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payoff Traders Idea Trading Desk

GBP/USD: Carry Trader aufgepasst!

07.06.2023 5 Min.
  • Wolfgang Hagl
    Redaktor

Während die Märkte in den USA auf eine geldpolitische Pause setzen, dürfte die Bank of England ihren restriktiven Kurs beibehalten. Bestätigt sich dieses Bild bei den anstehenden Zinsentscheidungen, könnte das Pfund nach oben ausbrechen.

Seit gut drei Jahren steht Andrew Bailey an der Spitze der Bank of England (BoE). Kurz vor Weihnachten 2019 hatte die mittlerweile verstorbene Queen Elizabeth II. seine Berufung zum «Governor of the BoE» abgesegnet. Am 16. März des darauffolgenden Jahres trat Bailey die Nachfolge des Kanadiers Mark Carney an. Zunächst bestimmte die Corona-Pandemie mit ihren dramatischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verwerfungen die Arbeit des obersten Währungshüters im Königreich. Diese alles andere als einfache Aufgabe ist nahtlos in den Kampf gegen die Inflation übergegangen. Vor rund zwei Jahren fing die Teuerung auf der Insel damit an, nach oben zu laufen. Im vergangenen Oktober übertraf der Consumer Price Index (CPI) das Vorjahresniveau um mehr als 11%. Zwar hat der Preisdruck in der Zwischenzeit etwas nachgelassen. Die Abkühlung fällt in Grossbritannien jedoch weniger intensiv aus, als auf dem europäischen Festland oder in den USA.

Die jüngsten Preisdaten bestätigen diesen Eindruck: Für den April 2023 meldete das Office for National Statistics (ONS) einen Anstieg des CPI von 8.7% im Vergleich zum selben Monat des vergangenen Jahres. Die BoE hatte damit gerechnet, dass die Teuerung von mehr als einem Zehntel im März auf 8.4% nachlässt. Ökonomen waren von 8.1% ausgegangen. In seiner Kernrate – hier bleiben die Ausgaben für Lebensmittel, Energie, Alkohol und Tabak aussen vor – zog der CPI im April sogar noch einmal an. Mit 6.2% erreichte er das höchste Niveau seit dem März 1992.

Veränderte Erwartungshaltung

Am 21. Juni legt das ONS die Inflationsdaten für den Mai 2023 vor. Damit kommt die Publikation gerade Recht, um von der BoE beim nächsten Zinsentscheid berücksichtigt werden zu können. Denn nur einen Tag später legt das Monetary Policy Committe (MPC) die Bank Rate neu fest. Seit Dezember 2021 hat das von Andrew Bailey geleitete Gremium den Leitsatz zwölf Mal in Folge nach oben geschraubt. Dabei stieg die Bank Rate um insgesamt 440 Basispunkte auf das aktuelle Niveau von 4.50%. Es gilt an den Märkten als ausgemachte Sache, dass es in der übernächsten Woche zu einer weiteren Erhöhung um 25 Basispunkte kommt. Laut einer aktuellen Umfrage von Reuters wird die BoE es selbst dabei nicht belassen. Die Erhebung unter 50 Ökonomen indiziert bis zum Ende des dritten Quartals einen Anstieg der Bank Rate auf 5.00%. Noch Anfang Mai waren die Befragten mehrheitlich davon ausgegangen, dass die BoE nach der jüngsten Erhöhung auf 4.50% zunächst die Füsse still hält.

Auch die Erwartungshaltung an die US-Notenbank hat sich zuletzt verschoben – allerdings in die gegenteilige Richtung. Geht es nach dem CME Fed Watch Tool, dann wird das Fed den Leitzins in der kommenden Woche unverändert auf der Spanne von 5.00% bis 5.25% belassen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt mehr als 80%. Noch vor einer Woche lag diese Quote nur bei rund einem Drittel. Zu diesem Zeitpunkt indizierten die Terminmärkte dem Tool zu Folge noch eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte. Wie auch immer: Die Differenz zwischen den USD- und Pfund-Renditen könnte zunehmen. Aktuell wirft der 10-jährige US-Treasury 3.72% ab. Beim britischen Pendant, dem Gilt, fällt die Verzinsung annähernd 50 Basispunkte höher aus.

Rebound nach dem «Truss»-Tief

Für gewöhnlich ruft eine solche Konstellation die Carry Trader auf den Plan. Sie versuchen, bestehende Zinsunterschiede abzugreifen. Hierfür verschulden sich solche Anleger in der Währung mit den tieferen Zinsen. Dieses Kapital allokieren sie in derjenigen Valuta, die einen höheren Ertrag verspricht. Möglicherweise ist diese Praxis ein Grund dafür, dass das Britische Pfund in den vergangenen Monaten relativ zum Greeback Boden gut machen konnte. Nachdem die „Intermezzo“-Regierung von Liz Truss massive Steuersenkungen ankündigt hatte, war das FX-Duo GBP/USD im vergangenen September auf ein Rekordtief von USD 1.0382 abgestürzt. Gegenüber diesem Niveau hat das Pfund mittlerweile knapp ein Fünftel aufholen können. Anfang Mai ist GBP allerdings am Widerstandsbündel bei USD 1.26 gescheitert. Neben einer horizontalen Barriere verläuft in diesem Bereich ein Anfang 2022 lancierter Abwärtstrend.

Anlagekonklusion:

Zusammen mit der kurzfristigen Aufwärtsbewegung ergibt diese Linie ein übergeordnetes Dreieck – eine Konstellation, welche geradezu nach einer Auflösung schreit. Den hierfür nötigen Impuls könnten die anstehenden Notenbanksitzungen liefern. Das Fed gibt am 14. Juni seinen Zinsentscheid bekannt. Sollten die US-Währungshüter tatsächlich an der aktuellen Rate festhalten, könnte das beim Gespann GBP/USD einen neuen Anlauf in Richtung der Marke von USD 1.26 auslösen. Für den Fall, dass die BoE eine Woche später einen «hawkishen» Eindruck vermittelt, wäre der Ausbruch nach oben denkbar. Natürlich ist dieses Szenario mit einigen Unwägbarkeiten respektive Risiken verbunden. Die hohe Inflation und der damit einhergehende Zinsanstieg gefährden die britische Wirtschaft. Barclays hält an dieser Stelle dagegen: Nach Ansicht der Analysten ist die Teuerung auch Ausdruck einer widerstandsfähigen Nachfrage in Zeiten knapper Arbeitsmärkte und einem reduzierten Gesamtangebot. Daher würde eine weitere geldpolitische Straffung durch die BoE den Carry-Vorteil des Pfunds verstärken und eine «gewisse Unterstützung» für die britische Valuta bedeuten.

Mit dem Mini-Future long GBPAKU können sich Trader vor dem geldpolitischen Staccato im Währungspaar GBP/USD positionieren. Das UBS-Produkt partizipiert mit einem Hebel von aktuell 5.1 an einer Aufwertung des Pfunds. Wer noch etwas forscher agieren möchte, kann zum Mini-Future GBPHGU greifen. Hier beläuft sich der Hebel auf 9.3. Natürlich geht die stärkere «Beschleunigung» im Falle steigender Notierungen mit einem höheren Risiko einher, falls der Basiswert nach unten abtaucht. Bei GBPHGU liegt der Stop Loss knapp ein Zehntel unter dem aktuellen GBP-Kurs. Das erstgenannte Produkt zeigt einen annähernd doppelt so weiten Abstand zu dieser Schwelle. So oder so müssen Trader mit überproportionalen Verlusten rechnen, falls das skizzierte Long-Szenario für das Pfund nicht aufgehen sollte.

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