«Strukis können auch in schwierigen Märkten einen grossen Mehrwert liefern.»
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Serge Nussbaumer, Chefredaktor
Adrian Steinherr, Managing Director, Head Cross Asset Derivatives & Head Derivatives Sales Trading Switzerland UBS AG.
Herr Steinherr, erstmal herzliche Gratulation zur Wahl als Präsident des SVSP. Insidern sind Sie natürlich ein Begriff, können Sie für alle anderen kurz Ihren beruflichen Werdegang schildern?
Herzlichen Dank, ich freue mich als Präsident gemeinsam mit dem Vorstand die Branche aktiv vertreten und voranbringen zu dürfen. Die innovative Struki-Industrie liegt mir seit bald 20 Jahren am Herzen – schon meine ersten beruflichen Schritte führten mich ins Struki-Business, zunächst in London bei der Commerzbank, anschliessend bei Lehman Brothers, Nomura und Citi und seit 2011 bei der UBS in Zürich, seit 2016 auch im SVSP. Es ist eine spannende und vielfältige Branche, die für mich schon immer interessant war, da sowohl technische, wie auch interpersonelle Fähigkeiten hier gleichermassen gefordert sind.
Worauf werden Sie als SVSP-Präsident Ihren kurz- und mittelfristigen Fokus legen?
Vorab möchte ich klarstellen, dass ich bestimmt nicht plane radikale Änderungen vorzunehmen. Der Verband wurde mir in sehr gutem Zustand übergeben und unsere Ziele für 2020 hatten wir grösstenteils schon vor meiner Wahl festgelegt. Wir möchten weiterhin als Verband innovativ bleiben, der Branche neue Impulse geben und gemeinsam Anlegern durchdachte Investitionsmöglichkeiten anbieten. Dazu legen wir den Fokus auf Aufklärung und Wissensvermittlung – denn Strukis haben insbesondere im aktuellen Marktumfeld ein Potential, das momentan nur sehr bedingt genutzt wird. Wir möchten Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie flexibel und massgeschneidert Strukis eingesetzt werden können, und dafür sensibilisieren, wie Strukturierte Produkte auch bei stagnierenden oder gar fallenden Märkten Renditemöglichkeiten bieten. Über diese Chancen wollen wir die Anleger bestmöglich und verständlich informieren.
Momentan befasse ich mich mit der Positionierung von Strukis in einem Bear Markt: was müssen wir machen damit Anleger souverän, also auch in fallenden Märkten, den Mehrwert von Strukis gegenüber traditionelleren Finanzinstrumenten, wie Aktien, ausnutzen? Als wir nämlich das letzte Mal in einer solchen Situation waren haben Strukis, meines Erachtens, nicht die richtige Anerkennung bekommen.
Die Durchdringung von Strukturierten Produkten in den Kundendepots ist seit längerer Zeit stabil. Ist die Zeit jetzt reif für eine Steigerung dieser Quote? Wie wollen Sie das angehen?
Es freut mich, dass Sie genau dieses Thema ansprechen. Die «Strukturierte Produkte Penetrationsquote in Portfolien», kurz SPPP, ist aktuell geschätzt bei ca 3.5% in der Schweiz – das ist sehr niedrig, wir waren auch schon mal bei 6% oder mehr, aber vor vielen Jahren. Um den Einsatz von Strukturierten Produkten weiter zu erhöhen, ist die Branche als Gesamtes gefragt. Das enge Zusammenspiel zwischen Emittenten und den Käufern, der Buy Side, ist hier ganz entscheidend. Deswegen haben wir auch vor zwei Jahren die Buy Side neu als permanentes Mitglied in den Verbandsvorstand eingeladen, so dass wir hier als Verband eine wichtige Diskussionsplattform bieten können. Wir wollen die Bedürfnisse und Erwartungen der Käuferseite verstehen, so dass wir diese bestmöglich abdecken können. Es ist unser gemeinsames Ziel, Strukturierte Produkte als wichtiges Element in der Portfolio-Diskussion zu positionieren. Spezifische Anlagebedürfnisse können mit unseren Produkten sehr gut abgedeckt werden. Ich würde sogar wagen zu sagen, dass einige Bedürfnisse nur mit Strukis abgedeckt werden können. Schlüssel dazu ist wiederum Wissensvermittlung und ein enger Austausch. Zusätzliche Impulse erhoffen wir uns auch vom Kostentransparenz-Konzept für den Einsatz von Strukis in Pensionskassen, das von der OAK hoffentlich bald validiert wird. Als transparente Anlagevehikel können Strukturierte Produkte sicher auch von institutionellen Anlegern wie Pensionskassen noch flexibler und verstärkt eingesetzt werden. Im aktuellen Marktumfeld, mit niedrigen oder gar negativen Zinsen, Allzeithochs bei vielen Aktienbörsen, und regelmässigen politischen Eskalationen sollte die SPPP höher sein, da man in all diesen Szenarien geeignete Strukis finden kann, um ein positives Investitionsergebnis mit kalkulierbarem Risiko zu erzielen. Das gleiche kann man eben nicht immer mit traditionelleren Finanzinstrumenten machen.
