Kreditqualität hat sich verschlechtert
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Jim Leaviss, Head of Retail Fixed Interest
Die Credit Spreads nähern sich den Tiefständen des Zeitraums vor der Finanzkrise. Es lauern Gefahren.
Würde man sich einfach das Spread-Niveau des gesamten globalen Investment-Grade-Universums anschauen, wäre man beruhigt: Die Bewertungen sind trotz der Rally bei den Preisen für Unternehmensanleihen in den letzten Jahren – und vor allem nach der Entscheidung der EZB, Unternehmensanleihen in das Kaufprogramm für Wertpapiere aufzunehmen – schlichtweg auf ihren langfristigen Durchschnitt zurückgegangen.
Leider hat sich das Universum für globale Investment-Grade-Anleihen seit der Finanzkrise dramatisch verändert. Dies in einem Ausmass, das diesen langfristigen Durchschnitt beinahe bedeutungslos werden lässt. Die Qualität von Investment-Grade-Unternehmensanleihen hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Teilweise geschah das freiwillig, da Unternehmen der Überzeugung sind, dass sie durch eine höhere Fremdkapitalquote in den Bilanzen die Erträge steigern können. Dazu kam das Ausnutzen des sogenannten „Tax Shield“ bei der Abzugsfähigkeit der Zinsen.
Diverse Rating-Herabstufungen
Diese Verschlechterung reflektiert aber auch die weitverbreiteten Rating-Herabstufungen, die Banken und Finanzinstitutionen während und nach der Kreditkrise hinnehmen mussten. Beispielsweise verfügte die Barclays Bank 2007 über das Emittenten-Rating Aa2 von Moody’s. Heute weist die Bank ein Baa2-Rating aus. Mit Blick auf den Gesamtmarkt beinhaltete der gerade entstehende Kreditmarkt der Eurozone Wertpapiere mit BBB-Rating in Höhe von weniger als zehn Prozent – beim US-Kreditmarkt waren es etwas mehr als 30 Prozent.
Heute liegt die Gewichtung von Emittenten mit BBB-Rating an den globalen Kreditmärkten bei fast 45 Prozent – Tendenz steigend. Auch sollte man nicht vergessen, dass Kreditratings nicht linear sind, sondern exponentiell – bewegt man sich näher in Richtung der Grenze zum Hochzinsbereich, nimmt das Risiko für Ausfälle signifikant zu. Das Kreditprofil des globalen Kreditmarkts ist heute wesentlich riskanter als noch vor zehn Jahren.
Qualität der Indizes hat sich verschlechtert
Interessant ist, wenn man sich den globalen BBB Credit Index Spread ansieht: Da wird deutlich, dass wir mit 134 Basispunkten in der Nähe des niedrigen Spreads von 120 Basispunkten liegen. Dieses Niveau konnte man 2007 beobachten. Es war im extremen Jahr der Blasenbildung vor der grossen Finanzkrise. Mit 134 Basispunkten liegen wir weit unter dem durchschnittlichen Spread von 200 Basispunkten, den Vermögenswerte mit BBB-Rating seit 2002 abwarfen.
Spreads mit BBB-Rating fast wie 2007
Demzufolge bieten globale Unternehmensanleihen keinen „fairen“ Wert, sondern sie haben sich in den teuren Bereich entwickelt. Dafür gibt es gute Gründe, einschliesslich des zuvor erwähnten Kaufs von Unternehmensanleihen im Rahmen der quantitativen Lockerung der EZB. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Ausfallraten weiterhin sehr niedrig sind: Die Ausfallrate für 2017 könnte für Unternehmensanleihen einschliesslich Hochzinsanleihen insgesamt bei 1,5 Prozent liegen, 2016 waren es noch 2 Prozent. Auch treibend war die anhaltende massive Nachfrage von US-Anlegern, insbesondere für Vermögenswerte mit Einkommenskomponente (siehe ETF-Mittelzuflüsse in Investment-Grade-Fonds in US-Dollar). Im Klartext bedeutet das, dass es sich um einen Markt handelt, in dem sich die Kreditqualität verschlechtert hat und die Kompensation für das Eingehen von Risiken wesentlich geringer ist als es früher der Fall war.