nicht erinnern – steht nun Aussage gegen Aussage. Dagegen ist die Lage im operativen Geschäft von CTS Eventim relativ eindeutig: Die Corona-Pandemie hat dem europäischen Branchenkrösus mehr oder weniger die Geschäftsgrundlage entzogen. Anstatt die Tourneen von Top Acts wie Ed Sheeran, Elton John oder Helene Fischer zu organisieren und/oder deren Ticketing abzuwickeln, ist das Unternehmen seit Monaten vor allem mit dem Verschieben von Konzerten und Auftritten beschäftigt.
Die Zahlen für das 2. Quartal haben die laufende «Horror-Show» schonungslos offengelegt. Bei einem Umsatzeinbruch von 96% verbuchte CTS Eventim ein negatives operatives Ergebnis (Stufe normalisiertes Ebitda) in Höhe von EUR 15.6 Mio. Allerdings machten sich die eingeleiteten Kosten- und Effizienzmassnahmen bereits bemerkbar. Analysten hatten mit einem höheren Verlust gerechnet. Schulenberg hat nicht nur bei den Ausgaben konsequent den Rotstift angesetzt und die Investitionen auf ein Mindestmass zurückgeschraubt. Ausserdem wurde die Dividende für 2019 gestrichen. Zusammen mit einer gezogenen Kreditlinie führte diese Massnahmen dazu, dass der schuldenfreie Konzern per Mitte Jahr über ein Cash-Polster von rund EUR 820 Mio. verfügte.
«Show must (not) go on»
Trotz allem macht Schulenberg keinen Hehl daraus, dass sich das Unternehmen in der schwierigsten Phase seiner Geschichte befindet. Die Überzeugung von einem einzigartigen und bis zuletzt wachstumsstarken Geschäftsmodell konnte ihm die Pandemie aber nicht rauben: «Wir werden aus der Krise gestärkt und agiler hervorgehen.» Noch ist es nicht so weit. Vielmehr haben sich die Hoffnungen zerschlagen, wonach ab Herbst wieder zwanglose Shows vor tausenden Fans stattfinden könnten. Wenn überhaupt, sind Grossveranstaltungen nur unter Einhaltung von Abstandsregeln und strikten Hygienekonzepten sowie mit einer Kontaktverfolgung möglich. In der Schweiz können die Kantone seit dem 1. Oktober Anlässe mit mehr als 1’000 Besucher unter diesen Voraussetzungen wieder bewilligen. Ausserdem darf das lokale epidemiologische Geschehen der Veranstaltung nicht im Wege stehen. Allein aufgrund der Tatsache, dass mit Deutschland, Italien und der Schweiz die drei wichtigsten Märkte von CTS zuletzt steigende Neuinfektionszahlen verzeichneten, dürfte das Programm bis auf weiteres dünn bleiben – ganz zu schweigen von der gedämpften Lust vieler Konsumenten, Live-Shows zu besuchen.
Anlagekonklusion:
Nachdem Ausverkauf von Ende Februar und März konnte die CTS-Aktie deutlich Boden gut machen. Nach Ansicht der DZ Bank ist das Chance-Risiko-Verhältnis des Mid Caps mittlerweile ungünstig. Ihr Analyst Thomas Maul hat CTS Eventim daher im September von «Halten» auf «Verkaufen» herabgestuft. Den fairen Wert taxiert er auf EUR 33.00. Mit seiner Gewinnschätzung bewegt sich der Experte weit unter dem Konsens. Maul erwartet beispielsweise für 2020 einen Verlust je Aktie von EUR 1.24. Laut Reuters hat der Markt je Anteilsschein ein Minus von EUR 0.68 auf dem Zettel.
Möglicherweise folgt der eine oder andere Berufskollege am 19. November dem besonders skeptischen DZ Bank-Analysten. Dann legt CTS Eventim die Zahlen für das 3. Quartal vor. In der Zwischenbilanz dürfte das drastische Ausmass des praktisch komplett ausgefallenen Konzert- und Festivalsommers 2020 mehr denn je zum Ausdruck kommen. Selbst wenn im kommenden Jahr, insbesondere nach der Einführung eines Corona-Impfstoffs, alles besser werden könnte: Kurzfristig ist von dem über Jahre als eine Art Top Act des deutschen Aktienmarktes agierenden Mid Cap kein grosses Comeback zu erwarten.