Nachhaltigkeitslösungen: einiges spricht für eine aktive Umsetzung
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Serge Nussbaumer, Chefredaktor
Herr Nicolodi, was sind die neusten Trends im Bereich der Nachhaltigkeit?
Auf übergeordneter und regulatorischer Ebene liegt der Fokus auf Anlageseite weiterhin auf der konsequenten Umsetzung von Klimastrategien. Hier befinden wir uns immer noch in einer Anfangsphase, die weiterhin viel Dynamik und Veränderungen mit sich bringen wird.
Zunehmend an Fahrt gewinnt der Biodiversitätsschutz. Um hier konsequent auf Anlageseite handeln zu können, gibt es aber noch einige Hürden wie etwa die Datenverfügbarkeit.
Die aktuellen Stimuli-Pakete der EU und den USA verfolgen einen dezidiert grünen Fokus. Welche Unternehmen dürften am stärksten von den anstehenden Impulsen profitieren?
Bemerkenswert ist erstens die Grösse der Stimuli, die bedeutender ausfallen als die Pakete 2007/2008. Zweitens fällt die andersartige Zweckgebundenheit auf: In den meisten westeuropäischen Ländern, aber zunehmend auch in den USA oder Indien, sollen grosse Teile der Stimulus-Ausgaben sogenannten «grünen» Zwecken zufliessen. Der EUR 1 Billion schwere EU Green Deal widmet sich vor allem Elektrofahrzeugen, erneuerbaren Energien, Energieeffizienz von Gebäuden und Zukunftstechnologien (z. B. Wasserstoff oder Kohlenstoffabscheidung).
Beim American Jobs Plan legt US-Präsident Joe Biden besonderen Wert auf die Schaffung von Arbeitsplätzen – daher der Paketname. Das vorgeschlagene Gesamtvolumen von USD 2.2 Billionen wird ausschliesslich in die Förderung von Infrastrukturprojekten investiert. Kein Infrastrukturbereich wird ausgespart, sei es Elektrifizierung des Transport- und Versorgungssektors oder der Erhöhung der Energieeffizienz im Gebäudesektor. Unternehmen mit Produkten und Services, die in diesen Bereichen eine Wirkung entfalten, gehören zu den Profiteuren.
Derzeit verzeichnen die Aktien der meisten Rohstoffunternehmen, die vom Umweltschutzstandpunkt (ESG- Ratings) im Allgemeinen im hinteren Bereich der Ranglisten rangieren, stark steigende Kurse. Wie beurteilen Sie diese aus Sicht der Nachhaltigkeit widersprüchliche Entwicklung?
Die kurzfristige steigende Preisentwicklung ist primär im makroökonomischen Kontext zu betrachten. Positivere Pandemie-Aussichten und absehbare Marktöffnungen kurbeln die Wachstumserwartungen der Wirtschaft seit Jahresbeginn an und entsprechend zieht die Rohstoffnachfrage an. Das zeigt sich auch in höheren Inflationserwartungen. Zeitgleich spielen Rohstoffe im Kontext der Dekarbonisierung eine wesentliche Rolle. Fossile Brennstoffe wie Erdöl und Kohle sollten über die Zeit abgelöst werden. Die Elektromobilität sowie Solar- und Windkraftanlagen brauchen hingegen Metalle wie Kobalt, Kupfer oder Nickel.
Welche Metalle würden Sie zu den «grünen» Metallen zählen?
Saubere von schmutzigen Rohstoffen bzw. Metallen zu unterscheiden ist eine schwierige Angelegenheit. Wir haben für unsere Rohstoffanlagen deswegen einen innovativen Bewertungsansatz implementiert. Hierfür berücksichtigen wir bei allen Rohstoffen entlang ihrer spezifischen Wertschöpfungskette die relevanten Umwelt- und Sozialaspekte. Wir beurteilen somit quantitativ, was beispielsweise der negative Umwelteinfluss der Förderung ist oder inwiefern die Endnutzung einen positiven Umweltnutzen entfaltet. Damit werden die Rohstoffe oder Metalle per se nicht «grüner», aber wir verstehen, bewerten und berücksichtigen als Asset Manager die relevanten ESG-Aspekte bei unseren Anlagen. Ziel ist, dass unsere Portfolios für Rohstoffe ein deutlich verbessertes ESG-Profil ausweisen.
Welche erneuerbaren Energien besitzen die grössten Potenziale?
Gesamthaft betrachtet ist das in erster Linie die Solarenergie und gleich danach die Windenergie. Aktuell werden pro Jahr rund 140 Gigawatt durch neue Solaranlagen bereit- gestellt, was rund 20 Kernkraftwerken ent- spricht. Auch das Potenzial von Biomasse zur Stromproduktion ist beträchtlich. Und abhängig von den lokalen Gegebenheiten sollte die Wasserkraft nicht unterschätzt werden.
Für aktiv verwaltete Fonds bezahlen Anleger deutlich mehr Gebühren als für passive Fonds und erhalten meist weniger Rendite. Gibt es Bestrebungen in Ihrer Bank indexierte Nachhaltigkeitslösungen zu lancieren oder setzen Sie weiterhin auf aktive Ansätze?
