EUR/USD: Bühne frei für Madame Lagarde
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Wolfgang Hagl
Während der jüngste Renditeanstieg der EZB-Präsidentin kaum gefallen dürfte, ist die Entwicklung beim FX-Gespann EUR/USD wohl nach ihrem Geschmack. Vor der morgigen Ratssitzung steuerte der Euro auf eine wichtige Unterstützung zu.
Nur allzu gerne würde man gerade Mäuschen sein und unbemerkt durch den Frankfurter EZB-Tower schleichen. In dem 185 Meter hohen Doppelturm dürften viele staunende, möglicherweise gar erschreckte Gesichter unterwegs sein. Schliesslich vollzog sich im Euroraum wie andernorts auch zuletzt ein markanter Renditeanstieg. Bei der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe schrumpfte der Negativzins seit dem Jahreswechsel um 27 Basispunkte auf zuletzt -0.305%. Bei einer Fälligkeit in 30 Jahren wirft diese Benchmarkobligation sogar erstmals seit dem vergangenen Juni wieder einen positiven Ertrag (0.21%) ab.
Trotz dieser markanten Aufwärtsbewegung steht der Euro unter Druck: Das Devisengespann EUR/USD notiert 3.9% unter dem Anfang Jahr erreichten Verlaufshoch. Mit einer plötzlichen Schwäche der Einheitswährung lässt sich dieser Rücksetzer kaum erklären – gegenüber dem Schweizer Franken wertete der Euro markant auf. Vielmehr kommt im jüngsten Verlauf von EUR/USD eine ausgeprägte Euphorie der Märkte bezüglich des Aufschwungs in den USA zum Vorschein. Passend dazu haben die Fortschritte beim USD 1.9 Bio. schweren Konjunkturpaket der Biden-Regierung den Verkaufsdruck beim wichtigsten FX-Duo noch einmal erhöht.
EZB demonstriert Handlungsbereitschaft
Am morgigen Donnerstag hat der EZB-Rat die Gelegenheit, die jüngste Entwicklung einzuordnen und die Geldpolitik gegebenenfalls anzupassen. Um 13:45 Uhr werden die Ergebnisse seiner Sitzung publiziert. 45 Minuten später tritt EZB-Präsidentin Christine Lagarde vor die Presse. Die Französin dürfte dabei ein zuletzt Anfang März abgegebenes Versprechen wiederholen: «Die EZB wird dafür Sorge tragen, dass Unternehmen und Familien Zugang zu den Finanzmitteln bekommen, die sie zur Überwindung der Krise brauchen.» Ihr Vize, Luis de Guindos, wurde noch deutlicher. In einem auf der EZB-Internetseite veröffentlichten Interview bezeichnete er das Anleihekaufprogramm PEPP als das Hauptwerkzeug der Währungshüter.
Die EZB sei notfalls bereit, hier Hand anzulegen. Das gilt dem Spanier zufolge auch beim Kaufrahmen, welcher bereits EUR 1.85 Bio. beträgt. Davon ist aber noch rund EUR 1 Bio. unbenutzt. «Wir haben Spielraum und wir haben Munition», erklärte de Guindios. Relativ gelassen gab sich dagegen der Präsident der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, mit Blick auf die jüngste Zinsentwicklung. «Die Finanzierungsbedingungen sind weiter im historischen Vergleich sehr günstig», erklärte er. Allerdings gelte es für die EZB, die Entwicklung im Auge zu behalten. Grundsätzlich sei man in der Lage, flexibel zu reagieren. «Genau aufgrund dieser hohen Unsicherheit in der Krise haben wir ja das PEPP auch mit einer grösseren Flexibilität ausgestaltet als andere Programme», erklärte Weidmann
Anlagekonklusion:
Während eine Zinssenkung als ausgeschlossen gilt, dürfte sich die Diskussion im EZB-Rat vor allem um den Anleihekauf drehen. Mit einer Ausweitung oder auch nur dem deutlichen Hinweis auf die Risiken des Zinsanstiegs könnten die Währungshüter den Euro weiter schwächen. Aus charttechnischer Sicht befindet sich das Devisenpaar EUR/USD schon vor der Sitzung in einer prekären Situation. Der Euro droht zum ersten Mal seit Mai 2020 unter die 200-Tage-Linie zu fallen. Knapp oberhalb des gleitenden Durchschnitts verlaufen zudem eine horizontale Unterstützung sowie die unter Begrenzungslinie des kurzfristigen Abwärtskorridors. Mit dem Mini-Future Short IEUDM können Trader darauf setzen, dass die EZB der Einheitswährung tatsächlich einen Schlag verpasst. Sollte es dagegen am skizzierten Unterstützungsbündel zu einem Rebound kommen, würde das Long-Papier MEUBJV überproportional an Wert gewinnen.