EZB-Strafzinsen heizen Kreativität der Banken an
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Martin Raab
Ein neues Phänomen macht jetzt bei deutschen Banken Schule: Kredite mit Zinsbonus. Aktuell ist jedes Mittel recht, um den Strafzinsen der Europäischen Zentralbank zu entgehen. Bis dato können aber nur erstklassig geratete Kreditnehmer profitieren.
Not macht erfinderisch — selbst mausgraue Banker aus Deutschland werden im aktuellen Zinsumfeld zu Geldmarkt-Künstlern und basteln bunte Powerpoint-Folien samt kreativen Anlagezwittern. Das erklärte Ziel: den Strafzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu entgehen. Banken und Sparkassen bieten inzwischen Kredite mit sogenanntem Zinsbonus an. Der Kunde erhält zum Kredit also eine Gutschrift der Bank. Damit können primär AAA-Schuldner wie Städte und Kommunen rechnen, wenn sie sich Geld leihen. Ins deutsche Mutterland fallen inzwischen insbesondere niederländische und skandinavische Banken ein und locken mit tollen Prämien auf Darlehen.
Die Kredite mit Zinsbonus zeigen, wie sehr der EZB-Strafzins das Bankgeschäft verändert. Der bayerische Sparkassenverband hat jüngst gar berechnet, ob es nicht günstiger wäre, das Geld in einem Tresor zu bunkern statt bei der EZB. Banken müssen derzeit einen Strafzins von 0,3 Prozent für Übernachteinlagen bei der EZB zahlen. Marktexperten erwarten, dass die Notenbank den Einlagenzins diese Woche auf minus 0,4 oder 0,5 Prozent senkt. Damit sollen Geldhäuser zu mehr Kreditvergaben bewegt werden.
Denn der Strafzins kostet die Kreditinstitute Milliarden, vor allem dann, wenn sie nicht gegensteuern. Das machen sie zum Beispiel, indem sie ihrerseits Strafzinsen von Unternehmen verlangen – wie sie etwa die Commerzbank von einigen Geschäftskunden fordert. Alternativ können die Banken Kredite mit Zinsplus vergeben. Als Basis für die Berechnung der Zinsprämie dürfte ein Geldhaus sich am Eonia-Zinssatz orientieren, zu dem sich Banken untereinander täglich Geld leihen. Der liegt aktuell bei minus 0,24 Prozent. Darauf muss das Geldhaus seine Kreditmarge ansetzen. Als Prämie für die Kommune könnten laut Beobachtern 0,05 Prozent bleiben. Unbekannt sind Parkgebühren in Deutschland für die Geldanlage indes nicht. So profitiert der deutsche Staat schon seit längerem: Bei den Bundesanleihen mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren verdient Finanzminister Schäuble ordentlich Geld.