Südafrikanische Unternehmen an einem Wendepunkt
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Oliver Bell, Portfoliomanager der Middle East & Africa Equity and Frontier Markets Equity Strategy
Strukturelle Probleme haben die Wachstumsaussichten beeinträchtigt, aber der Gegenwind könnte nachlassen.
Auf den ersten Blick scheinen die Aussichten für Südafrikanische Unternehmen eher negativ zu sein. Doch die politischen, strukturellen und makroökonomischen Dynamiken, die die Entwicklung der südafrikanischen Wirtschaft antreiben, sind sehr komplex und entwickeln sich weiter. Ein genauerer Blick über den Tellerrand ermöglicht es, Chancen aufzudecken. Da ein Grossteil der negativen Stimmung bereits in den Markt eingepreist ist, ist das Potenzial für einen Aufschwung höher als noch vor einiger Zeit. Dies ist eine Erkenntnis, die während unserer jüngsten Forschungstour, bei der wir uns mit einer Reihe von Unternehmen getroffen haben, bestätigt wurde.
Moody’s stufte bei seiner März-Bewertung die Bonität Südafrikas auf Investment Grade ein und behielt seinen stabilen Ausblick bei, was die Stimmung etwas unterstützt. Das Risiko einer mittelfristigen Herabstufung bleibt jedoch bestehen.
Reformen und die Stärke der Institutionen werden entscheidend sein, um das Wachstum in den kommenden Quartalen zu unterstützen. Bei der Bekämpfung von Korruption, dem Wechsel der Führung in wichtigen Institutionen und dem Kampf gegen Fehlinvestitionen von Staatsmitteln wurden beachtliche Fortschritte erzielt. Wirtschaftsreformen reichen von der Gewährleistung politischer Sicherheit, bis hin zu Reformen für Bergbauunternehmen, die Zunahme des Wettbewerbs im Hafenterminalsektor, die Überprüfung der Struktur der Stromnetze des Landes und die Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten für kleine Unternehmen.
Während die Stimmung in Südafrika in hohem Masse von breiteren globalen und aufstrebenden Marktentwicklungen geprägt ist, gibt es genügend «Selbsthilfepotenzial» im Land. Echte Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung auf Regierungs- und SOE-Ebene bedeuten, dass neue Führungskräfte zum ersten Mal seit Jahren potenziell Verbesserungen bewirken können, wenn auch erst einmal auf niedrigem Niveau.
Fokus auf inländisch orientierte Unternehmen
Ein Trend, der sich für unsere Beteiligungen als förderlich erwiesen hat, ist die Entwicklung in Richtung der Formalisierung des Pharmahandels. Die Penetration bleibt mit rund 45 % eher niedrig, aber die marktbeherrschenden Unternehmen gewinnen Marktanteile in einer Branche mit hohen Marktzutrittsschranken.
Zwei dieser Unternehmen, Clicks und Dis-Chem, sind von glaubwürdiger Grösse, um weiterhin Anteile an diesem defensiven Sektor zu gewinnen, während sie auch weiter vom frei verfügbaren Segment profitieren könnten. Dazu gehört auch die Schönheitsbranche, die eine vielfältige Einnahmequelle darstellt. Wir trafen uns mit dem neuen CEO von Clicks, der sich auf die Steigerung der Kundenfreundlichkeit, Differenzierung und Personalisierung konzentriert. Da sich Free Cashflow, Generierung und Rendite in den nächsten Jahren im Zuge der Normalisierung der Investitionen verbessern dürften, halten wir unsere Position und sind weiter von der Aktie überzeugt.
Ein weiterer bevorzugter Betrieb ist der Lebensmitteleinzelhändler Shoprite. Probleme, einschliesslich Streiks, schwerfälliger SAP-Softwareimplementierung, Abwertung in Angola und negativer Währungseffekte, nehmen jetzt ab und lassen das Unternehmen, unserer Meinung nach, gut genug dastehen, um Marktanteile zurückzugewinnen. Shoprite ist gut geführt und bereit, von jeder Verbesserung der Konjunktur und einem Anstieg des Verbrauchervertrauens zu profitieren. Aus unserem Gespräch mit der Unternehmensleitung sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass die Grundlagen des Geschäfts intakt sind und sich die Gewinne, wenn auch langsam, erholen sollten.
Vertrauen in den Bankensektor
Unser Vertrauen in südafrikanische Banken ist nach wie vor stark. Sie sind in einen soliden institutionellen Rahmen eingebettet, der von einer starken und angesehenen Zentralbank und einem Treasury getragen wird. Wir trafen uns mit der Nedbank, der viertgrößten Bank Südafrikas, die ein relativ starkes Wachstum des Gewinns pro Aktie erzielt, das auf leicht steigende Nettozinsmargen und einen verbesserten Anlagenmix zurückzuführen ist.
Darüber hinaus hat die Bank ein mittelfristiges Kosteneffizienzprogramm umgesetzt, das in den kommenden Quartalen Früchte tragen sollte. Nedbank scheint eine klare Strategie, eine starke Marktpositionierung und eine gute Performance zu haben.
Wir trafen uns auch mit dem Management der ABSA (ehemals Barclays Africa Group), der grössten Retailbank des Landes. Es wird erwartet, dass bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Halbjahres, ein neuer CEO eingesetzt wird. Zudem wird eine verbesserte Eigenkapitalrendite für dieses Jahr und ein Wachstum im Bereich von 18%-20% für 2020 erwartet. Diese Faktoren dürften die Kursgewinne stützen.
Entwicklungen, die zu einem Wendepunkt führen können
Wir haben drei Haupttreiber für die bevorstehende Rendite identifiziert:
- Landesweite Wahlen im Mai
- Die Lösungsfindung der Regierung bei laufenden Problemen mit dem staatlichem Stromversorgungsunternehmen Eskom, was die Wachstumsaussichten aufgrund der Grösse und Bedeutung des Unternehmens für die Wirtschaft beeinträchtigt.
- Es besteht Spielraum für die Senkung der Zinssätze der Zentralbank in den nächsten 12 Monaten, da die Inflation unterbewertet wurde.
Klares Mandat für die Reform
Während die strukturellen Fragen in der südafrikanischen Wirtschaft uns noch einige Zeit lang beschäftigen werden, gibt es Anzeichen für weitere Fortschritte.
Vieles hängt davon ab, dass Präsident Ramaphosa bei den bevorstehenden Wahlen ein überzeugendes Mandat gewinnt und politische Kontinuität beibehält.
Wenn die Staats- und Regierungschefs des Landes in der Lage sind, die vorgeschlagenen Reformen umzusetzen, glauben wir, dass dies ein günstiger Zeitpunkt sein könnte, um in einige der national ausgerichteten Unternehmen zu investieren, die von einem verbesserten wirtschaftlichen Umfeld profitieren würden.