Indexierte Nachhaltigkeitslösungen erfreuen sich eines attraktiven Wachstums und haben folglich auch eine Berechtigung. Gleichzeitig spricht bei nachhaltigen Anlagelösungen einiges für eine aktive Umsetzung: Zum einen lässt sich die Dynamik auf Ebene der einzelnen Emittenten, Sektoren und Regionen besser steuern. Zum anderen bieten die Informations- und Datengrundlagen oft Interpretationsspielraum. Wer Gewinner und Verlierer identifizieren will, braucht tiefgreifende Fachkenntnisse.
Nachhaltige Finanzprodukte boomen seit einiger Zeit und sind mittlerweile in der Regel des Öfteren vergleichsweise teuer. Besteht aus Ihrer Sicht die Gefahr einer grünen Blasenbildung?
Nachhaltige Anlagestrategien sind bereits Mainstream und entsprechend aus der Nische herausgewachsen. Sie unterstehen den gleichen Preismechanismen wie traditionelle Anlagen. Die Preise werden sich, wenn es nicht bereits geschehen ist, über die Zeit angleichen. Gleichzeitig ist klar: Eine fundierte und damit glaubwürdige Analyse von Nachhaltigkeitsaspekten im Anlageprozess bringt einen Mehraufwand mit sich, doch dieser lohnt sich.
Welches Thema im Bereich der Nach- haltigkeit erachten Sie persönlich als das Spannendste?
Spannende Opportunitäten bieten die Verbindung von digitaler Transformation mit den grossen Herausforderungen einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. Da der Wandel praktisch alle Wirtschaftssektoren betrifft, ist ein multi-disziplinäres Verständnis der aktuellen Probleme der Schlüssel zum Erfolg. Es gilt über etablierte Systemgrenzen hinweg zu denken und kreative Lösungen durch digitale Ansätze zu finden.
Herr Summermatter, welches hauseigene Produkt im Bereich saubere Energien wird bei der ZKB am häufigsten eingesetzt?
Die grössten Aktivitäten finden im ZKB MeinIndex Nachhaltigkeits-Tracker «Ressourcen» statt. Für dieses Produkt werden Unternehmen aus dem nachhaltigen Anlageuniversum der Zürcher Kantonalbank ausgewählt, die zur nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung innovative Lösungen anbieten. (Valor Ressourcen: 10 716 405)
Ihre MeinIndex Nachhaltigkeitsfamilie zählt zu den Vorreitern in der Schweiz. Was sind die Stärken des Konzeptes?
Getreu dem Motto: Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend, lancierten wir bereits vor über zehn Jahren erfolgreich die Produktfamilie MeinIndex. Das Angebotsportfolio umfasst verschiedenste Themen rund um saubere Energien und Energieeffizienz. Konkrete Beispiele: Wasser-, Solar-, Windkraft etc. Mit den entsprechenden Tracker-Zertifikaten kann man einfach und effizient in die jeweiligen Indizes investieren. Diese Vehikel sind open end. Das Swisscanto Asset Management überwacht diese regelmässig und bewirtschaftet sie erfolgreich.
Welches Strukturierte Produkt aus der Nachhaltigkeitsfamilie ist für Anleger besonders geeignet, um das Thema saubere Energien abzubilden?
Grundsätzlich muss immer die individuell vorliegende Anlagesituation im Detail analysiert werden. Allgemein, aber vor allem aus einer Diversifikationsperspektive betrachtet, schlage ich folgendes Produkt vor: Das ZKB Tracker-Zertifikat Sustainable Energieeffizienz deckt das Thema saubere Energie am breitesten ab. Es umfasst viele einzelne Subthemen wie Solar- oder Windenergie, die auch separat als Tracker-Zertifikat erhältlich sind.
Welches Nachhaltigkeitsprodukt aus dem Hause ZKB ist Ihr persönlicher Favorit?
Persönlich verspreche ich mir vom ZKB Tracker-Zertifikat Wasser mittelfristig den grössten Mehrwert. Die hohe Relevanz von Wasser als Rohstoff wird meines Erachtens immer noch unterschätzt. Das Produkt mit Valor 10 716 407 notiert bereits bei rund CHF 330 pro Zertifikat (open end). Es zeichnet sich durch eine beachtliche Outperformance von 6.6% im Jahr 2021 (ytd), respektive 15.53% über die letzten fünf Jahre gegenüber dem MSCI Weltaktienindex aus.
Vielen Dank!
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René Nicolodi leitet den Bereich Equities & Themes im Asset Management von Swisscanto Invest und ist stellvertretender Leiter des Asset Managements. Nebenberuflich ist er an der Universität Zürich, am Swiss Training Centre for Investment Professionals (AZEK) und am International Management Institut (MIM) in Kiev als Gastdozent tätig. Er ist seit 2018 Vizepräsident von Swiss Sustainable Finance und vertritt seit 2010 den Schweizer Finanzanalystenverband SFAA in der ESG-Kommission der Europäischen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management EFFAS.
Curdin Summermatter ist seit 2007 für die Zürcher Kantonalbank im Verkauf Strukturierte Produkte tätig. Davor war er in verschiedenen Abteilungen innerhalb der Bank tätig. Aktuell leitet er die Abteilung Verkauf Strukturierte Produkte über alle Asset Klassen für Banken, Vermögensverwalter und Versicherungen. Berufsbegleitend bildete er sich an der HWZ Zürich zum Betriebsökonomen aus und absolvierte den Lehrgang zum Finanzanalysten (CIIA). Curdin Summermatter ist Mitglied in der Kommission für Strukturierte Produkte (KSP) und Mitglied der Arbeitsgruppe «Standards» des Schweizerischen Verbands für Strukturierte Produkte.