Netjets statt «Net Zero»?
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Martin Raab
In der Evolution der Geldanlage wird schönerweise seit einigen Jahren der Raubtierkapitalismus aktiv durch ausbalancierte Faktoren gebändigt.
Das Stichwort heisst ESG: Environmental, Social und Governance. Letzteres Element setzt auf die Bewertung von Investments nach Art der Unternehmensführung. Hier hat die Evolution die «Gutsherrenart» der Südstaaten Plantagen und auch den «Versailles-Style», wo Sonnenkönig Louis XIV. nach Tageslaune geschäftete, abgelöst.
Zumindest so das bisherige Weltbild der naiven Mehrheit unter ESG-Fans. Kurz um: Werte vorleben, Mitarbeitende begeistern und das Unternehmen weiterbringen. In Kapitalmarkt-Vokabeln heisst gute Corporate Governance u.a. Verhinderung von Bestechung, Verankerung des Nachhaltigkeitsmanagements auf GL- und Verwaltungsratsebene sowie Verknüpfung der Vergütung mit dem Erreichen von Nachhaltigkeitszielen. Eigentlich alles Werte, wo wir als Schweizerinnen und Schweizer einig nicken und behaupten: Swiss Values. Dumm nur, zeigen uns die letzten Wochen, dass ausgerechnet so manches «Swiss Management» noch im 17. Jahrhundert steckt.
Frivole Saufgelage im Puff, Sex-Dates auf Spesen, Plünderung der anvertrauten Kassen und verdunkelter M&A-Zirkus, um noch u.a. «2M auf dem Backway» einzusacken, bei schon siebenstelligem Salär. Sonnenkönig Pierin Vincenz schreibt scheinbar ganz eigene Gesetze. Taten und Tun des Ex-CEO sind blanker Hohn gegenüber anständigen Raiffeisen-Kunden. Apropos Hohn – die Evolution hat auch beim iberischen Sonnenkönig, Antonio Horta-Osorio, und der Credit Susse keine Erfolge verzeichnet. Während die Bank Milliarden in klimafreundliche Anlageprodukte saugt und Vehikel wie den Credit Suisse Rockefeller Ocean Engagement Fund propagiert, «wohnt» der VRP Horta-Osorio im Privatjet.
Netjets statt «Net Zero». Auf Kosten der CS-Aktionäre und CS-Kunden selbstverständlich. Und, Gesetze inklusive Covid19-Regeln gelten in seinem Fall nur fürs Proletariat. Doch Vorsicht – Überheblichkeit und Louis XIV.-Marotten sind kein isoliertes Problem in Schweizer Teppichetagen. Corporate America ist immer noch Spielwiese für Exzesse. So macht Elon Musk bei Tesla was er will. Board? Shareholders? Who cares. Die Investoren gaffen irren Tweets hinterher: Tesla investiert in Kryptowährungen, Tesla goes private – ach nee, doch nicht. Musk springt aus der Rakete, oder nicht?
Ach übrigens, selbstverständlich gilt für alle hier Genannten wie immer die Unschuldsvermutung…