Was der Ausstieg der Zentralbanken bedeutet
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Adrian Hull, UK Head of Fixed Income
Es gleicht einem Drahtseilakt: Der Versuch der Notenbanken, ihre lockere Geldpolitik zu beenden, ohne einen sprunghaften Anstieg der Volatilität zu riskieren.
Die globalen Kreditmärkte befinden sich im Spannungsfeld zwischen Renditen auf Rekordtief und Inflationsanstieg in einer kritischen Phase. Nach einer langen Phase der «Hyperproaktivität», in der die Zentralbanken mit ihrer Politik der quantitativen Lockerung und historisch niedriger Zinsen alles unternommen haben, um Deflation und geringes bzw. negatives Wachstum zu bekämpfen, müssen sie nun die Weichen neu stellen.
Ende von hyperproaktiv
In diesem Zusammenhang könnte sich jede Abweichung vom sanften Ausstieg aus der bisherigen Geldpolitik weltweit massiv auf die Festzinsmärkte auswirken. In den letzten sechs Jahren haben die Zentralbanken die Geldpolitik hyperproaktiv unterstützt. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Zentralbanken sich um eine Normalisierung ihrer Bilanzen kümmern.
Das Tempo wird aber voraussichtlich gemächlich sein: Die Zinsmärkte erwarten in diesem Zusammenhang einen geordneten Ausstieg aus den Stimulierungsmassnahmen, der sich über einen längeren Zeitraum erstrecken wird. Und genau dieser geordnete Rückzug spiegelt sich in den aktuellen Marktbewertungen wider. Eine Änderung dieser Haltung würde voraussichtlich kräftige Kursschwankungen an den Märkten auslösen und den Bewertungen nach oben verhelfen.
Währungshüter sind Piloten
In den aktuellen Bewertungen an den Festzinsmärkten spiegelt sich die Überzeugung wider, dass den Währungshütern ein kontrollierter Ausstieg gelingen wird. Die Renditen von US-Treasuries, als Indikator für das weltweite Zinsniveau, ist trotz steigender Inflation, aufgehellter PMI-Daten und regeren BIP-Wachstums auf den tiefsten Stand seit dem Ausverkauf nach der Wahl von Donald Trump im November letztes Jahr gesunken.
Gleichzeitig dürfen die grossen Risiken im aktuellen Umfeld nicht unbeachtet bleiben – dies nicht zuletzt aufgrund der hohen Bewertungen. Währungshüter sind Piloten, die wild auf ihre Bordinstrumente klopfen. Sie wissen, dass sie landen müssen, sind dabei aber vollkommen auf sich gestellt. Gleichzeitig dürfen sie nicht die Gegenwinde ausser Acht lassen, die ihnen angesichts der Anlegerstimmung entgegenwehen.
Anleger fürchten nach wie vor, dass die Teuerungsrate nur wenig Spielraum lässt und den Zentralbanken eventuell keine sichere Landung gelingt. Die aktuellen Bewertungen sind unverändert günstig. Jede Änderung in dieser Hinsicht dürfte jedoch für ein frostiges Klima am Anleihemarkt sorgen.