ITALIEN – «SI O NO»?
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Dieter Haas
Die Südeuropäer leiden einerseits unter dem hohen Eurokurs, profitieren aber andererseits von den tiefen Zinsen. Dieser Mix ist der Börse bislang nicht bekommen.
Italienische Aktien waren bis dato alles andere als ein Renner. Der S&P/MIB Index, der die 45 wichtigsten börsenkotierten Gesellschaften umfasst, hinkt der Entwicklung des europäischen Blue Chip Börsenbarometers EURO STOXX 50 seit der Finanzkrise 2008 hinterher. Das Allzeithoch aus dem Jahre 2007 ist in weite Ferne gerückt. Ob es sich beim leichten Aufwärtstrend in den vergangenen Monaten um mehr als nur einen sogenannten «dead cat bounce» handelt, bleibt abzuwarten. Aufgrund der Branchenstruktur müssen einige Fragezeichen gemacht werden. Die anstehenden Parlamentswahlen dürften sich ebenfalls eher kurshemmend auswirken, zumal es im Anschluss daran wohl zu einer schwierigen Regierungsbildung kommen dürfte. Die Hoffnungen auf ein starkes Comeback italienischer Aktien scheinen auf wackligen Füssen zu stehen.
«Starke positive Impulse beim S&P/MIB Index erscheinen aktuell unwahrscheinlich.»
Dominanz der Finanzwerte
Ein Nachteil des S&P/MIB Index, dem Basiswert des Tracker-Zertifikates SPMIL, dürfte in seiner Struktur liegen. Sein Schwerpunkt (Stand per 05.02.2018) liegt in den zinssensitiven Sektoren Finanzen (38%) und Versorger (14%). Sie decken somit über die Hälfte des Gesamtgewichtes im Index ab. Global unterdurchschnittlich entwickelte sich in den vergangenen Jahren ferner die Branche Energie, der drittwichtigste Sektor der Börse Italien, mit einem Indexanteil von rund 15%. Auch der Bereich zyklische Konsumgüter, mit rund 15% der zweitwichtigste Bestandteil des S&P/MIB Index, war, weltweit gesehen, zuletzt keine Offenbarung. Mit einem Anteil von rund 82% in Branchen, die von den Anlegern derzeit eher gemieden werden, ist es wenig verwunderlich, dass Italiens Börse der Musik hinterherhinkt. Da helfen selbst Überflieger aus der mit 10% fünftwichtigsten Branche Industrie, wie die Aktie von Ferrari, wenig. Als weiteres Minus muss die starke Abhängigkeit des Index von Einzelwerten betrachtet werden. So entfallen auf die vier grössten Titel Intesa Sanpaolo (Finanz), Unicredit (Finanz), Enel (Versorger) und Eni (Energie) Gewichte zwischen 9.9% (Eni) und 11.7% (Intesa). Der Basiswert beinhaltet somit nicht nur eine wenig vorteilhafte Branchenstruktur, sondern auch ein überdurchschnittliches Klumpenrisiko bei Einzeltiteln. Aus Risikoüberlegungen ist eine solche Konzentration unvorteilhaft und schreckt im Allgemeinen Investoren eher ab.
Fazit
Positive Impulse beim S&P/MIB Index erscheinen aktuell unwahrscheinlich, selbst wenn es zu einer kräftigen Nachfragesteigerung bei den Energiewerten käme. In diesem Fall könnte die Börse Italiens dank der überdurchschnittlichen Gewichtung dieser Branche etwas Aufwind erhalten. Dafür müsste allerdings die Aktie des Energiekonzerns Eni aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. Aus markttechnischer Sicht sollte der S&P/MIB Index die Marke von 22’000 halten, ansonsten droht ein weiterer Kursverfall in Richtung 20’000. Das Tracker-Zertifikat SPMIL wird daher vorerst bestenfalls mit dem Tempo eines Fiat 500 unterwegs sein und nicht mit dem eines Ferraris 812, einem der Topmodelle des Autobauers aus Turin. Eine Beantwortung der eingangs gestellten Frage «Si o No» (Ja oder Nein) tendiert nach den jüngsten Turbulenzen an den Börsen klar zum Nein.