Ölpreis-Crash bietet neue Trading-Chancen
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Martin Raab
Einst galten die OPEC-Länder als Inbegriff unendlichen Reichtums. Seit einigen Tagen haben Nigeria und Aserbaidschan heftige Finanzierungsprobleme, der IWF und die Weltbank verhandeln über Notkredite. Auch Russland, Bahrain und der Oman spüren Druck. Die Produktionsdrosselung schient eine Frage von Wochen. Chancen winken unterdessen bei U.S. Ölunternehmen — und Gazprom.
Reich wie ein Scheich — die Metapher ist vorerst abgegriffen. Der fortlaufende Ölpreisverfall wird zunehmend zum globalen Problem, auch und insbesondere für die Ölexporteure. Beim Internationalen Währungsfonds IWF wachsen die Sorgen um die Weltkonjunktur. Der Einbruch des Ölpreises werde für viele Firmen in Öl exportierenden Staaten zum Existenzproblem orakeln die Washingtoner Ökonomen des IWF. Viele Unternehmen hätten sich in den guten Jahren hoch verschuldet, zum Teil in fremden Währungen. Jetzt fürchten viele eine Pleitewelle. Die Folgen würden auch die Industrienationen spüren, ihnen brächen Absatzmärkte für ihre Maschinen weg. Und die Öldividende, also die finanzielle Entlastung der Verbraucher, würde tendenziell gespart, das Wachstum also nur geringfügig angeschoben.
Mini-Futures und Faktorzertifikate
Aus Investorensicht gibt es jetzt zwei Möglichkeiten auf die grosse Verunsicherung zu reagieren: Auf die Produktionsdrosselung setzen und damit direkt auf den Ölpreis oder vom aktuellen Preistal beim Ölpreis aufgrund günstiger Einstiegskurse profitieren (siehe Opportunitäten bei U.S. Öl-Aktien). Klassische Mini-Futures Long eigenen sich aufgrund der Open-end-Struktur gut für kurz- und mittelfristige Trading-Positionen. Mit MCOADV der Bank Vontobel partizipiert man am ICE Brent Crude Oil Front Month Future. Alternative ist das Faktorzertifikat der Commerzbank CBSCO3 mit 3-fachem Hebel auf den Faktor Triple Long Brent Oil Index. Direktanlagen oder Strukturierte Produkte auf Gazprom scheinen aktuell eine attraktive, taktische Chance aber nicht ohne Risiko. Der Inhaber der grössten Öl- und Gasreserven in Eurasien ist aufgrund einer Melange aus politischen und konjunkturellen Faktoren stark im Kurs gefallen. Dennoch: Würde Gazprom fallen, fällt ganz Russland. Der Call-Warrant auf Gazprom ADR WGAAEV ist eine gute Alternative für risikobewusste Trader. Bei den Mini-Futures und Renditeoptimierungsprodukten auf Gazprom ist die Auswahl an der SIX Swiss Exchange im Sekundärmarkt allerdings beschämend klein. Hier können nur noch Tailor-Made Strukturen helfen.
Opportunitäten bei U.S. Öl-Aktien
Wer Risikobudget hat, kann sich z.B. auch VONMUP ansehen. Der Multi Barrier Reverse Convertible auf Chevron / Halliburton / Schlumberger hat eine tiefe Barriere bei 50% und wirft aktuell rund 34% Seitwärtsrendite ab. Bis zum 10. August 2016 sollten sich alle drei Ölkonzerne in der Spur halten, ansonsten erhält der Anleger die Aktie mit der schlechtesten Wertentwicklung in sein Depot geliefert. Trotz Ölpreistief gibt es insbesondere unter den amerikanischen Ölkonzernen und Öl Mid-Caps interessante Schnäppchen. Wichtig ist, die derzeitigen Free Cash Flows und die Verschuldungssituation genauer zu analysieren. Die aktuellen Zahlen von Bloomberg zeigen: Es gibt viel Licht und Schatten in diesem Sektor. Wir haben eine Übersicht zum U.S. Ölsektor hier erstellt. Sinnvoll sind beispielsweise Baskets oder Renditeoptimierungsprodukte (MBRCs) auf Exxon, Schlumberger und Valero Energy. Dort ist buchstäblich alles im grünen Bereich.
Emittenten müssen liefern
Interessant wäre derzeit z.B. ein Top-10-Basket mit den U.S. Öl-Aktien mit den besten Free Cash Flows und der geringsten Verschuldung. Obendrein bezahlen die Top-10 rund 3.1% Dividende. Alternativ Multi-BRCs auf die Oil Stars. Einziges Manko für die Strukturierten Anlagelösungen: Der überbewertete Dollar könnte den Basket oder BRC gegenüber CHF oder EUR ausbremsen. Doch die aktuellen USD-CHF/USD-EUR-Swaps ermöglichen ein potenzielles Quanto-Feature für relativ günstiges Geld. Die nächsten Tage werden zeigen, ob sich im Bereich des Primärmarkts etwas in diese Richtung bewegt. Wer eher Hedge Fonds Allüren pflegt, kann gezielt auf das Aus einiger überschuldeter oder substanzbedrohter Player (u.a. Denbury Res., Ultra Petrolium oder Northern Oil) mit simplen Short-Verkäufen der Aktie setzen. Wer auf passende ETFs setzen möchte findet im SXLE, dem SPDR S&P U.S. Energy Select Sector UCITS ETF (0.15% p.a. TER) auf S&P Energy Select Sector Index und IOGP, dem iShares Oil & Gas Exploration & Production UCITS ETF (0.55% p.a. TER) auf S&P Commodity Producers Oil & Gas Exploration & Production Index zwei heisse Kandidaten, die allerdings einen breiten Branchen-Mix abdecken und keine Selektion im Sinne Stock Picking ermöglichen.