«Wir sind extrem optimistisch für unser Geschäft mit Themes Trading.»
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Dieter Haas
Peter Rosenstreich, Head of Market Strategy Swissquote, über die erwartete Entwicklung an den Finanzmärkten und bei den Wechselkursen, allfällige Auswirkung der US-Kongresswahlen, den Herstellungsprozess der von Swissquote offerierten Themen, die neuste Kreation sowie seine Favoriten für 2019.
Herr Rosenstreich, Sie sagten vor kurzem: «The central bank tightening has a history of popping bubbles.» Was könnte der Auslöser sein, der die im Markt vorherrschende positive Stimmung kippen lässt?
Die Märkte hatten erwartet, dass die restriktivere Politik der US-Notenbank die Nadel sein würde, welche die Blase zum Platzen bringt. Die negativen Reaktionen an vielen Schwellenländerbörsen waren eine erste Antwort, änderten aber nichts an der anhaltend positiven Stimmung. Die globale Geldpolitik ist mittlerweile eng korreliert und die Leitzinserhöhungen der Fed sind nur eine partielle Verschiebung weg von den expansiven Rahmenbedingungen. Damit die Blase platzt, müssten sich andere Notenbanken der Straffungs-politik der USA anschliessen. Der Auslöser könnte eine Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank im September 2019 sein.
Welches ist Ihr wahrscheinlichstes Szenarium für die kommenden Monate?
Unser Szenarium, um einen Schock als Reaktion auf den Brexit oder die US-Kongresswahlen zu verhindern, geht von einem unveränderten Risikoappetit aus. Trotz steigendem, die Schlagzeilen dominierendem, Anstieg der Volatilität bleiben die makroökonomischen Fundamentalfaktoren fest. Die erwartete Wachstumsverlangsamung wegen der Handelskonflikte hat sich bislang nicht materialisiert und die Teuerung bleibt unter Kontrolle.
Was sind Ihre Wechselkurserwartungen aus Sicht eines CHF-Anlegers?
Die USA profitierten von einer soliden globalen Nachfrage und fiskalischen Impulsen, die zu einem spätzyklischen Impuls geführt haben. Dieses unerwartete Wachstum zwang die US-Notenbank, ihre Geldpolitik stärker zu straffen, was einen Renditeanstieg nach sich zog. Wir erwarten, dass sich das Wachstum in den USA leicht abschwächen wird. Das dürfte den Fokus auf Währungen richten, deren Zinsen sehr tief sind. Bereits eine marginale Normalisierung der Geldpolitik der EZB und der SNB würde eine anziehende Wirkung auf die Wechselkurse haben: Sowohl der Euro als auch der Schweizer Franken sollten davon profitieren.
Sie halten am 11. November ein Webinar ab über die Auswirkungen der US-Kongresswahlen. Was ist Ihre Wahlprognose und welche Auswirkungen könnte das auf die Finanzmärkte haben?
Die Bedeutung der Wahlen sollte man nicht unterschätzen. Alles andere als ein Gewinn der Mehrheit der Demokraten sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat wäre ein Erfolg für Präsident Trump. Ich rechne, entgegen dem allgemeinen Konsens, mit einem Erfolg der Demokraten in beiden Häusern. Die umstrittene Ernennung von Brett Kavanaugh als neuen Richter am Obersten Gerichtshof dürfte den Demokraten viele Stimmen von Frauen zuführen und ihnen eine Mehrheit in beiden Kammern bescheren. Ein solches Ergebnis wäre sehr negativ für die Finanzmärkte und könnte in den USA ein politisches Chaos auslösen.
Was steckt hinter der Idee Ihrer jüngsten Kreation des Global Inverse ETF Themes Trading?
Wir erwarten 2019 eine Korrektur an den Aktienmärkten. Die Lancierung des Themas steht im Zusammenhang mit unseren mittelfristigen Bedenken und bietet eine einfache Lösung für längerfristig orientierte Privatinvestoren. Das Themen-Zertifikat Bärenstimmung mit dem Ticker BEARTQ ist leicht handelbar. Es kann über einen Börsenauftrag jederzeit gekauft und verkauft werden.
Swissquote bietet inzwischen 69 Themen an, wovon 24 mit Strukturierten Produkten abgedeckt werden. Können Sie uns einen Einblick in den Herstellungsprozess geben?
Unser Handel funktioniert in erster Linie als Marktanalyst. Wir beschäftigen uns täglich mit den Entwicklungen der Finanzmärkte. Das hilft uns, frühzeitig Entwicklungen und Trends zu erkennen. Die Ideenentwicklung ist bei uns ein organischer Prozess. Wir beobachten die Märkte andauernd und sind immer auf der Suche nach investierbaren Strategien. Ideen, die der ersten internen kritischen Überprüfung standgehalten haben, werden einem Anlagekomitee zur vertieften Analyse vorgelegt. Generell sind wir extrem optimistisch für unser Geschäft mit Themes Trading.
Weshalb werden nicht alle Themen mit Strukturierten Produkten abgedeckt?
Das hat unterschiedliche Gründe, wie die geringe Liquidität einzelner Aktien in einem Basket oder eine zu geringe Nachfrage. Wir laden alle Anleger ein, unsere Themen auf der Webseite www.swissquote.ch anzusehen. Wir sind der Meinung, dass selbst nicht umgesetzte Portfolios den Kunden in ihrer Generierung von Anlageideen eine wertvolle Hilfe bieten.
Das im April 2018 lancierte Tracker-Zertifikat WEEDTQ auf das Swissquote Cannabis Portfolio, entwickelt sich hervorragend. Was waren Ihre Überlegungen, die zu dieser Kreation führten?
Die Legalisierung von Cannabis ist eine aussergewöhnlich attraktive Anlagemöglichkeit. Wie andere Industrien, die sich in einer Frühphase der Entwicklung befinden, basiert die Schätzung des Marktpotenzials bloss auf Vermutungen. Mit dem Fortschreiten der Legalisierung öffnen sich grosse Märkte bzw. werden vorhandene Schwarzmärkte auf einmal rechtlich zulässig.
Welche Themen sind in den kommenden Monaten Ihre persönlichen Favoriten?
Für 2019 favorisiere ich die Themen Aufschwung in Europa, Erholung der Erdölpreise und China Online. Die EZB und der Anlegerfokus unterstützen europäische Unternehmen. Angebotsengpässe dürften zu weiter steigenden Erdölpreisen führen und Chinas Börse wurde wegen Spekulationen über die Folgen des Handelskonflikts zu Unrecht abgestraft. China wird aus dem Konflikt gestärkt herauskommen.
Herzlichen Dank!
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VITA
Peter Rosenstreich leitet als Head of Market Strategy das Strategieteam der Swissquote Bank in Gland. Zuvor war er als Marktstrategist bei NADEX und der Saxo Bank sowie Myles Financial tätig. Der FX-Experte und Buchautor («Forex Revolution: An Insider’s Guide to the Real World of Foreign Exchange Trading») hält einen Bachelor in Geschichte der Clark University und einen MBA des Baruch College, Zicklin School of Business in New York City.