Ein Dauerthema beim Verband ist die Ausbildung. Welche Ziele setzt sich der Verband für das nächste Jahr?
Für den gezielten Einsatz von Strukturierten Produkten im Portfolio sind Transparenz und ein klares Produktverständnis zentral – diese Aufgabe war zuletzt die meines Departements «Knowledge». Die Wissensvermittlung steht seit Jahren im Fokus der Verbandsaktivitäten. Unsere bestehende Tool-Box haben wir überprüft und werden diese modernisieren und, falls notwendig, anpassen. Und, wie schon erwähnt, wollen wir auch ganz gezielt darauf aufmerksam machen, dass Strukis in schwierigen Märkten auch einen grossen Mehrwert liefern können, sogar noch mehr als in steigenden.
«Als transparente Anlagevehikel können Strukturierte Produkte sicher auch von institutionellen Anlegern wie Pensionskassen noch flexibler und verstärkt eingesetzt werden.»
Die UBS gehört in der Schweiz noch zu den wenigen Emittenten, die bei der Namensgebung der Produkte noch nicht die Nomenklatur des SVSP übernommen hat. Wird Ihr Haus in dieser Hinsicht schon bald nachziehen?
Sie treffen den Puls der Zeit – auch die Frage der Namensgebung beschäftigt uns im Verband seit geraumer Zeit. Wir haben das Ziel, die sehr divergenten Namen, die in der Branche kursieren, zu vereinheitlichen. Wir möchten das Thema «Homogenisierung» übrigens noch viel weitertreiben. Also ist meine Antwort ein klares Ja. Sie hören diesbezüglich bestimmt bald von uns.
Zum Abschluss, was sind Ihre persönlichen Erwartungen und Wünsche an die Branche für die kommenden Jahre?
Die Schweizer Struki-Branche hat ihre Innovationskraft über die Landesgrenzen hinaus unter Beweis gestellt: zwei, nicht triviale Beispiele, könnte man in der Prozessoptimierung und Automatisierung von Produktemissionen (Schlagwort «Pricing Tools») finden, und auch in der Produktekategorisierungen («Derivatives Map»). Beide Innovationen tragen beträchtlich dazu bei, dass sich unsere Branche heute dort befindet, wo sie ist. Ich wünsche mir, dass es uns gelingt die vorhandene Expertise bestmöglich für attraktive Anlagelösungen zum Vorteil der Anleger einzusetzen – insbesondere im anhaltend anspruchsvollen Umfeld. Dies erreichen wir nur durch ein enges Zusammenspiel unserer Industrie. Zudem möchte ich, dass wir als dritten Beitragszahler verstärkt die Pensionskassen unterstützen können u nd so unseren Teil zur notwendigen Optimierung der Vorsorge beitragen können. Und letztlich wünsche ich mir ganz besonders, dass Anleger Strukis erfolgreich in Ihren Portfolien einsetzen.
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VITA
Adrian Steinherr begann seinen beruflichen Werdegang bei der Deutschen Bank in London im Jahr 2000. Ab Ende 2001 wechselte er von der Research- in die Aktienabteilung und in den Vertrieb von Derivativen Instrumenten – zuerst bei der Commerzbank und dann zu Lehman Brothers, wo er das Europäische Privatbanken-Team im Jahr 2004 gründete. Nach der Übernahme Nomuras im Jahr 2008 und einem Aufenthalt bei Citigroup verliess Adrian 2011 London für Zürich und trat bei der UBS die neue Funktion des Head Intermediary Sales an. Ende 2011 übernahm er auch die Verantwortung für den Derivatives Sales Trading-Bereich. Nachdem Adrian 2013 Co-Head des gesamten Vertriebs von Aktien- und Commodity–Derivaten in der Schweiz wurde, ist er nun Head Cross Asset Distribution Switzerland & Head Derivatis Sales Trading Switzerland der UBS AG. Adrian hält einen BSc in Computerwissenschaften und einen BA in Volkswirtschaft. Er studierte in seiner Heimat Wien und in London.